>>> Zur Dokumentation unserer Tagung "Mark(e) der Vielfalt" am 21.9.2010
- Es gilt das gesprochene Wort! -
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Gäste,
„Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach". Pünktlich zur gestrigen Eröffnung der Dekade der biologischen Vielfalt durch das Bundesumweltministerium erkennt Brandenburg die Zeichen der Zeit und ich freue mich darüber, dass der Bündnisgrüne Antrag vom Oktober 2010 zur Entwicklung einer Landesstrategie für den Erhalt der biologischen Vielfalt nun endlich in einen gemeinsamen Antrag aller Parteien mündet.
Die Taube namens „Landeseigene Strategie" wäre aus unserer Sicht natürlich am besten dafür geeignet gewesen, die „Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt" auf die Landesebene herunterzubrechen. Denn der Verlust der biologischen Vielfalt (so unser früherer Bundesumweltministers Töpfer) ist noch bedrohlicher für uns Menschen als der allseits diskutierte Klimawandel. Eine Landesstrategie hätte diesem Anliegen den angemessenen Stellenwert verliehen.
Aber nun zum „Spatzen": Das von allen Fraktionen gemeinsam formulierte Vorhaben, den Erhalt der biologischen Vielfalt beim Nachhaltigkeitsbeirat anzusiedeln. Thematisch ist das Thema an dieser Stelle richtig verortet. Es wird aber vor allem darauf ankommen, dass wir hier in absehbarer Zeit auch zu Ergebnissen kommen. Die Nachhaltigkeitsstrategie ist bekanntlich noch in ihrer Erarbeitung begriffen und soll bis zum Ende der laufenden Legislatur, also bis 2014 vorgelegt werden.
Bereits im Dezember 2006 hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen das Jahr 2010 zum Internationalen Jahr der Biodiversität erklärt. Ein Jahr später beschloss die Bundesregierung eine nationale Biodiversitätsstrategie. Leider ist seitdem viel Zeit verflossen. Zeit, in der erneut viele Tier- und Pflanzenarten ausgestorben sind.
Auch in Brandenburg ist die Bilanz aus den bisherigen Bemühungen ernüchternd. Trotz einiger Erfolge wie beispielsweise bei Wolf, Biber und Seeadler ist es nicht gelungen, den Rückgang der Artenvielfalt entscheidend zu verlangsamen. Der Verlust der Artenvielfalt und ihrer Lebensräume geht weiter. Wir wollen aber nicht Spatz oder, sondern und Taube.
Rund die Hälfte aller in Brandenburg vorkommenden Tier- und Pflanzenarten muss heute mindestens als gefährdet angesehen werden. Acht Prozent hiervon gelten als stark gefährdet und für zehn Prozent wird angegeben, dass sie vom Aussterben bedroht sind.
Was heißt das für den Auftrag, der im Antrag für den Nachhaltigkeitsbeirat und an die Landesregierung formuliert wird?
Wichtig sind unserer Überzeugung nach:
die Benennung von überprüfbaren Zielen,
die Festlegung eines Zeithorizonts für die Umsetzung der Ziele,
ein konkreter Maßnahmenkatalog und vor allem: Es muss schnell gehen!!
Wir wissen ja alle, an welchen Stellschrauben man kurzfristig drehen kann.
Zu den Hauptursachen für den Verlust von Arten und ihren Lebensräumen gehören bekanntlich die steigenden Nährstoff- und Schadstoffeinträge, eine negative Wasserbilanz in Feuchtgebieten sowie die zunehmende Flächenversiegelung und Freiraumzerschneidung. Die industriell betriebene Landwirtschaft, der Braunkohletagebau und die sinkenden Grundwasserpegel sind in Brandenburg wesentliche Faktoren für den Verlust an Biodiversität. Und auch Gentechnik gehört definitiv nicht auf Brandenburgs Felder.
Wenn wir es ernst meinen mit dem Erhalt der biologischen Vielfalt, sollte das Land seine Vorbildfunktion wahrnehmen und - wie von der Bundesregierung gefordert – mindestens zehn ? Prozent seiner in Landesbesitz befindlichen Waldfläche in Wildnisgebiete umwidmen. Hier wurde aber bisher noch nicht einmal das selbst gesteckte Ziel von zwei Prozent der Landesfläche erreicht.
Diese Aufzählung zeigt, dass die Worte auch von Taten begleitet werden müssen, wenn wir es ernst meinen mit dem Erhalt der biologischen Vielfalt, der letztlich dem Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen gleichkommt.
Vielversprechend beim Nachhaltigkeitsbeirat ist seine ressortübergreifende Besetzung und die Verknüpfung an eine nachhaltige Wirtschaftsweise. Wer langfristig denkt, wird auch den ökonomischen Wert der biologischen Vielfalt erkennen und angemessen einbeziehen. Denn auch wenn es heute großer Anstrengungen bedarf, Fehlentwicklungen rückgängig zu machen, so wird doch langfristig ein Vielfaches an Kosten gespart.
Und nur wenn uns dies bewusst ist, schaffen wir es, dass aus dem Spatz am Ende vielleicht sogar ein Seeadler wird.
Vielen Dank.