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Heiner Klemp spricht zum Antrag "Qualitätsmanagement in den dienstleistenden Verwaltungen des Landes Brandenburg im Umgang mit Industrie- und Gewerbeansiedlungen"

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, liebe Gäste,

ich hatte schon befürchtet, dass ich meine Rede komplett um­schreiben muss, wenn die BVB/Freien Wähler ihren angekündigten Entschließungsantrag vorlegen. So kam es nun auch.

Hatte ich mich doch zu Qualitätsmanagement­ in öffent­lichen Verwaltungen vorbereitet. Wussten Sie eigentlich, dass in ganz Deutschland nur eine Verwaltung nach dem einschlägigen Standard DIN EN ISO 9001 zertifiziert ist? Das ist die Kreisverwaltung in Soest.

Ich hatte mich also auf QM-Systeme vorbereitet…

Etwas irritiert war ich schon, weil von den 169 Fragen der Großen Anfrage nur 25 mit Qualitätsmanagement zu tun hatten. Das sind dann immerhin 15% der Fragen, die sich mit dem Thema der Über­schrift der Großen Anfrage beschäftigen.

So, und nun stehe ich vor dem Problem, rede ich zu Qualitäts­management oder zum Entschließungsantrag. Der befasst sich ja von den 169 Fragen immerhin mit einer, nämlich Frage 28.

Ich will meine Vorbereitungen doch nicht ganz wegwerfen. Ich habe tatsächlich mal in der freien Wirtschaft eine ISO 9000 Zertifizierung mitgemacht. Die Essenz daraus ist, dass es im Qualitäts­management um die Konsistenz und Dokumentation der Prozesse geht, z.B. eines Genehmigungsverfahrens.

Durch die im Behörden­bereich geltenden Gesetze, Verordnungen, Ausführungs- und Verwaltungsvorschriften ist das in der Regel bereits in einem hohen Maße gewährleistet. Wie sonst könnten gerichtsfeste Ent­scheidungen erreicht werden?

Nicht, dass ich falsch verstanden werde. Ich bin ein Fan von Qualitäts­managementsystemen, wenn sie der Organisation helfen, kontinuier­lich besser zu werden. Das ist für mich der eigentliche Punkt.

Was für eine Herausforderung das ist, damit haben wir uns ja vorhin beim Standarderprobungsgesetz befasst. Mit dem Problem, Verbesse­rungen aufzunehmen und umzusetzen, steht die öffentliche Ver­waltung übrigens nicht allein, das sind auch in der freien Wirtschaft die Knackpunkte. Hieran muss und will die Koalition auch arbeiten.

Last but not least sind Judikative und Legislative Treiberinnen der kontinuierlichen Verbesserung, sei es aus rechtlicher Sicht oder zur Korrektur unerwünschter Entwicklungen.

Lassen Sie mich nun doch noch zum Entschließungsantrag von BVB/Freie Wähler kommen. Eine Checkliste ist kein Qualitäts­management!

Das, was Sie fordern, ist – ich muss es so deutlich sagen – eine Reihe von innovationsfeindlichen Investitions-Verhinderungsregeln!

Das fängt schon bei Punkt 1 Ihrer Checkliste an: Die WFBB soll die Tragfähigkeit einer Geschäftsidee prüfen. Wo stünden wir heute in unserer wirtschaftlichen Entwicklung, wenn Behörden Geschäfts­ideen bewerten würden? Ich will ja niemandem zu nahetreten, aber hat es sich nicht bewährt, dass Unternehmerinnen und Unternehmer, Menschen, die mit eigenem Geld ins Risiko gehen, Geschäftsideen bewerten? Letztendlich bewerten Kunden eine Geschäftsidee, aber keine Behörde. Das wäre innovationsfeindlich.

Dann wollen Sie im Rahmen der Checkliste ganz viele Punkte prüfen, deren Prüfung eigentlich dem Investor obliegt. Bezahlt das dann alles das Land? Wenn es nicht genug Kitas an einem geplanten Standort gibt, wollen Sie dann die Investition absagen und den Investor ins Nachbarland schicken? Sollte man nicht lieber Kitas bauen?

Und Sie wollen Investitionen prüfen, ob sie im Groben – im Groben (!) Schadstoffemissionen und Lärmimmissionen einhalten. Ich erlaube mir mal die Frage: Was machen Sie mit der Antwort? Verweigern Sie dem Investor die Prüfung eines Antrags nach dem BImSchG, wenn Sie „im Groben“ ein Scheitern erwarten? Oder winken Sie den Antrag einfach durch, wenn Sie keine Probleme erwarten? Machen Sie überhaupt noch eine rechtssichere Prüfung?

Alle Verifikationen, die Sie aufführen, werden im Rahmen der Verfahren gemacht. Sie wollen uns weismachen, dass wir mit Ihrer Checkliste die Ergebnisse schon am Anfang des Verfahrens hätten, ohne Detailprüfung, um dann - was auch immer - daraus abzuleiten. Was Sie nämlich im Ergebnis | mit Ihrer Checkliste machen wollen, davor drücken Sie sich in Ihrem Antrag.

Sie wollen eine „umfassende Kosten-Nutzen-Abwägung“ im Vorfeld, das heißt, sie schicken den Investor erst mal in die Warteschleife, wo Sie zwar nicht die Genehmigungsverfahren durchführen aber doch so’n bisschen. Und wenn Sie etwas für genehmigungsfähig halten, dann geht’s irgendwie weiter. Gleichzeitig wenden Sie sich aber gegen jede 8a-Genehmigung, die nach eingehender Prüfung erteilt wird, weil die Behörden einen Antrag für genehmigungsfähig halten.

Sie wollen Geschäftsmodelle von Behörden bewerten lassen; Innovation wird dann staatlich zertifiziert oder wie? Der Entschließungsantrag ist fern jeder Vernunft und Rechtsstaat­lich­keit, ist innovationsfeindlich und nicht zustimmungs­fähig.

Vielen Dank!