Zum Inhalt springen

Hinweis: Diese Website wird nicht mehr aktualisiert und dient als Archiv. Weitere Informationen →

Michael Jungclaus spricht zum Antrag „Einführung von Mindestabständen und –faktoren für Windkraftanlagen zur Wohnbebauung“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Unsere Fraktion wird dem vorliegenden Antrag ebenfalls nicht zustimmen. Und zwar deshalb, weil er darauf abzielt, den notwendigen Ausbau der Windenergie zu verteuern beziehungsweise vollständig abzuwürgen. Die Landesregierung sollte sich daher sowohl hier als auch im Bundesrat deutlich gegen diesen Antrag aussprechen.

Auf den ersten Blick liest sich der Antrag natürlich ganz nett.

Es soll ein gerechter Ausgleich geschaffen werden, zwischen der Förderung der Erneuerbaren einerseits und dem Schutz vor optisch erdrückender Wirkung andererseits, um so die Akzeptanz zu erhöhen.

Aber sind länderspezifische höhenbezogene Mindestabstandsfaktoren hierfür der richtige Weg? Oder wird hier nur eine durchsichtige Wahlkampf-Steilvorlage aus Bayern aufgegriffen?

Der Initiator des Ganzen, Ministerpräsident Seehofer, bangt in Bayern um seine Mehrheit. Und die Unions-Partner aus Brandenburg springen nun auf den Zug auf, um auch hier ein paar Wählerstimmen mehr abzufischen. Schließlich haben wir in Brandenburg ja auch einigen Widerstand gegen die Windenergie.

Es darf allerdings bezweifelt werden, dass es keinen Widerstand mehr gegen Windkraftanlagen gibt, wenn der vorliegende Antrag umgesetzt werden würde.

Entscheidend ist doch vielmehr, die Bürgerinnen und Bürger stärker in die Planungsprozesse mit einzubeziehen. Und dazu gehört vor allem, dass die Regionalen Planungsstellen so ausgestattet werden, dass sie ihren Aufgaben gerecht werden können.

Mit den vier bis fünf Stellen je Region ist dies jedoch zur Zeit nicht gewährleistet.

Ein weiterer Faktor zur Erhöhung der Akzeptanz wäre, die Erlöse der Anlagen noch stärker als bisher in die Standortgemeinden fließen zu lassen. Eine Erhöhung des Gewerbesteueranteils am Anlagenstandort kann hierzu ebenso beitragen wie freiwillige Stiftungsmodelle für soziale und kulturelle Zwecke.

Das, meine Damen und Herren, sind die Stellschrauben, um die wir uns kümmern sollten.

Die Hürden, die Betreiber einer Windkraftanlage überwinden müssen, um eine Genehmigung zu erhalten, sind bereits jetzt berechtigterweise sehr hoch. Trotzdem garantiert das jetzige Verfahren Transparenz und Objektivität.

Wenn nun aber jedem Bundesland die Möglichkeit eingeräumt werden soll, selbst Regeln aufzustellen, nach denen die Genehmigungsfähigkeit von Windkraftanlagen beurteilt werden soll, wird diese Objektivität aufgekündigt. Eine von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche „Gefühlsformel" soll nach dem Willen von Seehofer und Tillich den Mindestabstand von Windenergieanlagen zur Wohnbebauung regeln.

Ein Mindestabstand von der zehnfachen Gesamthöhe, wie im Antrag vorgeschlagen, würde bedeuten, dass sich Länder wie Bayern und Nordrhein-Westfalen komplett aus dem weiteren Ausbau der Windenergie zurückziehen könnten. Die Folge wäre das Gegenteil des Gewollten. Ein erhöhter Druck auf Brandenburg, Flächen für die bayrische Energiewende bereitzustellen oder, sich mit noch restriktiveren Abstandsregeln ebenfalls aus der solidarischen Lastenverteilung der Energiewende zu verabschieden.

Für Uckermark-Barnim wurde beispielsweise berechnet, dass schon bei einem Mindestabstand von 1.500 m weniger als 0,5 % der Fläche statt der benötigten 2% als Windeignungsgebiet verbleiben.

Der Ausbau der Windenergie an Land käme weitgehend zum Erliegen. Stattdessen müsste man noch stärker auf die wesentlich teureren Offshore-Anlagen zurückgreifen. Arbeitsplätze und lokale Wertschöpfung werden an die Küste verlagert.

Sicherlich muss der Gesundheitsschutz vor wirtschaftlichen Interessen stehen. In die Gesamtabwägung müssen Sie dann aber auch die Gesundheitsfolgen bei den Alternativen Kernkraft und Fossile Energieträger mit berücksichtigen.

Ihr Antrag würde in Brandenburg nicht nur das 2%-Ziel in Frage stellen. Er hätte auch zur Folge, dass wieder vermehrt kleinere, weniger effizientere Anlagen zum Einsatz kommen und damit die Kosten für Windenergie-Strom steigen. Wer fordert nochmal im übernächsten Tagesordnungspunkt, die Strompreise zu stabilisieren? Dann bitte ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU: Gehen Sie doch einfach mal mit guten Beispiel voran und ziehen den vorliegenden Antrag zurück.

Vielen Dank!

Redemanuskript als PDF