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Michael Jungclaus spricht zu den Anträgen zum Flughafen BER

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Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Gäste!

Wenn man das Thema Flughafen BER im Plenum mal rein statistisch betrachtet, dann haben wir uns in dieser Legislaturperiode bereits neun Mal hiermit auseinandergesetzt. Acht Mal davon ist das Thema durch Anträge, Großen Anfragen oder einer Aktuellen Stunde von der Fraktion Bündnis90/Die Grünen auf die Tagesordnung gekommen – davon zweimal gemeinsam mit zwei weiteren Abgeordneten. Man kann sich also leicht ausrechnen, wie oft Sie sich mit dem Thema hier befasst hätte, wären Bündnis90/Die Grünen vor 2 1/2- Jahren nicht in den Landtag eingezogen. Auch das muss an dieser Stelle mal gesagt werden!

Eigene Initiativen von SPD und Linke – jedenfalls Fehlanzeige. Und dies zeigt deutlich, welchen Stellenwert das Thema Flughafen bei der Koalition hat. Von Regierungsparteien erwarten wir aber mehr, als dass sie sich nur treiben lassen. Sie müssen aktiv gestalten. Statt dessen gehen sie in Deckung – eingeklemmt zwischen der Opposition, den berechtigten Protesten der Betroffenen, und einer Flughafengesellschaft, wie z. Beim Thema Schutzniveau völlig von der Rolle ist und die scheinbar niemand mehr im Griff hat !

Wir begrüßen daher ausdrücklich, die Initiative des SPD-Abgeordneten Christoph Schulze, das Thema Schallschutz und Gesundheit erneut im Landtag zu thematisieren. Auch wenn dieser inzwischen nicht mehr Mitglied ihrer Fraktion ist. Aber auch das ist ja nur ein weiterer Beleg für den katastrophalen Umgang der SPD mit dem Thema Flughafen. Solche Initiativen jedenfalls sind richtig und sie sind notwendig. Und zwar so lange, bis eine ausreichende Nachtruhe gewährleistet ist und die Bürgerinnen und Bürger endlich einen angemessenen Schallschutz erhalten haben! Doch gehen wir die Anträge der Reihenfolge nach durch:

Der erste Antrag mit dem Titel „Die Gesundheit der Bürger schützen" deckt sich stark mit unseren Forderungen vom Januar, dass das Gutachten des Umweltbundesamtes durch die Landesregierung umfassend geprüft werden soll. Eine Stellungnahme durch die Landesregierung, aus der hervorgeht, warum bestimmte Forderungen umgesetzt werden sollen, oder auch nicht, unterstützen wir ebenfalls. Es wird außerdem nochmals die Notwendigkeit eines Nachtflugverbotes von 22h bis 06h aufgegriffen.

Eine Änderung des Landesentwicklungsprogramms und ein Verfahren zur Änderung des Planfeststellungsbeschlusses können hier sinnvolle Instrumente darstellen. Es wird den Koalitionsfraktionen nochmals die Gelegenheit gegeben, sich für ein weitreichendes Nachtflugverbot auszusprechen. Die Gesundheitsrisiken durch nächtlichen Flugverkehr, die unsicheren Flugverkehrsprognosen und die zögerliche Umsetzung des Schallschutzprogramms, meine Damen und Herren, machen ein Nachtflugverbot von 22h bis 06h jetzt notwendiger denn je.

Kommen wir zum zweiten Antrag mit dem Titel „Fluglärm begrenzen – Gesundheit der Anwohner schützen – 3. Start- und Landebahn des Flughafens BER ausschließen". Diese Forderung war bereits Bestandteil unseres Entschließungsantrags zum Businessplan des Flughafens im September letzten Jahres. Die vorliegende Formulierung geht jetzt noch einen Schritt weiter und fordert eine gesetzliche Verankerung. Hierdurch erlangt der Ausschluss einer dritten Start- und Landbahn eine noch höhere Verbindlichkeit. Und da auch SPD und LINKE in ihrem eigenen Antrag vom Dezember eine dritte Start- und Landebahn ausschließen, dürfte einer entsprechenden Beschlussfassung ja eigentlich nichts im Wege stehen.

Der dritte Antrag betrifft das Verschonen der Ortsmitte von Blankenfelde-Mahlow vor doppelter Überfliegung. Dieser Antrag gilt der am allerstärksten von Fluglärm betroffenen Gemeinde. Blankenfelde-Mahlow wird doppelt überflogen, von Abflügen und Anflügen. Da die Flugzeuge nur in 200m Höhe über die Dächer donnern werden, ist von einer erheblichen Belastung der Anwohnerinnen und Anwohner auszugehen. Wir sehen es ebenfalls vor allem als sehr kritisch an, dass die Flugzeuge unmittelbar über das Ortszentrum fliegen sollen. Entscheidungen über bestimmte Flugrouten zu treffen, ist unserer Ansicht nach aber nicht Aufgabe des Landtages. Die Kompetenzen liegen hier bei der Deutschen Flugsicherung, der Fluglärmkommission und dem Bundesaufsichtsamt. Es handelt sich hier also um eine äußerst komplexe Thematik, die viele Variablen und Abhängigkeiten mit sich bringt. Die positive Entlastung für Blankenfelde-Mahlow wird aus ihrem Antrag deutlich, jedoch nicht, welche negativen Konsequenzen sich gegebenenfalls für andere Gemeinden hieraus ergeben.

Um die Belastungen für Blankenfelde-Mahlow, aber auch andere Gemeinden zu senken, muss aus unserer Sicht der abhängige Betrieb im Allgemeinen Vorrang haben. Diese Möglichkeit wird in der Begründung Ihres Antrages aufgegriffen. Leider ist er aber nicht zentrales Anliegen Ihres Antrages. Es gibt dazu allerdings einen Beschluss aus dem Dezember-Plenum. Ich zitiere:

„Die Landesregierung setzt sich aktiv dafür ein, dass eine Doppelbelastung durch An- und Abflüge im direkten Umfeld des Flughafens weitgehend vermieden wird." Weiterhin „setzt [sie] sich aktiv dafür ein, dass der Betriebsablauf auf beiden Bahnen optimiert wird, um eine möglichst geringe Lärmbelastung zu erreichen. Dazu sollte die Konzentration auf möglichst jeweils eine Start- und Landebahn für An- und Abflüge im Wechsel geprüft werden. Durch eine differenzierte Bahnbelegung sollen die Anwohner zusätzlich vor Lärm geschützt werden."

Der uns kürzlich zugegangene Schriftverkehr des Infrastrukturministeriums lässt allerdings aktuell leider das Gegenteil vermuten. Das Bundesaufsichtsamt hat in einem Schreiben vom 4. November 2011 Möglichkeiten aufgezeigt, den vollständig parallel-unabhängigen Betrieb der beiden Pisten einzuschränken. Im Antwortschreiben des Ministeriums steht, ich zitiere:

„Wie das Bahnsystem im Einzelnen auch in Verkehrsspitzen von der Flughafengesellschaft und der Flugsicherung durch Festlegung geeigneter Betriebs- und Flugverfahren bewirtschaftet wird, obliegt alleine ihnen..."

George Orwell hätte dafür eine Wortschöpfung parat: Doppelsprech. Das gilt übrigens auch für den Beitrag der Abgeordneten Wehlan.

Wir wissen, dass es sich hier um hochkomplexe Entscheidungen handelt, die man nicht aus dem Bauch heraus treffen kann. Das entbindet das Ministerium aber nicht von seiner Verantwortung, sich intensiv mit diesen Themen auseinanderzusetzen und sich gegebenenfalls Rat von Experten zu holen. Wir würden gerne heute von Herrn Vogelsänger erfahren, welche Möglichkeiten die Landesregierung aktuell nutzt und bisher genutzt hat, um Doppelbelastungen der Gemeinden zu reduzieren und in welcher Form sich die Landesregierung für einen abhängigen Parallelbetrieb einsetzt? Wir haben leider auch hier das Gefühl, dass Sie abwarten, statt zu handeln. Dass Sie die Verantwortung ein weiteres Mal auf andere abschieben.

Insgesamt gesehen haben wir also, was den Schallschutz der Bürgerinnen und Bürger angeht, kurz vor Eröffnung des Flughafens eine äußerst beunruhigende Situation. Wir bitten daher um Zustimmung zu den Anträgen „Die Gesundheit der Bürger schützen" und Ausschluss einer dritten Start- und Landebahn.

Zu letzterem haben wir zudem einen namentliche Abstimmung beantragt, weil diese Entscheidung von einer äußerst langfristigen Tragweite sein wird und diese auch jetzt jedem einzelnen Abgeordneten bewusst sein sollte. Und ich hoffe, dass die Abwesenheit von über 10% der Abgeordeneten eine zufällige Erscheinung ist.

Beim Antrag zu Blankenfelde-Mahlow sind wir wie bereits erläutert der Auffassung, dass es hier nicht neuer Beschlüsse sondern Vollzug bedarf – wir werden uns daher enthalten.

Der Entschließungsantrag von SPD und Linke ist wie schon der im Dezember gefasste eine Ansammlung weichgespülter Worthülsen ohne Sicherheit für die Flughafenanrainer. Wir werden ihn daher ablehnen.

Vielen Dank!