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Benjamin Raschke spricht zu: Gesetz zur Neustrukturierung der Arbeitsgerichtsbezirke

- Es gilt das gesprochene Wort!

Vielen Dank, Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Gäste auch zu Hause an den Bildschirmen! Werte Abgeordnete! Ich darf jetzt als letzter Redner der Fraktionen zum Vorschlag zur Reform der Arbeitsgerichtsbarkeit sprechen, deswegen will ich erstmal kurz zusammenfassen.

Die Ministerin hatte den Vorschlag unterbreitet, die Arbeitsgerichtsbarkeit in Brandenburg an vier Standorten zu konzentrieren. Zusätzlich sollten Gerichtstage in der Fläche hinzukommen. Zu diesem Vorschlag gab es viele Anregungen und auch Kritik, einerseits in der Sache, andererseits auch für das Verfahren. Auf beides will ich eingehen. Worauf ich jetzt nicht eingehen werde, ist die Begründung, warum solch eine Reform notwendig ist, und welche Anforderungen wir Bündnisgrüne haben. Mit Blick auf die Uhr verweise ich dazu auf meinen Redebeitrag in der letzten Debatte.

Erstens: Wie lief das bisherige Verfahren? Natürlich, ganz ehrlich, nicht gut. Dass diese Ideenskizze aus dem Ministerium kursierte, noch bevor das Ministerium Gelegenheit hatte, die genaue Ausgestaltung zu erklären, war schon kein Traumstart. Das hat Ministerin Hoffmann ja auch öffentlich bedauert. Auch ich hätte es mir insgesamt - das ist kein Geheimnis - anders gewünscht: partizipativer mit einem Diskussionsforum. Gerade bei den Arbeitsgerichten, deren Einführung als eigenständiger Gerichtszweig von der Arbeiterbewegung so hart erkämpft worden war. Das ist nun vergossene Milch. Aber eine breite Beteiligung muss der Maßstab für zukünftige Reformen sein. Warum, das sieht man auch bei dieser Reform. Jetzt haben die Gewerkschaften - das wurde schon gesagt - Klage vor dem Verwaltungsgericht eingelegt, weil sie ihre Beteiligungsrechte verletzt sehen. Ich bin sicher, das Verwaltungsgericht wird das zügig entscheiden und damit auch bei der Anwendung des strittigen § 130 Landesbeamtengesetz für mehr Klarheit sorgen - das kann man so oder so sehen-; ich bin mir sicher, das Gericht wird das tun.

Sie merken, ich ordne das relativ nüchtern und knapp ein; denn aus meiner Sicht geht es gar nicht um diesen Paragraphen. Es geht darum, wie wir uns bei strittigen Themen einen guten Umgang miteinander bewahren, gerade jetzt, wo wir nicht wirklich miteinander „umgehen“. Denn natürlich haben wir, habe ich zu dieser Reform mit den Gewerkschaften gesprochen - mit Arbeitsrichterinnen und -richtern, mit Fachanwältinnen und Fachanwälten für Arbeitsrecht, mit Rechtspflegern und Rechtspflegerinnen, auch mit Klägerinnen und Klägern. Es hat mich jetzt schon viele Tage und manchmal auch Nächte - Grüße nach Senftenberg - gekostet und mich viel gelehrt. Aber es war fast alles virtuell - per Mail, per Telefon, in guten Fällen 2D per Videokonferenz. Auch zwischen uns Abgeordneten findet der Austausch zu dieser Reform fast nur in diesen ritualisierten, formalisierten Formaten statt. Was gerade fehlt, ist doch der Austausch auf dem Flur, am Rande von Veranstaltungen, auf Fachkonferenzen – und damit viel Austauschraum. Ich glaube, allein deswegen wird der Ton schon rauer und an manchen Stellen so rau, wie es vielleicht gar nicht nötig wäre.

Damit bin ich zweitens dabei, wie es inhaltlich um diese Reform steht: Ich behaupte, das können wir sehr viel sachlicher betrachten. Ja, das Verfahren holpert und da werden wir aufeinander zugehen. Aber in der Sache haben wir seit der erstem Debatte hier im Plenum doch viel gelernt. Es ist geklärt, dass die wenigen Mitarbeiter, die betroffen sind, die freie Wahl haben werden - Frau Ministerin Hoffmann hat es schon gesagt -, entweder am Standort zu bleiben, zum Amtsgericht zu gehen oder zu einer anderen Gerichtsbarkeit, oder in der Arbeitsgerichtsbarkeit zu bleiben und an einen anderen Standort zu gehen. Es ist geklärt, dass die Wege für die Bürgerinnen und Bürger nicht länger werden, weil die Rechtsantragsstellen der Arbeitsgerichte vor Ort übernehmen.

Es dürfte doch jetzt auch wirklich klar sein, dass die Gerichtstage aus den 90ern mit den heutigen nicht vergleichbar sind. Wir haben uns berichten lassen, dass beispielsweise in Strausberg damals die Gerichtstage in den Räumen einer Fleischerei stattgefunden haben. Das sieht heute schon ein bisschen anders aus, wir haben gut ausgestattete Räume in den Amtsgerichten, es gibt heute Internet, vielleicht auch bald die E-Akte.

Vielen Dank, Frau Block. - Wir haben uns natürlich zu der Frage schlaugemacht und uns sowohl beim Ministerium als auch bei den Amtsgerichten erkundigt. Der bisherige Zwischenstand ist: Das muss organisiert werden, ist aber möglich. - Das Amtsgericht in Eberswalde werde ich mir in wenigen Tagen bzw. Wochen persönlich anschauen; dafür habe ich schon einen Termin vereinbart.

Dennoch bleiben Fragen offen. Fragen, die wir bei der vereinbarten Anhörung im Rechtsausschuss klären können: Wie ist es mit den ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern? Welche Erfahrungen gibt es in anderen Ländern? Das wurde angesprochen. Wie lässt sich die Digitalisierung voranbringen? Frau Kollegin Block hat es ja vorhin betont. Was spricht für Alternativvorschläge, die ins Gespräch gebracht wurden, für Gerichtstage oder Außenkammern?

Und da ich schon bei den Gerichtstagen bin, will ich noch einmal betonen: Dass sie in dem Reformentwurf nur per Verordnung geplant sind und damit jederzeit wieder abgeschafft werden können, ist für uns Bündnisgrüne nicht tragbar. Die müssen aus unserer Sicht ins Gesetz.

Sie sehen also, ich plädiere dafür, ein wenig Schärfe aus der Debatte zu nehmen und als Parlament stattdessen eine selbstbewusste Haltung einzunehmen. Es ist gut, dass die Ministerin den Mut hatte, so eine schwierige Debatte anzustoßen, und einen Vorschlag gemacht hat. Ich weiß und die Ministerin weiß, dass auch in Brandenburg das Strucksche Gesetz gilt: Kein Gesetzentwurf verlässt das Parlament so, wie er eingebracht wurde. - In diesem Sinne werden wir die Argumente abwägen, anhören, uns ein Bild machen. Wenn sie uns überzeugen, werden wir entscheiden, ob und wo der Reformvorschlag der Ministerin eventuell noch ergänzt oder korrigiert werden muss. In diesem Sinne freue ich mich auf die weitere Debatte und die Anhörung im Rechtsausschuss. - Vielen Dank.