Zum Inhalt springen

Petra Budke spricht zum Haushaltsentwurf 2022: Damit kommende Generationen nicht die Rechnung zahlen

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Abgeordnete, liebe Zuschauende

Ja, dies ist in der Tat ein besonderer Haushalt! In diesem einen Punkt, meine Herren von der Opposition, kann ich Ihnen durchaus recht geben.

Es ist aber ein Haushalt, und jetzt muss ich Ihnen vehement widersprechen, Herr Walter und Herr Vida, der sich sehen lassen kann. Denn es ist in diesem Zahlenwerk gelungen, dass sich die Ziele, die die drei Koalitionspartner, SPD, CDU und Grüne, verabredet hatten, wiederfinden: Zusammenhalt, Nachhaltigkeit, Sicherheit.

Und es ist ein Haushalt, der eine deutliche grüne Handschrift trägt. Mit starken Investitionen in die Zukunft: in Klimaschutz, in Gesundheit, in Mobilität, in Digitalisierung und in die Bildung. Mit dem wir das Leben der Brandenburger*innen auch in schwierigen Zeiten weiter besser machen wollen! Mit dem wir zeigen: Wir handeln entschlossen und mutig. Wir sparen nicht gegen die Krise an, sondern wir investieren ins Morgen!

Es ist ein besonderer Haushalt, und zwar in vielerlei Hinsicht. Es ist ein Haushalt in schwierigen Zeiten, mit großen Herausforderungen. Es ist ein Haushalt, der den Spagat zwischen Investitions- und Konsolidierungsdruck bewältigen muss. (Der noch dazu – vergessen wir das nicht - mitten in der heißen Phase eines harten Bundestagswahlkampfs aufgestellt wurde.)

Corona machte die Aufnahme von nicht unerheblichen Krediten notwendig, um die Krise und ihre Auswirkungen zu bekämpfen: In der Bildung mit dem Aufholprogramm, in der Gesundheitsvorsorge mit der Test- und Impfkampagne, in der Wirtschaft, im Hotel- und Gaststättengewerbe oder in der Kulturbranche mit den notwendigen Hilfeprogrammen.

Doch zum Glück zeichnet sich jetzt ab, dass die Wirtschaft sich schneller von der Krise erholt, als ursprünglich befürchtet. Wir können also damit rechnen, dass die Steuereinnahmen deutlich höher ausfallen werden, als noch im Mai erwartet. Das gibt uns mehr Luft und kann die Kreditaufnahme schmälern.

Mit einem Volumen von knapp 14,7 Milliarden Euro soll dies der drittgrößte Haushalt in der Geschichte Brandenburgs werden. (Damit liegen wir aber noch deutlich unter dem Betrag von 2021. Der umfasst coronabedingt fast 16 Milliarden Euro.)

Doch die laufenden Ausgaben werden die regulären Einnahmen weit übertreffen. Die Lücke von fast zwei Milliarden Euro soll durch Kredite, Entnahmen aus der Rücklage sowie durch Einsparungen geschlossen werden.

Das ist schmerzhaft, doch genau für solche Krisen ist eine Rücklage ja da. Sie liegt derzeit bei 1,5 Milliarden Euro. Wir werden also weiterhin einen Puffer zur Vorsorge für die Zukunft behalten.

Die Pandemie ist nicht vorbei. Leider. Auch für 2022 stehen weiterhin Mittel zur Pauschalen Pandemievorsorge bereit. Während es dieses Jahr noch 750 Millionen Euro sind, wird die Summe aber deutlich reduziert, auf nun noch 250 Millionen Euro. Aus diesem Topf kann jedes Haus Geld für die notwendigen Maßnahmen beantragen. (Beispielweise für das Aufholprogramm Corona, die Fortführung der Impfkampagne oder die Teststrategie in Kitas und Schulen.) Wenn wir dieses Geld für Coronafolgen nicht brauchen sollten, umso besser. Dann kann das Geld direkt genutzt werden, um die einzelnen Häuser von den vorgesehenen Einsparvorgaben in Höhe von 250 Millionen Euro zu entlasten.

Die Schuldenlast des Landes wiegt zweifellos schwer. Die gesamte Neuverschuldung seit 2018 beträgt gut 6 Milliarden Euro. Das darf man nicht kleinreden. Aber man muss auch sehen, dass Investitionen wichtig sind in Zeiten der Krise, zumal wir von der Null-Zins-Politik profitieren. Es bleibt dabei: Antizyklisch zu handeln ist das Gebot der Stunde! Wir sparen nicht gegen die Krise an, sondern wir investieren in die Zukunft!

(Die Tilgungslasten der Corona-Schulden liegen 2022/23 noch bei 20,3 Millionen Euro, ab 2024 steigen sie dann deutlich an. Ob 2022 der richtige Zeitpunkt ist, mit der Tilgung zu beginnen, müssen wir in der Koalition abwägen.)

Die Schuldenbremse greift trotz der Ausnahmeregelungen. Die Ermächtigung für eine Neuverschuldung wird bereits 2022 deutlich reduziert. Hier sind wir also auf einem sehr guten Weg!

Am Personal soll auch in Zukunft nicht gespart werden. Denn gute Fachkräfte sind Voraussetzung für eine funktionierende Verwaltung. (Lediglich die Forstverwaltung ist weiter auf dem von der Vorgängerregierung vorgegebenen Abbaupfad. Im Jahresverlauf freigewordene Stellen wurden gestrichen, so dass jetzt weniger Stellen veranschlagt werden. Ziel ist, den Landesforstbetrieb auf Basis des Sachverständigengutachtens zukunftsfest aufzustellen, auch in der Stellenausstattung.)

Insgesamt sollen in den Ministerien die Stellen für Azubis, Nachwuchsstellen und Beamtenanwärter*innen leicht erhöht werden.

Allerdings verteilt sich der Aufwuchs sehr unterschiedlich auf die einzelnen Ressorts. Besonders profitieren zu Recht der Bildungsbereich mit zahlreichen Stellen an den Schulen sowie die Polizei und die Justiz. Kaum neues Personal soll leider das Gesundheitsministerium erhalten, obwohl auch hier der Bedarf groß ist. Im Landesumweltamt sollen dreizehn neue Stellen geschaffen werden, um Genehmigungsprozesse künftig schneller umzusetzen. Erfreulich ist, dass das Klimaministerium zwanzig Nachwuchsstellen erhalten soll, um den Generationswechsel in der Verwaltung zu stemmen.

Lassen Sie mich nun zur kommunalen Ebene kommen. Unsere Städte und Gemeinden erbringen täglich große Leistungen zur Absicherung der Daseinsvorsorge: Gute Kitas und Schulen, sauberes Trinkwasser, Müllbeseitigung oder die Pflege des öffentlichen Grüns. Deshalb hat das Land in der Krise die Kommunen mit einem Rettungsschirm unterstützt, um fehlende Steuereinnahmen auszugleichen und die Handlungsfähigkeit sicherzustellen.

Die Teilentschuldung der Kommunen in Haushaltssicherung soll fortgesetzt werden. Dafür stehen im Haushalt weiterhin jährlich 16,6 Millionen Euro zur Verfügung.

Das Finanzausgleichsgesetz wurde im Einvernehmen mit den kommunalen Spitzenverbänden verhandelt und regelt den vertikalen Finanzausgleich. Im nächsten Jahr soll der horizontale Finanzausgleich folgen. Wir setzen uns für eine bedarfsgerechte Finanzierung der Kommunen ein.

Ein Wort zum „Zukunftsinvestitionsfonds“ (Zifog), den wir gleich zu Anfang der Legislatur aufgelegt haben. Er ist fast ausgesteuert. Planerisch sind fast alle Mittel (972,6 Millionen Euro) bereits gebunden. Gerade jetzt in und nach der Krise erweist sich die Entscheidung für den Zifog, als ungeheurer Glücksgriff. Denn der Zifog eröffnet Spielräume für dringend notwendige Investitionen in Nachhaltigkeit und Klimaschutz, in Digitalisierung und Infrastruktur sowie in soziale Projekte und Zusammenhalt, für die sonst, nach den hohen Pandemiekosten, kaum noch finanzielle Reserven da wären!

Klimaschutz hat für uns Priorität. Mit 4 Millionen Euro soll allein die Umsetzung des Klimaplans gesichert werden. Ziel ist, dass Brandenburg bis spätestens 2045 klimaneutral wird. Mit Zuschüssen wollen wir private Unternehmen und soziale Einrichtungen bei dem Weg zur Klimaneutralität unterstützen. Verstärkt fördern werden wir klimaschonende Wertschöpfungsketten, den Waldumbau hin zu einem Klimawald, den Moorschutz und das klimaangepasste Wassermanagement. Hier liegen die größten Potenziale, aber auch Herausforderungen für Brandenburg.

Gesichert sind laut Haushaltsentwurf auch die Mittel für die Kofinanzierung von EU- und Bundesmitteln. Das ermöglicht Förderung gerade im Bereich Naturschutz, Insektenschutz und ökologische Landwirtschaft. Über die Natura 2000 Mittel ist Naturschutz ab 2022 auch außerhalb der Großschutzgebiete möglich. Die Biosphärenreservate sollen gestärkt werden. Vom LEADER-Programm profitieren besonders die ländlichen Räume.

(Beim Wasser können wir die Linke beruhigen. Wasserschutz ist wichtig und findet sich im Haushalt an anderer Stelle. Mit einem Änderungsantrag werden wir das korrigieren.)

Nicht nur im Klimaministerium selbst, sondern auch in anderen Häusern sind wichtige Investitionen in den Klimaschutz geplant. Das Wirtschaftsministerium will ganz erheblich in die Gründungsförderung und in Erneuerbare Energien investieren. Das Infrastrukturministerium plant, eine Geschäftsstelle „Klimaneutrale Stadt“ einzurichten. Das Wissenschaftsministerium unterstützt das neue „Bauhaus der Erde“, um ressourcenschonendes Bauen mit nachhaltigen Rohstoffen weiterzuentwickeln.

Die Pandemie hat Mängel im Gesundheitssystem schonungslos offengelegt. Umso wichtiger ist, dass die Investitionspauschale für die Krankenhausfinanzierung in Höhe von 110 Millionen Euro gesichert ist. Darüber hinaus sind weitere Mittel zur Kofinanzierung z.B. des Krankenhausinvestitionsgesetzes und des Strukturfonds vorgesehen. Die Gesundheitsämter sollen mit 9,6 Millionen Euro gestärkt werden.

Die Menschen werden immer älter und die meisten möchten so lange wie möglich in ihren eigenen vier Wänden wohnen bleiben. Der „Pakt für Pflege“ unterstützt zum Beispiel in seiner Säule „Pflege vor Ort“ die Kommunen bei Angeboten für Pflegebedürftige und Angehörige vor Ort. Dafür sind 13 Millionen Euro im Topf.

Wichtige soziale Programme wie der Hebammenaktionsplan oder der Aus- und Neubau von Frauenhäusern können fortgesetzt oder sogar gestärkt werden.

Und: Brandenburg bleibt ein weltoffenes Land. Dafür haben wir Bündnisgrüne, allen voran unsere Ministerin Ursula Nonnemacher in den Haushaltsverhandlungen hart gekämpft! Danke dafür!

Das Landesaufnahmeprogramm für Geflüchtete aus Lagern in Jordanien kann an den Start gehen. Die Migrationssozialarbeit soll fortgeführt werden, wenn auch in leicht reduzierter Form. Darüber wird der Gesundheitsausschuss im Herbst noch intensiv beraten.

(Übrigens haben wir von dem neuen sogenannten „Behördenzentrum“, das jetzt als „Abschiebedrehkreuz“ firmiert, auch erst aus der Presse erfahren. Für diesen Bau sind keine Mittel im Haushalt vorgesehen. Wir haben dem Projekt zu keinem Zeitpunkt zugestimmt und werden das auch nicht tun!)

Viel Geld soll in die Bildung investiert werden. Für das „Aufholprogramm Corona“ sind in den nächsten zwei Jahren zusätzlich 68 Millionen Euro vorgesehen für 200 neue pädagogische Kräfte an Schulen und 65 neue Vollzeitstellen für Schulsozialarbeit. Außerdem soll der Digitalpakt Schule fortgesetzt werden, u.a. mit IT-Expert*innen in den Schulen.

Die Kitaqualität soll weiter verbessert werden. Nachdem im letzten Jahr der Betreuungsschlüssel für die Drei – Sechsjährigen auf 1:9 gesenkt wurde, folgt nun der erste Schritt der Qualitätsverbesserung für die Unter-Drei-Jährigen von 1:5 auf 1:4,65. Weitere Schritte werden 2023 und 2024 folgen. Denn mehr Zeit der Fachkräfte bei der Betreuung: davon profitieren die Kinder in ihrer persönlichen Entwicklung und in ihrer Bildungsbiographie.

Die Grundfinanzierung der Hochschulen soll wie geplant um fünf Millionen Euro jährlich weiter erhöht werden, damit wir endlich das Niveau der anderen Bundesländer erreichen. Große Investitionen sind auch in die Studierendenwohnheime vorgesehen, damit Wohnraum für Studierende bezahlbar bleibt!

Brandenburg profitiert vom Zuzug. Doch die Pendler*innenströme müssen richtig gelenkt werden. Das Investitionsprogramm i2030 für eine bessere Schieneninfrastruktur soll fortgesetzt werden. Für kommunale Brücken und Radwege sowie für Investitionen in den ÖPNV stehen weiterhin entsprechend Mittel bereit, die Fördergelder für die Plusbusse sollen sogar erhöht werden. Auch die Lastenradprämie soll übrigens fortgeführt werden! So wird es leichter, mit Bahn, Bus und Rad im Land mobil zu sein!

Wohnen ist eine der wichtigsten sozialen Fragen unserer Zeit. Weiterhin sollen in Brandenburg jährlich 100 Millionen Euro für die soziale Wohnraumförderung zur Verfügung stehen.

Die Opposition sprach mehrfach über im Haushalt geplante Kürzungen. Aber wenn das Haushaltskorsett so eng ist, wie in diesem Jahr, ist es unvermeidlich, dass es auch zu Einsparungen kommt oder das geplante Projekte nicht umgesetzt werden können. Die Opposition hat den Haushalt ja fleißig studiert und da bereits einiges ausfindig gemacht. Das ist teilweise schmerzhaft, keine Frage. Für alle, auch für uns. Aber: Es gehört zu einer ehrlichen Haushaltspolitik leider auch dazu. (Das weiß nicht nur jede schwäbische Hausfrau, sondern auch jeder Brandenburger Hausmann!) Wenn das Geld nicht für alles reicht, müssen Prioritäten gesetzt werden. Das ist doch klar!

Und so wurde zum Beispiel bei der Kita der Schwerpunkt auf die Stärkung der Qualität gelegt, denn das kommt den Kindern direkt zugute. Die finanzielle Entlastung der Eltern durch die Beitragsfreiheit, die als Familienförderung zweifellos auch wichtig ist, musste schweren Herzens verschoben werden. Nicht alle Prioritäten finden wir aber so nachvollziehbar wie diese.

Wir Bündnisgrüne werden uns die Einzelpläne der Häuser noch einmal sehr genau ansehen und prüfen, ob und wo wir nachsteuern müssen. Ein besonderes Augenmerk werden wir dabei auf die Bereiche legen, wo wir mit kleinen Summen viel bewirken können. Das trifft besonders dort zu, wo sich Menschen im Land mit viel Engagement und Herzblut für den sozialen Zusammenhalt und für Nachhaltigkeit eingesetzt haben, zum Beispiel in Umwelt- oder Familienverbänden oder bei Projekten im Bereich Integration, Queer und Gleichstellung.

Natürlich hoffen wir alle, dass eine zukunftsorientierte Politik mit entsprechenden Investitionen und Förderprogrammen das Land jetzt schnell aus der Krise holt. Dabei wird es auch ganz entscheidend auf die neue Bundesregierung ankommen. …

Auch wenn die Steuereinnahmen sich positiv entwickeln, gibt das nicht unbedingt mehr finanzielle Spielräume, sondern reduziert nur die Nettokreditaufnahme bzw. den Griff in die Rücklage. Es lässt sich absehen, dass auch in den nächsten vier Jahren das Land mehr Geld ausgibt, als es einnimmt. Prognostiziert sind Deckungslücken im Haushalt von jeweils über einer Milliarde Euro für 2023 und 24. Es bleibt also weiterhin eine Herausforderung, die richtige Balance zwischen sparsamen Wirtschaften und wichtigen Zukunftsinvestitionen zu finden.

Ein gutes Instrument dafür kann ein Haushaltsbegleitgesetz sein. Das war ja eigentlich vorgesehen, wurde jetzt aber nicht mehr für zwingend erforderlich gehalten, nachdem es gelungen war, einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen. Ein solches Gesetz kann aber Möglichkeiten schaffen, Schwerpunkte zu setzen und die finanziellen Spielräume zu erweitern, zum Beispiel auch auf der Einnahmenseite.

Damit komme ich zum Schluss:

Es ist eine alte Erfahrung (und wir haben es auch heute schon gehört:) Kein Haushalt verlässt den Landtag so, wie er reingegangen ist. (Auch wenn die Finanzministerin sich das verständlicherweise am liebsten so wünschen würde…) Wir konnten heute bereits einige Schwerpunkte aus dem vorgelegten Entwurf diskutieren. Wichtig ist: Wir müssen jetzt - in und nach der Krise - entschlossen, mutig und vorausschauend handeln! An den zentralen Zukunftsinvestitionen, am Klima- und Umweltschutz, an der Digitalisierung, an einem gut ausgebauten ÖPNV, an der Gesundheitsvorsorge oder der Bildung dürfen wir nicht sparen!

Damit kommende Generationen nicht die Rechnung zahlen!