Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer!
Als ich den vorliegenden Antrag der AfD-Fraktion gesehen habe, ist mir zugebenermaßen erst einmal die Kinnlade heruntergefallen. Ein solches Maß an Zynismus sucht schon seinesgleichen.
Der AfD-Fraktion dürfte nicht entgangen sein, dass es im letzten Plenum einen Antrag gab, der von allen Fraktionen außer Ihrer getragen wurde. Darin hieß es unter anderem: „Die wehrhafte Demokratie ist […] mehr denn je gefordert, entschieden gegen jede Form von Extremismus vorzugehen. Der Schutz und die Verteidigung unseres demokratischen Wertesystems sind eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“
Warum nun also dieser Antrag von Ihnen? Ich fürchte - und Ihre Rede, Frau Duggen, hat das bestätigt -, der Grund ist nicht, dass die AfD-Fraktion seit dem letzten Plenum an Einsicht gewonnen hätte. Was Sie an dem vorherigen Antrag störte, war der Fokus auf dem Rechtsextremismus. Also fabrizieren Sie schnell einen Antrag, der zwar anfangs noch vorgibt, sich gegen alle Formen von Extremismus zu wenden, dann aber schnell klarmacht, worum es Ihnen eigentlich geht.
Erneut versuchen Sie von einer gesellschaftlichen Debatte über Rechtsextremismus in Ihrer Parteiabzulenken, indem Sie so schrill wie möglich rufen: „Aber der Linksextremismus!“ Und so fordern Sie nach zwei sehr allgemeinen Einleitungssätzen, alle Abgeordneten mögen sich von „der Antifa“ distanzieren.
Ich kann hier nicht auf die gesamte Geschichte der sogenannten Antifaschistischen Aktion eingehen. Ich kann Ihnen von der AfD aber empfehlen, sich einmal damit zu beschäftigen, denn sie ist durchaus interessant und lehrreich. Was Sie aber vor Stellung Ihres Antrags hätten herausfinden können, ist, dass es eine Antifa im Sinne einer zusammenhängenden Struktur oder einer einheitlichen Ideologie nicht gibt. Eine Mitgliedschaft im „Antifa e. V.“ gibt es dementsprechend auch nicht.
Das von Ihnen im Antrag so schön beschriebene Logo wird von verschiedensten Gruppierungen genutzt, die sich dem aktiven Einsatz gegen Faschismus verschrieben haben. Einige dieser Gruppierungen sind laut Verfassungsschutzbericht dem linksextremen Spektrum zuzuordnen. Wie Sie schon an der Erwähnung in diesem Bericht sehen oder auch wüssten, wenn Sie im Innenausschuss aufpassen würden, schaut der Staat an dieser Stelle keineswegs weg. Aber jede Nutzung besagten Logos oder der Bezeichnung „Antifaschistische Aktion“ mit einer Ablehnung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gleichzusetzen ist schlicht absurd.
Nicht jeder, der sich als Antifaschist bezeichnet, ist ein Demokrat. Vor dem geschichtlichen Hintergrund von nationalsozialistischer Diktatur und Schoah gilt in Deutschland aber zum Glück selbstverständlich: Jeder Demokrat ist Antifaschist.
Ob man die antifaschistische Haltung nun mit besagtem Logo und all seinen Assoziationen ausdrückt oder nicht und mit welchen Gruppierungen man wie zusammenarbeitet, muss jede und jeder Abgeordnete selbst verantworten und gegebenenfalls auch öffentlich erklären - genauso, wie Ihre Abgeordneten von der AfD zum Beispiel erklären müssen, warum sie mit bestimmten Personen und Gruppierungen zusammenarbeiten.
Für einige Abgeordnete aus Ihren Reihen war es zum Beispiel auch kein Problem, am 29. August in Berlin mit Reichsbürgerinnen und Reichsbürgern unter der Reichsfahne, mit Aktivisten der „Identitären Bewegung“, Nazi-Rappern, QAnon-Anhängerinnen und -Anhängern sowie Politikern der monarchistischen und antisemitischen polnischen Partei Konfederacja aufzutreten. In diesem Zusammenhang sei mir die Bemerkung erlaubt, dass es schon recht seltsam anmutet, wenn in einem Antrag, der sich laut Titel gegen Extremismus insgesamt stellt, nur ein einziges Symbol genannt wird, von dem sich alle distanzieren sollen. Vielleicht möchten Sie einmal darüber nachdenken, ergänzend beispielsweise den rechtsextremistischen Verein „Zukunft Heimat“ in Ihren Antrag aufzunehmen? Wenn Sie diesbezüglich eine Distanzierung aller Abgeordneten durchsetzen könnten, wäre tatsächlich etwas gegen den Extremismus in Brandenburg getan.
Kommen wir nun zum zweiten großen Thema Ihres Antrages, den Sicherheitsbehörden. Es fasziniert mich tatsächlich immer wieder, wie Sie es schaffen, einerseits innerhalb und außerhalb des Parlaments den Organen unseres Staates - seien es Polizei, Staatsanwaltschaften oder auch der Verfassungsschutz - ständig mehr oder weniger deutlich zu unterstellen, sie seien „Erfüllungsgehilfen“ der sogenannten Altparteien, sich aber gleichzeitig mit großer Geste zu den einzig wahren Verteidigern der Ehre unserer Sicherheitsbehörden aufzuschwingen.
Wenn es noch eines weiteren Beleges für Ihre Verachtung nicht nur unseres Rechtsstaats, sondern auch unserer Polizistinnen und Polizisten, die für diesen einstehen, bedarf, dann möchte ich nochmals an den unsäglichen Kommentar des Abgeordneten Möller in der letzten Plenarsitzung gegenüber Herrn Büttnererinnern, den ich hier nicht wiederholen möchte. Aus Ihren Reihen wird immer wieder behauptet, Sie träten für die Polizei ein. Für mich ist das, was Sie tun, ein Eintreten auf die Polizistinnen und Polizisten in unserem Land.
Kommen wir noch zu einer anderen Sicherheitsbehörde, dem Verfassungsschutz: Die Penetranz, mit der aus Ihren Reihen andauernd Stasi-Methoden unterstellt werden, mit der Sie sich als politisch Verfolgte darstellen und ständig andeuten, wir befänden uns auf dem Weg in die Diktatur, lässt nun wirklich nicht auf Respekt gegenüber staatlichen Institutionen schließen. So nah am 30. Jahrestag der Wiedervereinigung lässt mich gerade diese Gleichsetzung mit Menschen, die tatsächlich gegen Unrecht und Diktatur gekämpft haben, die tatsächlich verfolgt wurden und Leid erfahren haben, erschauern.
Meine Damen und Herren, Polizei und Verfassungsschutz sind Teile der Exekutive. Sie müssen sich, wie alle Teile der Verwaltung, an Recht und Gesetz halten. Sie müssen sich wie jede Behörde hinterfragen lassen und angemessen kontrolliert werden - durch Kontrollmechanismen innerhalb der Behörden, durch den Landtag, durch eine aufmerksame Presse und die Öffentlichkeit. Wie überall ist auch hier berechtigte Kritik ein wichtiger Baustein, um eventuelle Fehlentwicklungen anzusprechen und zu beseitigen. Zu Arbeitsweise und Befugnissen von Behörden kann es unter Demokratinnen und Demokraten auch vehemente Meinungsverschiedenheiten geben. Kritik und auch sehr weitgehende Änderungsvorschlägezu Behördenstrukturen sind etwas anderes als die vonseiten der AfD ständig propagierten Diffamierungen staatlicher Stellen. Bevor Sie einen Beschluss des Landtags gegen die Verächtlichmachung staatlicher Institutionen anstrengen, treffen Sie bitte zunächst einen entsprechenden Beschluss in Ihreneigenen Reihen und setzen ihn auch durch!
Der Blick auf den gesamten Antrag macht deutlich, dass Sie den Rechtsextremismus beinahe vollständig ausblenden - und das in einer Zeit, in der viele Beispiele wie etwa die Mord- und Verbrechensserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“, die Ermordung von Walter Lübcke oder die terroristischen Mordtaten von Halle (Saale) und Hanau belegen, wie gefährlich rechtsextreme Einstellungen und Handlungen für den Zusammenhalt und die Sicherheit unserer Gesellschaft sind.
Der Rechtsextremismus stellt momentan die größte Gefahr für unsere freiheitliche Demokratie dar - abgesehen vielleicht von den grassierenden Verschwörungsmythen, die Sie ja auch fleißig verbreiten -; seien es die entsetzlichen Gewalttaten, die uns immer wieder erschüttern, oder seien es Rechtsextremisten in unseren Parlamenten, die sich als selbsternannte „einzig wahre Volksvertreter“ gerieren und ihre Mandate dazu nutzen, immer und immer wieder zu versuchen, unsere Demokratie und staatliche Institutionen zu untergraben und lächerlich zu machen.
Das Demokratie- und das Rechtsstaatsprinzip, das staatliche Gewaltmonopol und die aktive Verteidigung unseres Grundgesetzes gegen seine Feinde - das ist der Grundkonsens unter Demokratinnen und Demokraten. Die einzige Fraktion, bei der ich das nicht erkennen kann - die Fraktion, von der permanent Angriffe auf genau diesen Grundkonsens erfolgen -, das ist die AfDFraktion, meine Damen und Herren!
Wir werden uns weiterhin gegen jede Bedrohung unserer freiheitlichen Demokratie aktiv zur Wehr setzen. Ihren Antrag brauchen wir dafür nicht, und wir lehnen ihn selbstverständlich ab.
-Vielen Dank.