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Heiner Klemp spricht zum Gesetzentwurf "1. Gesetz zur Sicherstellung der Handlungsfähigkeit der brandenburgischen Kommunen in außergewöhnlicher Notlage (Brandenburgisches kommunales Notlagegesetz - BbgKomNotG)"

>> Gesetzentwurf „Gesetz zur Sicherstellung der Handlungsfähigkeit der brandenburgischen Kommunen in außergewöhnlicher Notlage (Brandenburgisches kommunales Notlagegesetz - BbgKomNotG)“ (pdf-Datei)

>> Entschließungsantrag (pdf-Datei)

- Es gilt das gesprochene Wort!

Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, meine Damen und Herren,

nachdem wir uns in der letzten Plenarsitzung mit uns selbst beschäftigt haben – also mit der Sicherung der Handlungsfähigkeit des Landtags – sind heute die Kommunalparlamente dran.

Ich selbst bin ja quasi nach Feierabend noch Abgeordneter im Kreistag Oberhavel und ich weiß, dass viele von Ihnen auch noch kommunale Mandate innehaben. Unsere letzte Kreistagssitzung war am 4. Dezember. Mit Fortsetzungen am 18. Dezember und am 12. Februar – aber das ist eine andere Geschichte…

Am 18. März sollte nun die nächste Sitzung sein und der Vorsitzende unseres Kreistags hat sich alle Mühe gegeben, die Sitzung Corona-gerecht zu planen: Weit auseinanderstehende Tische, getrennte Laufwege, keine Eintragung mehr in die Anwesenheitsliste. Schließlich hat er die Sitzung doch wenige Tage vorher noch abgesagt. Niemand wollte und konnte die Verantwortung tragen, die Sitzung durchzuführen. Und das war sicher damals richtig.

Ich weiß ja nicht, wie es bei Ihnen ist, aber es ist ja offensichtlich, dass viele dieser Gremien derzeit gar nicht tagen. Das ist nicht gut! Die Krise ist zwar die Stunde der Exekutive (das muss sie auch sein!), aber sie muss auch kontrolliert werden von einer starken Demokratie. Deshalb müssen die kommunalen Parlamente unbedingt arbeitsfähig gehalten werden.

Ich bin ich in den letzten Wochen oft von Kommunalpolitikern gefragt worden: Können wir nicht einfach eine Telefonkonferenz machen? Geht ein Videochat? Reicht es nicht, wenn der Hauptausschuss beschließt? Die Antwort auf alle diese Fragen ist derzeit: Nein.

Und warum nicht? Weil die Kommunalverfassung das nicht vorsieht.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sehen wir daher einen abgestuften Katalog von Maßnahmen vor. Wir erlauben befristet, Video- und Audiokonferenzen durchzuführen. Aber natürlich nicht nach dem Motto: Wir telefonieren uns mal am Abend spontan zusammen. Nein, alle Regeln von „normalen“ Sitzungen gelten: Reguläre Einladungen, Ladungsfristen, ordentliche Vorlagen und Niederschriften. Und die Gewährleistung der Öffentlichkeit, und sei es, dass Presse und Bürgerinnen an einem laut gestellten Telefon mithören können, wenn sich keine andere Lösung findet.

Nur wenn eine Sitzung selbst als Video- oder Audiositzung nicht durchgeführt werden kann, sollen eng gefasste Beschlusskompetenzen auf den Hauptausschuss übertragen werden können. Das werden wir über eine entsprechende Verordnung sicherstellen.

Bei dem Erarbeitungsprozess des Gesetzes und auch der Vor-Abstimmung der später zu erlassenden Verordnung haben immer die Rechte der einzelnen Gemeindevertreter aber auch im Besonderen die der Öffentlichkeit im Vordergrund gestanden. Ich möchte mich an dieser Stelle auch noch einmal für die tolle Zusammenarbeit mit allen 5 demokratischen Fraktionen dieses Hauses bedanken.

Ich hatte nie das Gefühl, dass es irgendwo um Parteipolitik ging. Uns einte die Verantwortung für unsere Kommunen. Wir alle kommen aus der Kommunalpolitik und ich fand es bemerkenswert, wie verantwortlich wir z.B. über die Rechte fraktionsloser Abgeordneter diskutiert haben, wie wir gemeinsam die Öffentlichkeit der Sitzungen verteidigen und wir alle z.B. Umlaufbeschlüssen kritisch gegenüberstehen, weil sie, wenn sie ohne vorherige Diskussion erfolgen, den Grundsatz der Öffentlichkeit verletzen würden.

Mit den Beiträgen der Vielen ist nun ein Gesetzentwurf entstanden, der vieles ermöglicht, und darauf aufbauend wird eine Verordnung erlassen werden, die konkret sagt, was geht und was nicht. Und wir haben ins Gesetz geschrieben, dass ohne die Zustimmung des Innenausschusses keine Verordnung erlassen werden kann. Wir haben die volle parlamentarische Kontrolle über das Verfahren.

Mit diesem Gesetzentwurf…

  • sichern wir Erstens die Handlungsfähigkeit der Kommunalpolitik in der Krise
  • ermöglichen wir Zweitens neue Sitzungsformate wie Video- und Telefonkonferenz
  • sichern wir Drittens vollumfänglich die Einbeziehung der Öffentlichkeit
  • und viertens befristen wir die Sonderregelungen und schützen uns so vor Ausnahmeregelungen, die unkontrolliert in die Zukunft wirken.

Aber:

Wir machen Fünftens damit auch den Experimentierkasten auf und erproben z.B. Sitzungsformate wie Videokonferenzen.

Denn natürlich gibt es generell Modernisierungsbedarf bei der Kommunalverfassung, die in einer Zeit geschaffen wurde, in der Papier – viel Papier! – und Präsenzsitzungen als einzige Möglichkeit erschienen, Kommunalpolitik zu organisieren. Viele Kommunen sind hier inzwischen schon viel weiter. Zumindest der Papierberg ist vielerorts schon reduziert.

Wir haben uns aber auch ganz generell als Koalition vorgenommen, die Kommunalverfassung auf das 21. Jahrhundert anzupassen und werden hierzu auch weitere Maßnahmen vorlegen. Dafür wollen wir aus den Krisen-Maßnahmen, die wir heute beschließen, lernen. Ich kann mir gut vorstellen, dass Videokonferenzen zukünftig zum normalen Instrumentarium der Kommunalpolitik gehören, gerade weil wir bis zum Ende der Legislaturperiode die weißen Flecken auf der Internet-Landkarte in Brandenburg schließen werden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

>> Gesetzentwurf „Gesetz zur Sicherstellung der Handlungsfähigkeit der brandenburgischen Kommunen in außergewöhnlicher Notlage (Brandenburgisches kommunales Notlagegesetz - BbgKomNotG)“ (pdf-Datei)

>> Entschließungsantrag (pdf-Datei)