>> Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Initiative für einen zukunftsfähigen und modernen Radverkehr in Brandenburg
Es gilt das gesprochene Wort!
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste!
"Bei keiner anderen Erfindung ist das Nützliche mit dem Angenehmen so innig verbunden, wie beim Fahrrad.“
Das ist nicht etwa ein Zitat von Jan Ullrich oder Lance Armstrong. Dieses Zitat stammt von Adam Opel, der ja nun wirklich nicht im Verdacht seht ein Fahrradlobbyist gewesen zu sein.
In der Tat kombiniert das Fahrrad umweltverträglich e Nahmobilität, Ressourcenschonung und touristische Wertschöpfung: Es ist preiswert, sowohl in der Nutzung als auch in der Bereitstellung der Infrastruktur. Wesentlich preiswerter als jedes andere Verkehrsmittel.
Es ist umweltfreundlich, denn Radfahren verursacht weder Lärm noch Abgase. Es leistet somit einen Beitrag zum Klimaschutz, zur Verbesserung derUmwelt und der Lebensqualität.
Radfahren ist gesund: Jedenfalls dann, wenn Radfahrerinnen und Radfahrer sich nicht aufgrund mangelnder Radwege dem Blech-Tsunami aussetzen müssen, der täglich über viel befahrene Landstraßen rollt und dabei Leib und Leben riskieren. Und schließlich ist das Fahrrad auch ein Wirtschaftsfaktor. Radverkehrsförderung ist Wirtschaftsförderung, das ist unter anderem auch im „Zweiten Fahrradbericht“ der Bundesregierung nachzulesen. Aufgrund der hohen Anziehungskraft des Fahrradtourismus gilt dies insbesondere für die Urlaubsregion Brandenburg. Fahrradfreundlichkeit ist somit auch ein bedeutsamer Standortfaktor.
Die Wertschätzung, die der Autobauer Opel dem Fahrrad entgegen brachte, wird vom
Infrastrukturministerium unseres Landes bislang leider nicht geteilt. Die Vernachlässigung des Themas ist bereits an der Webseite des Ministeriums zu erkennen. Der Link zum Thema
Fahrradverkehr ist auf der Startseite überhaupt nicht und auf der Unterseite Verkehr erst ganz unten in der Rubrik „Wissenswertes rund ums Thema Verkehr“ zu finden. Und das obwohl das Ministerium erklärt, zentrales Ziel der Brandenburg er Verkehrspolitik sei – Zitat:
„die Gewährleistung einer nachhaltigen Mobilität der Bevölkerung (...)“
In einem wirklich nachhaltigen Mobilitätskonzept müsste das Fahrrad aber aus den genannten Gründen ein zentrales Element sein!!
Laut Bundesverkehrsministerium ist fast die Hälfte aller Autofahrten in kürzerer Zeit und sehr viel preiswerter mit dem Fahrrad zu erledigen. Dies gilt insbesondere für die sehr häufig gefahrenen Strecken unter sechs Kilometern. Wegen des überproportionalen Spritverbrauchs kann auf diesen Distanzen besonders viel CO2 eingespart werden, in Deutschland mittelfristig fünf bis sechs Millionen Tonnen pro Jahr. Deshalb müsste der Radverkehr auch Bestandteil einer Energiestrategie sein, die diesen Namen verdient. Es gibt innerörtlich keine kostengünstigere Maßnahme zur CO2-Einsparung beim Verkehr, als den Ausbau des Radverkehrs.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ziel unseres Antrages ist ein umfassendes Konzept für einen modernen Radverkehr in Brandenburg. Wir wollen der Landesregierung ihre Zuständigkeiten in diesem Bereich in Erinnerung rufen und insbesondere vor der bald wieder anstehenden Haushaltsdebatte im Infrastrukturbereich das Fahrrad als kostengünstiges Verkehrsmittel ins Bewusstsein rücken.
Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, bis Frühjahr 2011 einen detaillierten Radverkehrsplan vorzulegen. Die bisher existierende Radwegebedarfsliste ist nicht ausreichend und wurde zudem nur unzureichend umgesetzt.
Zu den zentralen Zuständigkeiten der Landesregierung im Radverkehr zählt der Bau von Radwegen an Landesstraßen. Radwege sind im Interesse der Sicherheit der Radfahrerinnen und Radfahrer unabdingbar, denn nur sie können die Gefahr verringern, die aus gegenseitiger Behinderung von Rad- und Kfz-Verkehr entsteht. Radfahrerinnen und Radfahrer gehören nach wie vor zu den gefährdetsten Teilnehmern im Straßenverkehr. Die Bedeutung des Fahrrads für ein nachhaltiges Verkehrskonzept ist deshalb so hoch, weil es sich optimal mit Bus und Bahn verbinden lässt. In der Theorie zumindest. Die Praxis sieht leider häufig anders aus. Für Pendlerinnen und Pendler fehlen kostengünstige Möglichkeiten für die Fahrradmitnahme in Bus und Bahn wie auch geeignete Fahrradabstellanlagen an den Haltepunkten.
Dies ist insbesondere für ein Land wie Brandenburg, aus dem sehr viele Menschen täglich in die Bundeshauptstadt pendeln, von zentraler Bedeutung. Hier ist die Landesregierung in der Pflicht in Verhandlungen mit den ÖPNV-Anbietern die entsprechenden Verbesserungen zu erzielen.
Dies ist auch für die Förderung des Fahrradtourismus unabdingbar. Denn dieser spielt in Brandenburg eine bedeutende Rolle. Deshalb muss die Landesregierung in Zusammenarbeit mit den Kommunen die touristischen Radwege stärken. Hierfür müssen zunächst
Lückenschlüsse innerhalb einzelner Routen und Verbindungen zwischen Routen erfolgen. Auch regelmäßige Pflege- und Instandhaltungsmaßnahmen sind unabdingbar. Zudem brauchen wir endlich ein Beschilderungskonzept für überörtliche Radwege.
Eine besondere Bedeutung für den Fahrradtourismus kommt der Vollendung des 160 Kilometer langen Mauerradwegs auf dem ehemaligen Grenzstreifen zu.
Der Mauerradweg, ist nicht nur für den Tourismus und damit für die regionale Entwicklung wichtig, sondern ist auch von herausragender historischer Bedeutung. Er ist ein Beispiel dafür, wie man Politik, Kultur und Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes erfahren kann. Es liegt an der Landesregierung dieser Bedeutung Rechnung zu tragen.
Der Mauerradweg, der als Vorreiterprojekt eines sanften Städtetourismus gilt, genießt europaweit Vorbildcharakter. So ist er Vorbild nicht nur für das 1.400 Kilometer lange Projekt „Deutsch-Deutscher-Radweg“, sondern auch für den knapp 7.000 Kilometer langen „Europa-Radweg Eiserner Vorhang“, der sich von der Barentssee bis zum Schwarzen Meer erstreckt.
Für die Schließung der letzten Lücke wird dringend eine Unterquerung der Dresdner Bahntrasse in der Gemeinde Blankenfelde-Mahlow benötigt und angesichts des laufenden Planfeststellungsverfahrens für die Dresdner Bahn drängt hier die Zeit.
Doch bislang mangelt es der Landesregierung offenbar an politischem Willen. Geld ist hierbei lediglich ein vorgeschobenes Problem: Denn für die Unterquerung können Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe 'Förderung der regionalen Wirtschaft' (GRW) beantragt werden. Neunzig Prozent der Kosten würden somit vom Bund und der EU bezahlt, nur zehn Prozent wären als Eigenmittel zu schultern. Bei Baukosten von weniger als 750.000 Euro wäre das auch in Zeiten klammer Kassen machbar. Zumal die Kommune Blankenfelde-Mahlow bereits ihre Beteiligung an den Kosten mit 100.000 Euro zugesagt hat. Bisher blockieren die beteiligten Akteure das Projekt durch gegenseitiges Zuschieben der Zuständigkeit. Ich fordere daher die Landesregierung nochmals auf, endlich zu handeln und dieses wertvolle historische Projekt nicht scheitern zu lassen!!
Der Radverkehr erfreut sich zwar im Allgemeinen großer Beliebtheit, auch bei Politikern und Politikerinnen. Doch die Lippenbekenntnisse werden, wenn es konkret wird, all zu oft vergessen. Mit der Überweisung unseres Antrags in den Infrastrukturausschuss sowie – und hier nehmen wir den Vorschlag der Linken gerne auf – in den Wirtschaftsausschuss haben wir die Chance tatsächlich konkret zu werden und dann auch möglichst mit der Schaffung eines eigenen Haushaltstitel die Finanzierung des Radverkehrs in Brandenburg verlässlicher und transparenter zu gestalten.
Daher bitte ich Sie, dieser Überweisung zuzustimmen. Vielen Dank.