Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,
die Landesregierung Brandenburg hatte 2004 begonnen, ihre Förderpolitik regional neu auszurichten und eine Konzentration auf Regionale Wachstumskerne (RWK) vorzunehmen. Jetzt, 10 Jahre danach möchten SPD und LINKE mit dem hier vorliegenden Entschließungsantrag „Regionale Wachstumskerne – gut für das ganze Land!“ den Eindruck einer unglaublichen Erfolgsgeschichte vermitteln. In den Redebeiträgen eben klang das allerdings schon etwas differenzierter.
Aus unserer Sicht stellt sich die Bewertung des RWK-Prozesses etwas anders dar: Anlass für die Einführung der RWKs vor 10 Jahren war doch die Erkenntnis, dass man eine gute und moderne Wirtschaftspolitik, die das Land eigentlich bräuchte, nicht flächendeckend anbieten kann. Die Konzentration auf die Wachstumskerne – übrigens wurden hier nicht die wirtschaftlich starken Standorte ausgewählt, sondern die politisch opportunen – war dann das Ergebnis.
Das kann man so machen, sollte man dann aber auch so benennen. Der RWK-Prozess ist somit eine aus dem Mangel geborene Strategie, bei welcher eine ganze Reihe von Standorten nicht berücksichtigt werden konnten.
Schaut man sich die RWK-Berichte an, stellt man schnell fest, dass die auch heute noch aktuellen Themen schon seit Jahren im Fokus stehen. Der 11. RWK-Bericht von 2012 zum Beispiel empfiehlt zur weiteren Profilierung des RWK-Prozesses eine – ich zitiere – „stärkere strategische Ausrichtung auf prioritäre Vorhaben und Umsetzung von Schwerpunktthemen, darunter insbesondere Fachkräftesicherung, Wissens- und Technologietransfer sowie Umlandkooperation“.
Bewirkt hat das anscheinend wenig: Das Thema Fachkräfte ist im Gegenteil seither eher noch eskaliert. Im 14. RWK-Bericht steht: „Auffallend ist, dass das Thema Fachkräfteentwicklung insgesamt noch mehr an Bedeutung gewonnen hat. Laut RWK Ludwigsfelde sehen selbst in Konzernstrukturen eingebundene Unternehmen mit hervorragendem Ausbildungsruf die Sicherung aller Nachwuchsstellen als Herausforderung an.“
Auch die Themen Wissens- und Technologietransfer sowie die Umlandkooperation sind schon lange Schwerpunkte des Prozesses. Welchen Sinn diese Forderung jetzt wieder im Entschließungsantrag hat, kann ich nicht nachvollziehen.
Das, was wir hier in Brandenburg „RWK-Prozess“ nennen, ist sinnvoll. Es ist jedoch im Grunde genommen Standard im Bereich der Wirtschaftsförderung. Wir sollten deshalb nicht den Eindruck erwecken wollen, als ob wir damit ein besonders herausragendes Instrument gefunden hätten oder dass wir damit das Thema Wirtschaftsförderung erschöpfend behandelt hätten.
Ganz im Gegenteil: Anstatt wichtige Wirtschaftsstandorte auszuschließen – wie zum Beispiel Wittstock, Fürstenwalde oder Wustermark – sollten besser alle Teil dieses Prozesses sein. Diese Forderung fehlt uns auch im Entschließungsantrag der CDU, weshalb dieser von uns nicht unterstützt werden kann.
Darüber hinaus gibt es aber auch Herausforderungen, denen mit dem RWK-Prozess nicht beizukommen ist – ich meine hier den mit dem Auslaufen der Braunkohle verbundenen Strukturwandel in der Lausitz. Hier werden wir mit regelmäßigen Gesprächsrunden und dem Monitoring von standardisierten Indikatoren nicht viel ausrichten können.
Die Herausforderung in der Lausitz ist eine besondere. Hier muss länderübergreifend gedacht und gehandelt werden. Wir fordern daher die Gründung eines Zukunftsfonds bzw. einer Zukunftsstiftung Lausitz, die die Erarbeitung von Konzepten und Projekten anschiebt, koordiniert und sich aus Mitteln der beiden Bundesländer, des Bundes einem angemessenen Beitrag von Bergbaubetreibern, aus Geldern regionaler Unternehmen und privatem Kapital speist.
Der vorliegende Entschließungsantrag fordert vieles bereits Beschlossenes, enthält Forderungen, die teilweise schon seit Jahren Gegenstand des RWK-Prozesses sind und lässt sich auf die Aussage reduzieren „Alles bestens – weiter so!“ Dem können wir aus den genannten Gründen nicht zustimmen.
Die Landesregierung selbst führt in einem aktuellen Bericht zur GRW-Förderung an die Bundesregierung aus: „Im Jahr 2014 wurde ein preisbereinigtes Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen in Höhe von 83,8 Prozent des bundesweiten Wertes erwirtschaftet, wobei der Konvergenzprozess sich diesbezüglich im letzten Jahrzehnt verlangsamt hat. Hinzu kommen die zu bewältigenden Herausforderungen durch den schneller als in den westdeutschen Bundesländern vonstatten gehenden demografischen Wandel, durch die zunehmende Digitalisierung und die wachsenden Anforderungen an Unternehmen, um im Wettbewerb bestehen zu können.“
Der Konvergenzprozess hat sich verlangsamt, die Herausforderungen an die Unternehmen wachsen, die Digitalisierung wird nicht als Chance, sondern nur als Herausforderung gesehen. Hier ist also noch einiges zu tun.
In diesem Sinne sollten wir den RWK-Prozess als das verstehen, was er ist: Eine unter den gegebenen Bedingungen ganz normale Wirtschaftspolitik. Wir sollten aber vor allem darüber nicht vergessen, was die wirklichen wirtschaftspolitischen Herausforderungen Brandenburgs sind: Innovationen, Internationale Wettbewerbsfähigkeit und nicht zuletzt der Fachkräftemangel in allen Bereichen.
Vielen Dank.