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Heiner Klemp spricht zu: Gesetzentwurf der Landesregierung unter anderem zur Änderung der Kommunalverfassung

- Es gilt das gesprochene Wort!

sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, liebe Gäste,

wenn wir darüber reden, wann die Impfpriorisierung beendet werden kann und welche Einschränkungen für Geimpfte aufgehoben werden können und müssen, so sind das für mich die Silberstreifen am Horizont, dass wir auf dem Weg sind, diese Pandemie zu überwinden.

In der ersten Welle dieser Pandemie, also vor gut einem Jahr, ich habe das noch mal recherchiert, haben wir innerhalb von vier Wochen das Kommunale Notlagengesetz erarbeitet, mit den relevanten Teilen der Opposition abgestimmt, durch das parlamen­tarische Verfahren gebracht und der entsprechenden Verordnung des Innenministeriums das Einvernehmen erteilt und ihr so zur Gültigkeit verholfen.

Innerhalb von vier Wochen, das zeigt, wie schnell Politik in der Krise handeln kann. Aus meiner Sicht wichtigster Punkt des Notlagen­gesetzes war die Ermöglichung von Audio-, Video und Hybrid­sitzungen.

Zwar mussten wir beobachten, dass die Umsetzung der neuen Möglich­keiten in den Kommunen zunächst sehr schleppend begann. Nach nunmehr einem Jahr kann man aber feststellen, dass diese zunehmend und weitgehend im Land genutzt werden. In meinem Umfeld tagen alle kommunalen Gremien als Videokonferenz. Neben­produkt ist vielerorts, dass Sitzungen als Livestream ins Internet gestellt werden und auch Aufzeichnungen dort verfügbar gemacht werden. Super für die Transparenz!

Nun dürfen wir hoffen, die Pandemie in einigen Monaten weitgehend überwunden zu haben. Vielleicht würde es ja reichen, das Notlagen­gesetz noch einmal drei Monate zu verlängern?

Nein, es reicht nicht. Es ist an der Zeit, die Kommunalpolitik mit Hilfe der Digitalisierung auch auf Dauer flexibler und inklusiver zu gestalten.

Denn warum darf ich eigentlich außerhalb von Pandemiezeiten nicht an einer Sitzung mitwirken, wenn ich krank zu Hause bin, dienstlich abwesend abends im Hotel sitze oder eben nicht eine Stunde von meinem Wohnort zum Sitz des Kreistags fahren möchte – was mit dem ÖPNV oft gleich gar nicht gelingt.

Die Corona-Krise ist Treiberin der Innovation, auch in der Kommunal­politik. Manche Menschen waren bislang durch die Präsenzpflicht praktisch von der politischen Teilhabe ausgeschlossen, sie haben vermutlich gar nicht erst kandidiert. Die Digitalisierung infolge der Pandemie kann diese Personen für die Demokratie erschließen. Das ist doch großartig!

Der Gesetzentwurf enthält aber noch weitere Punkte, z. B. die Ein­führung von verpflichtenden Ortsteilbudgets, die ein Ergebnis der Enquete-Kommission zu den ländlichen Räumen aus der vergangenen Legislatur sind.

Uns Grünen ist besonders wichtig, dass wir auch im Begriff sind, die Enttäuschungen von Initiatorinnen und Initiatoren von Bürger­begehren zu reduzieren. Wir werden die Zulässigkeitsprüfung der Volksbegehren an den Beginn der Unterschriftensammlung verlegen, damit nicht erst aufwändig Unterschriften gesammelt werden und dann den Sammelnden erklärt wird, sie hätten Ihre Abstimmungs­frage anders formulieren müssen.

Meine Damen und Herren,

ich weiß, es gibt viele weitere Wünsche zur Änderung der Kommunal­verfassung, z. B. die Migrationsbeiräte, über die wir gestern debattiert haben. Auch ich habe eine Liste mit etwa 25 Punkten, die ich gerne geändert hätte. Ich fürchte, die bekommen wir in diese Novelle nicht mehr hinein.

Die Kommunalverfassung ist so etwas wie ein Gesamtkunstwerk. Jede Änderung muss auch in Balance und Konsistenz zu anderen Bestimmungen sein und will daher gut überlegt sein.

Mit der Verabschiedung des aktuellen Gesetzesvorhabens stehen wir unter Zeitdruck, weil wir eine Anschlussregelung für das auslaufende Notlagengesetz brauchen. Zeitdruck ist aber kein guter Ratgeber für Änderungen eines Kunstwerks. Deshalb haben sich die Koalitions­fraktionen darauf verständigt, weitere Anpassungen der Kommunal­verfassung noch im Lauf der Wahlperiode mit der gebotenen Sorgfalt vorzunehmen.

Meine Damen und Herren,

unsere heutige erste Lesung kennzeichnet den Beginn des Gesetz­gebungs­verfahrens. Lassen Sie uns gemeinsam im Innenausschuss am Gesetzentwurf arbeiten. Hier können und werden noch Verbesse­rungen einge­bracht werden.

Mit der Novellierung bekommen wir die modernste Kommunal­verfassung Deutschlands, soviel ist heute schon sicher. Bestimmt sind auch Sie mit Ihren Kolleginnen und Kollegen in anderen Bundes­ländern im Gespräch: Alle schauen derzeit auf Brandenburg!

Vielen Dank.