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Heide Schinowsky spricht zum Antrag der AfD-Fraktion „Besondere Wirtschaftsgebiete im Land Brandenburg - Ländlichen Raum nicht abhängen“

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Einrichtung von sogenannten „besonderen Wirtschaftsgebieten“ – warum verwenden Sie eigentlich nicht den Begriff „Sonderwirtschaftszone? – soll den Strukturwandel unterstützen und die Entwicklung von benachteiligten ländlichen Regionen im Norden des Landes durch verstärkte Förderung mit unterschiedlichen Instrumenten forcieren.

Das scheiben Sie in Ihrem Antrag – und es liest sich, als hätte Ihre Fraktion die entsprechenden Debatten in dieser Legislaturperiode nicht mitbekommen: nicht die zur Arbeit der Enquetekommission Ländliche Räume, zur Evaluation der Regionalen Wachstumskerne, zu den Vorbereitungen der nächsten EU-Förderperiode und auch nicht die Diskussion zum Strukturwandel in der Lausitz.

Stattdessen versuchen Sie nun in der allerletzten Plenarwoche mit einer Idee zu punkten, die aus guten Gründen in diesen ganzen Debatten nie eine Rolle gespielt hat und schon vor vielen Jahren für Brandenburg ad acta gelegt wurde. Sonderwirtschaftszonen, wie hier von ihnen vorgeschlagen, machen überhaupt keinen Sinn.

Flächendeckende Dumpingbedingungen für Unternehmen, die im Wettbewerb nicht bestehen könnten, helfen nicht weiter. Das ist inzwischen den meisten Verantwortlichen in diesem Lande klar. Werbung um Investoren mit Niedriglöhnen gehört daher zum Glück der Vergangenheit an. In den bestehenden Fördersystemen aus EU- und Landesförderung können Unternehmen auf Grundlage ihrer Konzepte gefördert werden – und zwar gezielt für ihre geprüfte und tragfähige Idee – und eben nicht pauschal, allein auf Grund der Tatsache, dass sie sich in einer bestimmten Region bzw. Sonderwirtschaftszone ansiedeln wollen. So macht das Sinn.

Die von Ihnen vorgesehenen Steuererleichterungen führen zudem zu Mindereinnahmen der öffentlichen Hand. Was aber in den strukturschwachen Regionen fehlt, ist Infrastruktur. Die Öffentliche Hand muss dort investieren, damit sich die Rahmenbedingungen verbessern. Bessere Schulen, besseres Internet, gute Verkehrsanbindungen, ärztliche Versorgung und gute Verwaltungen sind die Voraussetzungen für prosperierende Regionen.

Die Enquetekommission ländliche Räume empfiehlt, die Regionalen Wachstumskerne in Richtung einer Regionalentwicklung für den ländlichen Raum zu qualifizieren und hat die Landesregierung in ihrem Abschlussbericht dazu aufgefordert, ressortübergreifende, regionale Entwicklungskonzepte zu erarbeiten. Dies wird gemäß der fondsübergreifenden landespolitischen Prioritäten der Landesregierung auch in die operationellen Programme für die nächste EU-Förderperiode einfließen. So lässt sich diese Aufgabe systematisch angehen.

Völlig unklar ist übrigens auch die Begründung Ihrer Gebiets-Auswahl. Alle anderen Regionen Brandenburgs lassen Sie damit unter den Tisch fallen. Auch das ist für uns inakzeptabel.

Kurz gesagt: Ihr Antrag löst keine Probleme, sondern schafft nur neue. Daher werden wir ihn ablehnen.

Das war ganz sicher nicht meine knackigste Rede hier – aber meine letzte. Und auch weil man sich ja bekanntlich immer zwei Mal sieht, möchte mich hier noch einmal bedanken: für die vielen kontroversen, aber meist fairen Auseinandersetzungen, für den in der Regel guten persönlichen Umgang miteinander – auch mit Frau Schade im Wirtschaftsausschuss – und auch für die nicht selbstverständliche fraktionsübergreifende Zusammenarbeit, wie bei Wind-Initiativen, dem Bahnwerk Cottbus oder nicht zuletzt bei der Aufarbeitung von DDR-Unrecht.

Vielen Dank!