- Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
Sehr geehrte Damen und Herren,
Stellen Sie sich vor, Sie wären in dieser Pandemie Kind. Stellen Sie sich vor, Sie hätten jetzt seit über einem Jahr keinen „normalen“ Schulunterricht mehr, Oma und Opa waren nicht mehr zu Besuch, und weder das Sporttraining noch die Klassenfahrt findet wie gewohnt statt.
Normaler Kindergeburtstag oder Ostereiersuchen mit der ganzen Nachbarschaft? Fehlanzeige!
Und die Eltern? Sind vielleicht gestresst im Home-Office, vielleicht auch nicht, weil das Familienrestaurant seit Oktober geschlossen ist.
Ich bin weder Kind noch Mutter. Ich weiß, viele von Ihnen sind es. Aber wenn eine Mutter mir erzählt, wie ihr Kind zu ihr sagt „Mama, du weißt gar nicht wie schlimm es ist, dass als Kind zu erleben.“
Dann sollte uns das doch allen zeigen, dass diese Zeiten für Kinder noch prägender und langfristig noch schwerer zu verarbeiten sind, als für uns Erwachsene.
Aber nicht nur diese Pandemie zeigt, wie wichtig es ist, dass wir die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen zentraler in die Mitte unserer Politik rücken. Die Pandemische Lage verschärft die vielen Probleme nur. Beispielsweise Häusliche Gewalt betrifft Kinder und Jugendliche verstärkt. Die ungleichen Bildungschancen aufgrund der sozialen Lage der Eltern machen sich im Distanzunterricht verstärkt bemerkbar. Und in Flüchtlingseinrichtungen fehlte auch schon vor Corona vielerorts ein Umfeld für gute Lernbedingungen.
Und deswegen ist das Thema, was wir heute diskutieren, so wichtig. Denn Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, sie brauchen besondere Rechte und besonderen Schutz. Das Wohl der Kinder gehört ins Zentrum aller politischen Entscheidungen.
Als Erwachsene ist es unsere Verantwortung, ihnen genau das in unserer Gesellschaft zu bieten.
Das Grundgesetz regelt die Grundfesten des Miteinanders in Deutschland. Wo sonst sollten wir solch eine bedeutende Frage klären?
Und umso wichtiger die Frage ist, umso besser muss auch die Antwort sein, die wir darauf geben.
Wie wichtig die Frage ist, haben wir hier heute gehört und vor allem in unser aller Leben erlebt.
Wie gut dann aber die Antwort ist, die wir geben – das diskutieren wir heute!
Die Bundesregierung legte eine Antwort vor. In welchen Punkten diese unzureichend ist, das hat Frau Vandre bereits ausführlich erklärt.
Die Linke hat uns eine Antwort vorgelegt.
Und ich unterstütze darin ausdrücklich, dass das Kindeswohl Vorrang haben muss. Und ich finde auch, dass es nicht nur darum gehen darf, dass Kinder rechtliches Gehör haben. Wir müssen verankern, dass Kinder und Jugendliche beteiligt werden! Das ihnen nicht nur zugehört wird, sondern, dass sie aktiv mitwirken können!
Der Antrag der Linken ist uns an dieser Stelle zu unkonkret. Die Grüne Bundestagsfraktion schlägt hier die Formulierung vor, dass bei allen Angelegenheiten, die das Kind betreffen, es entsprechend Alter und Reife zu beteiligen ist.
Mit dieser Ergänzung sorgen wir dafür, dass es Beteiligungsformate gibt und – das ist ganz essentiell – dass diese für Kinder wirklich wirksam sind! Dafür müssen sie altersgerecht sein.
Eine weitere, entscheidende Forderung ist, dass Kinder an erster Stelle neben Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung gestellt werden sollen. Auch hier ist uns der Antrag der Linken zu unkonkret, er spricht von kindgerechten Lebensbedingungen.
Mit der Unterschutzstellung unter die staatliche Ordnung betonen wir nicht nur den Kinderschutz als Staatsauftrag, sondern es geht auch um weitere Belange. Diese Ergänzung ebnet auch den Weg, um gegen Kinderarmut vorzugehen – beispielsweise durch eine Kindergrundsicherung. Gleichzeitig unterstreicht das auch die staatliche Pflicht, für angemessene Bildung und Freizeitangebote Sorge zu tragen.
Und ich glaube, nie ist uns die Wichtigkeit dessen bewusster geworden, als im vergangenen Jahr.
Mein Fazit: Wir brauchen Kinderrechte im Grundgesetz – sehr dringend! Aus den genannten Gründen lehnen wir aber heute diesen Antrag dafür ab.
Herzlichen Dank!