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Rede im Landtag: ‘Farming for Future‘ - Die Zukunft der Brandenburger Agrar- und Ernährungswirtschaft fest im Blick

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Abgeordnete, liebe Gäste,

Anlass unserer Debatte sind die Bauernproteste. In den letzten Wochen sind viele Bäuerinnen und Bauern auf die Straße gegangen, weil die Bundesregierung überraschend zwei Subventionen gestrichen hat: für Agrardiesel und Kfz-Steuer. Ich sage es hier noch einmal klar und deutlich: Es ist gut, dass die Menschen ihr demokratisches Recht nutzen und friedlich protestieren. Und es ist berechtigt.

Diese Kürzung über Nacht war nicht richtig. Und nicht fair gegenüber dem Berufsstand. Die grüne Landtagsfraktion und der grüne Agrarminister haben sich hier klar auf die Seite der Landwirtinnen und Landwirte gestellt. Aus voller Überzeugung.

Was mir genauso wichtig ist: Da dürfen wir in der Debatte nicht stehen bleiben. Denn diese Debatte, die ganze bundesweite Debatte, krankt an zwei entscheidenden Punkten.

Zum ersten darf der Protest nicht maßlos werden. Ich weiß, dass viele Menschen die Schnauze voll haben. Ich will für die Perspektive werben, dass für maßlose Wut in der Demokratie kein Platz ist! Der Bauernverband spitzt alles einseitig darauf zu, dass die Kürzungen zu 100 Prozent zurückgenommen werden müssen. In der Demokratie ist es fatal, wenn die Bereitschaft zum Kompromiss fehlt. Das schürt Wut, die schwer einzufangen ist. Nicht nur bei den Landwirtinnen und Landwirten. Auch bei vielen anderen Berufsgruppen. In der Kita, in der Pflege. Bei all denen, die nicht die Macht haben, mit großen Traktoren Autobahnen abzusperren, um ihre genauso berechtigten Forderungen durchzusetzen. Und die genau schauen, ob die Bundesregierung maßvoll handelt.

Und um auch das hier noch mal klar zu sagen. Aus unserer Sicht gibt es beim Agrardiesel noch Möglichkeiten. Etwa bei der Förderung von Biodiesel, oder beim Zeitraum. Aber es muss anderen Berufsgruppen gegenüber im fairen Rahmen bleiben. Und auch fair gegenüber den nachfolgenden Generationen. Am Ende müssen alle klimaschädlichen Subventionen abgeschafft werden!

Der zweite Fehler in der Debatte macht mich richtig wütend. Es geht nur um Subventionen für das "Weiter so". Aber wer nur über den Agrardiesel oder Ausgleichszulage spricht, der verschleiert, worunter Bäuerinnen und Bauern wirklich leiden. Wir müssen doch für faire Preise kämpfen! Dafür, dass die Betriebe nicht abhängig sind, von Aldi Lidl und Co. Dass sie nicht in Bürokratie ersticken. Dass sie für Bodenschutz, Klimaschutz, Tierschutz honoriert werden - und nicht von Subventionen leben müssen. Und die Konzepte, die sind doch da.

Von der Zukunftskommission Landwirtschaft, von der Borchert-Kommission zum Umbau der Tierhaltung. Alles im Konsens zwischen Politik, Bauernverband und den Umweltverbänden erarbeitet. Das entspricht nicht alles grüner Programmatik. Aber wir sind bereit, das gemeinsam umzusetzen. Und ganz viele Bäuerinnen und Bauern auch. Und dennoch kämpft der Bauernverband besonders im Bund nicht dafür, sondern für das „Weiter so“.

Und da sind wir beim Thema Agrarlobby und Verflechtung in die Politik. Der Präsident des Bundesbauernverbandes ist gleichzeitig auch in der CDU, und in mindestens 18 verschiedenen Positionen in der Agrarindustrie und Finanzwirtschaft, bei Südzucker genau wie bei der R+V Versicherung. Wessen Interessen vertritt Herr Rukwied eigentlich? Über die Verflechtungen in der Brandenburger Politik hat ja gerade der rbb ausführlich berichtet. Da ist die Verlockung natürlich groß, gerade im Wahljahr kurzfristige Geschenke zu machen. Aber es braucht doch langfristige Planungssicherheit.

Wir können doch nicht einseitig über einen Ausgleich für Agrardiesel diskutieren. Und ignorieren, dass wir Planungssicherheit bei den EUFördermitteln brauchen. Da fehlen bislang ab 2025 jedes Jahr 60 Mio. Euro Landesmitteln. Für die Förderprogramme der Landwirtschaft, für den ländlichen Raum. Ich erwarte, dass wir darum gemeinsam kämpfen. Wir können auch nicht das Höfesterben beklagen, oder dass die Deutsche Wohnen und Aldi hier Ackerland aufkaufen – und dann wird ein Agrarstrukturgesetz blockiert. Es muss Schluss sein mit der kurzsichtigen Klientelpolitik.

Den Bäuerinnen und Bauern machen wir ein Angebot auf Augenhöhe. Lassen Sie uns gemeinsam für gutes Essen, gute Preise und Klimaschutz streiten. Wir haben in Brandenburg schon viel geschafft: ein regionales Qualitätssiegel, eine ordentliche Förderung für regionale Wertschöpfung, einen Ökoaktionsplan, um die riesige Nachfrage zu decken. Unser Projekt „Kantine Zukunft“ für gesunde Ernährung.

Aber das reicht uns noch nicht. Im Bund wollen wir z. B. einen Tierschutzcent einführen, um den Umbau der Tierhaltung zu finanzieren. Robert Habeck und Cem Özdemir machen sich dafür stark, dass die Monopolkommission genau hinschaut, warum Aldi und Lidl und Co. gerade als Gewinner aus den Krisen gehen. Im Land wollen wir die Bürokratie abbauen. Es kann nicht sein, dass manche Landwirtinnen und Landwirte ihre Daten auf vier verschiedenen Wegen an die Behörden schicken müssen.

Noch dieses Jahr kommt ein Investitionsprogramm für Agroforst. Damit Hecken und Sträucher unsere Felder von den Folgen des Klimawandels schützen. Die Liste der Aufgaben ist groß. Unsere Lust und unsere Bereitschaft noch größer.

Lassen sie uns nicht über Agrardiesel sprechen. Lassen Sie uns gemeinsam die Zukunft der Landwirtschaft gestalten!

Vielen Dank.

Weiterführende Informationen

Rede zu: Aktuelle Stunde "„Farming for Future“ - Die Zukunft der Brandenburger Agrar- und Ernährungswirtschaft fest im Blick" (TOP 1 der 100. Plenarsitzung)