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Heiner Klemp spricht zu: Die Zukunft Europas im Dialog gestalten

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, liebe Gäste,

am 28. Oktober hat der Landtag zusammen mit der Landesregierung eine Dialogveranstaltung der Bürgerinnen und Bürger als Teil der europaweiten Konferenz zur Zukunft Europas ausgerichtet.

Bitte lassen Sie mich – bevor ich in die Inhalte gehe – dem Europa-Referat der Landtagsverwaltung und dem Europaministerium meinen herzlichen Dank für die damit verbundene Arbeit sagen. Wer schon einmal eine Diskussionsveranstaltung dieser Größenordnung aus­ge­richtet hat, weiß, was das bedeutet.

Die Veranstaltung war ein großer Erfolg, mit konkreten Ergebnissen. Und die Teilnehmenden des Dialogs fühlten sich gehört und respektiert: Während über 90% von sich selbst sagen, sie konnten ihre Meinung gut einbringen, fand immerhin ein Drittel, die Zeit für die Debatte sei zu kurz bemessen gewesen. Das, meine Damen und Herren, zeigt mir, dass es gute Debatten waren, die unbedingt häufiger geführt werden sollten.

Die Konferenz zur Zukunft Europas soll ja Europa zu den Europäer­innen und Europäern bringen, sie soll aber vor allem die Hinweise, Anregungen und Wünsche für die Europäischen Institutionen verfügbar machen.

Jede einzelne Veranstaltung, die als Teil der Konferenz durchgeführt wird, ist wertvoll. Genauso wie der Antrag der Koalitionsfraktionen, der die Ergebnisse des Dialogs aufgreift und bekräftigt und mit dem Gewicht des Landtags in die politische Debatte auf europäischer Ebene einspeist.

Meine Damen und Herren,

ungefähr zwei Drittel der Teilnehmenden in der Dialogveranstaltung wählte bei den Workshops den „Green Deal“. Das zeigt, wie sehr die Klimakrise, ihre Bekämpfung und die damit notwendige Transfor­ma­tion unserer Gesellschaft die Menschen bewegt.

Grüne Mobilität auch im Bereich kommerzieller Lieferketten, der Aus­bau von Schieneninfrastruktur und Ladesäulen findet sich genauso unter den Vorschlägen wie ein kostenloses Interrail-Ticket, damit alle jungen Menschen die Möglichkeit haben, Europa auch mit eigenem Erleben zu „erfahren“.

Ein weiterer Schwerpunkt lag im Bereich des Umgangs mit Res­sourcen und der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft. Zu den Vorschlägen gehört die Ausweitung von Rücknahmeverpflichtungen und Bepfandung von Produkten. Auch wird angeregt, dass öffentliche Institutionen mehr Bildungsangebote zum Thema der Ressourcen­schonung anbieten.

Im Bereich Bildung wird ein Europäisches Netzwerk für Schulen vorgeschlagen, das Empfehlungen für Umweltschutz und Politische Bildung erarbeiten sollte. Die Teilnehmenden wünschen sich deutlich mehr länderübergreifende Projekte, hier sollen die Schulen konkret beraten werden. Alle Schülerinnen und Schüler sollen die Möglichkeit bekommen, einen Auslandsaufenthalt zu absolvieren.

Beim Energiethema wünscht man sich mehr Unterstützung und Beratung insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen. Man sorgt sich auch um die Energiepreise und schlägt vor, die über den Zertifikatehandel eingenommenen Gelder in einen Fonds einzu­zahlen, um soziale Härten abfedern zu können.

Meine Damen und Herren,

Frankfurt/Oder war ein kleiner, wichtiger Baustein im gesamten Puzzle der Zukunftskonferenz. Die großen Plena in Straßburg, in denen neben den europäischen Institutionen auch Bürgerinnen und Bürger aus allen EU-Staaten vertreten sind, die nach dem Zufalls­prinzip ausgewählt sind, werden auch diese Vorschläge aus Frankfurt an der Oder für ihre weiteren Beratungen nutzen können.

Leider ist der Zeitrahmen bis zum geplanten Abschluss der Konferenz im nächsten Frühjahr sehr eng gesetzt. Wir sollten den Druck auf eine Verlängerung hochhalten, wie wir das auch schon in der Vergangen­heit durch Beschlüsse im Landtag gefordert haben. Ansonsten droht die Konferenz zu Ende zu sein, bevor sie richtig begonnen hat.

Auch ist nach wie vor unbefriedigend, wie mit den Ergebnissen der Konferenz umgegangen werden wird. Derzeit ist ein Abschlussbericht vorgesehen, der dann „zu gegebener Zeit“ von der Kommission aufgegriffen werden soll. Hier sollten wir Frau von der Leyen beim Wort nehmen. Die Konferenz hat doch nur Sinn, wenn ihre Vor­schläge auch tatsächlich aufgegriffen werden. Das ist die moralische Verpflichtung der Kommissionspräsidentin!

Meine Damen und Herren, es ist auch in Frankfurt deutlich geworden, dass die Institutionen der EU eine Weiterentwicklung brauchen. So ist angemahnt worden, dass das Europäische Parlament ein Initiativrecht für Rechtsänderungen auf der europäischen Ebene braucht. Mehrheitsentscheidungen sollten gestärkt und Vetorechte einzelner Länder verringert werden. Das muss Ziel deutscher Europapolitik der Zukunft sein. Deshalb sollte ein neuer Anlauf gemacht werden, auf Basis der Ergebnisse der Konferenz auch die Europäischen Verträge im Rahmen eines Ver­fas­sungs­konvents anzupassen.

Meine Damen und Herren, ich bitte um Zustimmung zu dem Antrag. Vielen Dank.