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Michael Jungclaus spricht zum Antrag unserer Fraktion "Vollständige Sicherheitsüberprüfung des Berliner Forschungsreaktors vor Entscheidung über Weiterbetrieb"

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>>> Der Antrag unserer Fraktion als pdf

- Es gilt das gesprochene Wort ! -

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste!

Die Gefahren der Atomenergie machen nicht vor Ländergrenzen halt und mit dem Forschungsreaktor in Berlin-Wannsee steht eine Atomanlage unmittelbar an unserer Landesgrenze. Das Betondach des Reaktors hält 75 Kilogramm pro Quadratmeter aus, dass entspricht in etwa dem Gewicht einer hohen Schneedecke. Einem Flugzeugabsturz oder einem Anschlag hält dieses Bauwerk jedenfalls höchstwahrscheinlich nicht stand.

Und da der Evakuierungsradius laut des bestehenden Notfallplans auch Brandenburger Gebiet betreffen würde, müssen wir uns auch hier im Landtag mit dem Thema auseinandersetzen und deshalb haben wir den vorliegenden Antrag eingebracht. Wir müssen die Sicherheit der Anlage und die potenziellen Folgen im Katastrophenfall neu bewerten und daraus die notwendigen Konsequenzen ziehen.

Zur Zeit sollen im Zuge des Atom-Moratoriums alle siebzehn Kernkraftwerke in der Bundesrepublik auf ihre Sicherheit überprüft werden. Zusätzlich werden auch die Forschungsreaktoren mit einbezogen. Die bislang von Bundesumweltminister Röttgen vorgelegte Prüfliste ist aber dafür keine ausreichende Grundlage. Hier werden lediglich Themenbereiche aufgelistet, denen man sich in den nächsten Wochen widmen möchte. Dieser Mangel an klaren Kriterien zeigt deutlich, dass wir uns auch in Deutschland bezüglich der Reaktorsicherheit nach wie vor auf wackeligem Grund befinden.

Deshalb fordern wir mit unserem Antrag die Landesregierung auf, ihren Einfluss im ebenfalls Rot-Rot regierten Berlin geltend zu machen, um eine weitergehende und strengere Sicherheitsüberprüfung des Forschungsreaktors in Wannsee durchzuführen zu lassen.

Der Berliner Senat ist Miteigentümer des über 40 Jahre alten Reaktors und ist gleichzeitig auch Atomaufsichtsbehörde. Er hat damit die Verantwortung für die Reaktorsicherheit. Er muss eine vollständige und grundsätzlich ergebnisoffene Sicherheitsüberprüfung vornehmen und zwar auf der Grundlage des seit 2009 bestehenden „Neuen Kerntechnischen Regelwerks".

Dieses ist leider von Schwarz-Gelb noch immer nicht in Kraft gesetzt. Dabei ist die Erprobungsphase dieses untergesetzlichen Regelwerks laut Bundesumweltministerium bereits abgeschlossen.

Zu berücksichtigen sind zudem jeweils die weitergehenden Anforderungen, die die Reaktorsicherheitskommission bei der Überprüfung der Reaktoren im Rahmen des Moratoriums anlegt.

Und bei all dem muss es heißen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Sicherheit geht vor Schnelligkeit.

Der ohnehin aufgrund von Umbaumaßnahmen derzeitig stillgelegte Forschungsreaktor darf nicht eher wieder hochgefahren werden, bevor nicht die Ergebnisse der Prüfung vorliegen und bewertet wurden. Erst dann darf entschieden werden, ob er weiter betrieben werden kann. Zusätzlich muss geklärt werden, welche zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen zur Wiederaufnahme des Betriebs notwendig sind. Und dieser Prozess muss kontinuierlich von der Brandenburger Landesregierung begleitet werden und der Öffentlichkeit transparent gemacht werden.

Aber noch etwas ist in Wannsee zur Zeit unklar: Auch in diesem vergleichsweise kleinen Forschungsreaktor fällt selbstverständlich radioaktiver Müll an, dessen dauerhafter Verbleib ebenfalls nicht abschließend geklärt ist. Die Kapazitäten der Sammelstelle auf dem Gelände für leicht- und mittelradioaktive Abfälle sind nahezu erschöpft. Und wir halten ein solches Zwischenlager inmitten dieses dicht besiedelten Metropolenraums Berlin-Brandenburg grundsätzlich für nicht tragbar.

Es ist ja kein Geheimnis, dass wir Bündnisgrünen grundsätzlich davon überzeugt sind, dass auch mit verschärften Sicherheitsanforderungen Störfälle und atomare Katastrophen nicht auszuschließen sind. Die Atomenergie ist und bleibt eine Risikotechnologie, deren Folgen – insbesondere für nachfolgende Generationen – nicht kalkulierbar sind. Deshalb ist es jetzt besonders wichtig, den breiten gesellschaftlichen Konsens über einen schnellstmöglichen Atomausstieg durch politischen Druck auf die schwarz-gelbe Regierungskoalition in Berlin zu unterstützen. Eine geschlossene Haltung des Brandenburger Landtags wäre auch in dieser Hinsicht ein klarer Appell an die Bundesregierung.

Beim Entschließungsantrag der Koalition freut uns, dass er größtenteils unsere Forderungen aufnimmt. Allerdings nimmt er beim entscheidenden Punkt völlig unverständlich Abstand von unserer Forderung nach einer Überprüfung nach den Kriterien des „Neuen Kerntechnischen Regelwerks". Das irritiert insofern, da der SPD-Parteivorsitzende Gabriel sich auf Bundesebene sehr für den Einsatz dieses Regelwerks einsetzt. Stattdessen begrüßen Sie aber in ihrem Entschließungsantrag die Überprüfung anhand der Prüfliste der Reaktorsicherheitskommission.

Wie man unschwer der Diskussion in den vergangenen Tage entnehmen konnte, fällt diese aber sogar noch weit hinter den Ankündigungen von Umweltminister Röttgen zurück. Statt klarer Anforderungen, denen sich die deutschen Atomkraftwerke stellen sollen, listet das Papier lediglich Themenbereiche auf, denen man sich in den kommenden Wochen widmen will. Als Basis für eine Prüfung, an deren Ende ein klares Ergebnis stehen soll, taugt die schwammige Liste der Reaktorsicherheitskommission nicht. Das, liebe Kollegen der Koalition wird kein Stresstest, sondern ein Kaffeekränzchen!

Der jetzt notwendige Schritt in die richtige Richtung wäre, das neue kerntechnische Regelwerk als neuen Mindestmaßstab für die Atomsicherheit unverzüglich in Kraft zu setzen.

Deshalb werde wir ihrem Antrag nicht zustimmen. Aber da sie in diesem - man möchte fast sagen Rollentausch – aber schwarz-gelbe Bundespolitik vortragen, werden dafür ja sicherlich CDU und FDP ganz an ihrer Seite sein. Vielen Dank!