>>> der bündnisgrüne Antrag als pdf
Es gilt das gesprochene Wort! -
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Gäste
Viel Papier mit wenig Inhalt, so lautet unser Resume der bisher von rot-rot beschlossenen Anträge zum Flughafen BER. In dem vorliegenden Änderungsantrag listen sie sieben Anträge als Beleg für ihre Geschäftigkeit auf. Die Initiative für die Behandlung der Themen im Landtag kam allerdings leider kein einziges Mal von SPD oder LINKEN. All diese Anträge sind auf Druck von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, einzelner Abgeordneter und in letzter Zeit auch der CDU-Fraktion hin verfasst worden. Sie haben also stets nur reagiert anstatt zu agieren! Doch wie haben sie bisher reagiert?
Sie haben sich gegen ein Nachtflugverbot von 22h bis 06h ausgesprochen, der Maßnahme, die am meisten zum Lärmschutz der Bürgerinnen und Bürger beitragen würde. Sie verweisen darauf, dass weitergehende Nachtflugbeschränkungen auf Bundesebene geregelt werden müssten - aktiv werden Sie in diese Richtung aber auch nicht. Unseren Antrag für eine Bundesratsinitiative haben Sie abgelehnt, obwohl wir es Ihnen mit einem nahezu wortgleichen Antrag zu dem Ihrigen einfach machen wollten. Ihre Forderung an den Bund wurden spätestens damit als vorgeschobene Scheinargumnete enttarnt.
Und beim Thema Schallschutz? Seit Mai 2011 ist bekannt, dass die Schallschutzmaßnahmen der Bürgerinnen und Bürger auf Grundlage eines unzureichenden Schutzniveaus berechnet werden. Der Flughafen rechnet mit einer 6-fachen Überschreitung des Maximalpegels von 55 dB(A) tags im Rauminneren, im Planfeststellungsbeschluss steht jedoch: keine Überschreitung. Das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft räumt ein, dass die Flughafengesellschaft hier einen Fehler begeht. Ministerpräsident Platzeck hat es als Aufsichtsratsmitglied aber bisher versäumt, ein Machtwort zu sprechen und die Flughafengesellschaft zur Einsicht zu bewegen. Mittlerweile stehen wir nun vor der paradoxen Situation, dass die Flughafengesellschaft einen Klarstellungsantrag eingereicht hat, um genau diese Frage des Schutzniveaus zu klären. Das Land ist aber mit 37 Prozent Gesellschafter des Flughafens. Also stellen sie jetzt einen Antrag zur Klarstellung an sich selbst um sich dann selbst zu erklären was sie denn nun eigentlich wollen. Das versuchen sie mal da draußen noch irgendjemand zu erklären.
Die Umsetzung des Schallschutzprogramms ist bisher aber nicht nur fehlerhaft, sondern auch viel zu langsam. Seit 2006 haben Sie Zeit gehabt, den im Planfeststellungsbeschluss festgeschriebenen Lärmschutz umzusetzen. Aber kurz vor Eröffnung des Flughafens haben bisher nur ca. 1.000 von immerhin über 25.000 Schallschutzmaßnahmen tatsächlich eingebaut und erstattet bekommen. Schneckentempo ist im Vergleich zu diesem Agieren Highspeed!
Und die Flughafengesellschaft? Sie sieht ihre Aufgabe erfüllt, da ja alle Kostenerstattungsvereinbarungen vor Inbetriebnahme des Flughafens an die Antragsteller versandt wurden. Nun sei die Mitwirkungspflicht der Anwohnerinnen und Anwohner gefragt, die diese unterschreiben müssten. Kurz gesagt: Die Betroffen sind selber schuld wenn sie noch keinen Schallschutz erhalten haben!
Da das zu Grunde gelegte Schutzniveau aber unzureichend ist und in den Kostenerstattungsvereinbarung Abgeltungsklauseln enthalten sind, sind viele Betroffene verunsichert, was dazu führt, dass sie die Kostenerstattungsvereinbarung eben nicht unterschreiben. Und es ist zynisch, den Betroffenen bei falschen und uneindeutigen Vereinbarungen eine mangelnde Mitwirkungspflicht vorzuwerfen.
Wir begrüßen dahingehend den Änderungsantrag von SPD und Linke, die die Formulierungen zum Anspruchsverzicht in den Vereinbarungen streichen lassen wollen. Wir hätten uns aber auch eine konkrete Nennung des einzuhaltenden Schutzniveaus in Ihrem Änderungsantrag gewünscht. Die Interpretationen des Planfeststellungsbeschlusses fallen ja durchaus unterschiedlich aus, wie wir leider feststellen durften. Doch was schreiben sie diesbezüglich in Ihren Antrag? Die Landesregierung soll bei ihrer Position bleiben. Aber welche Position ist das denn genau. Warum schreiben sie denn nicht rein Schutzniveau gleich keinmal überschreiten. Das wäre doch mal eine klare Ansage gewesen die den Betroffenen vor Ort etwas gebracht hätte. Stattdessen wieder das übliche Rumgeeiere. Und deshalb ist der Antrag der Abgeordneten Götz und Schultze auch die richtige Initiative.
Ein Schritt in die richtige Richtung ist die von Ihnen vorgeschlagene Schlichtungsstelle. Leider setzt diese jedoch erst an, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Das Schallschutzprogramm beim Flughafen anzusiedeln, bedeutete den Bock zum Gärtner machen. Da die Umsetzungspraxis gezeigt hat, dass es nicht funktioniert, haben wir mit unserem Änderungsantrag eine unabhängige Koordinierungsstelle gefordert, welche die Umsetzung des Schallschutzprogramms vollumfänglich übernimmt. Doch auch hier hatten Sie Angst vor der eigenen Courage – herausgekommen ist eine weichgespülte Schlichtungsstelle.
Und wie das Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdienstes vom 16. April ergeben hat, könnten die Aufgaben durchaus auf die unmittelbaren oder zumindest mittelbare Staatsverwaltung übertragen werden, um verbindliche Regelungen treffen zu können. Als Beispiel sei hier das LUGV genannt.
Wir sind sehr skeptisch, ob die Einrichtung einer Schlichtungsstelle wirklich ausreichen wird, um mehr Bürgerinnen und Bürger zur Unterzeichnung der Kostenerstattungsverbarungen zu bewegen. Das Grundübel, dass das Schallschutzprogramm bei der Flughafengesellschaft angesiedelt ist, wird hiermit sicherlich nicht beseitigt.
Da die Schallschutzmaßnahmen als Auflage des Planfeststellungsbeschlusses nicht bis zur Eröffnung des Flughafens umgesetzt sein werden, fordert unsere Fraktion die Zahlung eines Schadensersatzgeldes bis zur Umsetzung der Schallschutzmaßnahmen. Und selbstverständlich gilt als umgesetzt nur, wenn das Kriterium „keine Überschreitung des Maximalpegels von 55 dB(A) tagsüber" eingehalten wird.
Auch wenn der Planfeststellungsbeschluss selbst nicht den Zeitpunkt der Umsetzung festschreibt, so steht doch zumindest im Gerichtsurteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.03.2006, ich zitiere: „Aus dem Regelungszweck ergibt sich, dass die Schutzeinrichtungen jedenfalls zu dem Zeitpunkt vorhanden sein müssen, zu dem die Anwohner ohne sie den Einwirkungen ausgesetzt wären, die es abzuwehren gilt. Das ist der Tag, an dem die neue oder geänderte Verkehrsanlage in Betrieb genommen wird". Zitatende Hiervon sind wir aber noch weit entfernt. Obwohl die Flughafengesellschaft schließlich auch die Möglichkeit gehabt hätte, die Schallschutzmaßnahmen selbst umzusetzen, anstatt den Weg über die Kostenerstattung zu gehen.
Da die Flughafengesellschaft ihrer Pflicht zur Umsetzung der Maßnahmen nicht nachgekommen ist, sehen wir die Zahlung eines Schadensersatzgeldes als Mindestmaßnahme, die der Flughafen den Anwohnerinnen und Anwohnern gegenüber ergreifen sollte. Wohlwissend, dass Geld Lärmschutz nicht ersetzt, kann ein Schadensersatzgeld aber auch als Druckmittel gegenüber dem Flughafen eingesetzt werden, damit die Schallschutzmaßnahmen zügiger umgesetzt werden. Wir fordern daher auch, dass Gemeinden und Bürgerinitiativen die Höhe der Zahlung mitbestimmen sollen.
Alles in allem sehen wir den Änderungsantrag von SPD und LINKEN als viel zu schwach und unkonkret, auch wenn sie sich unter dem Druck von Öffentlichkeit und Opposition zumindest ein kleines Stückchen bewegt haben. So kurz vor Inbetriebnahme brauchen wir aber keine weich gespülten Anträge, sondern Anträge mit Sanktionen, damit wir endlich Taten sehen. Wir werden die Beschlussempfehlung des Ausschusses deshalb ablehnen und bitten gleichzeitigt um Unterstützung der Anträge von CDU und unserer Fraktion sowie der Abgeordneten Götz und Schultze.
Vielen Dank