Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste! Es wäre ja zu schön gewesen, wenn wir einmal keinen Anlass gehabt hätten, das Thema BER im Landtag zu debattieren. Jedoch reißen die Hiobsbotschaften, die unseren Bürgerinnen und Bürgern nichts Gutes verheißen, nicht ab. Insofern ist es leider nur folgerichtig, dass wir das Thema regelmäßig im Landtag diskutieren. Derzeit sind es vor allem die Konsequenzen des Flughafendebakels für unseren Landeshaushalt.
Aber diese Debatte führten wir bereits gestern. Heute geht es in erster Linie um den Schallschutz. Dabei kann man den Vertretern von Berlin, Brandenburg und dem Bund zumindest zugutehalten, dass sie den Versuch anstellen,
in Sachen Schallschutz den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Mit einer vorausschauenden und ehrlichen Flughafenpolitik hätten wir den Sumpf aber komplett aussparen können.
Denn alle Beteiligten wussten spätestens seit Mai 2011, dass mit dem Schallschutzniveau etwas im Argen liegt. Anstatt die Notbremse zu ziehen, wurde erst abgewartet, ab Dezember wurden dann kleine Briefchen verschickt, das war‘s dann aber auch schon.
Unsere Anträge zur Umsetzung des Schallschutzes nach dem Planfeststellungsbeschluss und dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts wurden abgelehnt und stattdessen wurde ein verwässerter Antrag der rot-roten Koalition nach dem nächsten verabschiedet, ohne dass es zu nennenswerten Verbesserungen kam. Der sogenannte Klarstellungsantrag der Flughafengesellschaft zur Aufweichung des Schallschutzniveaus und die Klage gegen den Bescheid der Planfeststellungsbehörde waren dann der Höhepunkt dieser verantwortungslosen Politik.
Ich bin froh, dass sich viele engagierte Bürgerinnen und Bürger das nicht gefallen lassen haben. Trotz der diversen entsprechenden Aufforderungen, Ausschussbefassungen und Anträge bedurfte es erneut eines Gerichtsurteils, damit Bewegung in die verfahrene Situation kam. Nun haben wir es auch vom Gericht schwarz auf weiß, dass es seitens der Flughafengesellschaft zu einer systematischen Verfehlung des Schutzziels gekommen ist. Die Planfeststellungsbehörde braucht also nach etwa anderthalb Jahren Tagträumerei eine Sonderanweisung des Gerichts, um aktiv zu werden. Man fragt sich, warum es Auflagen in Planfeststellungsbeschlüssen gibt, wenn noch nicht einmal die Planfeststellungsbehörde für deren Einhaltung sorgt.
(Beifall GRÜNE/B90)
Wenn die Gesellschafter Brandenburg, Berlin und der Bund den Flughafen betreiben, heißt das noch lange nicht, dass sie einen Freifahrtschein erhalten und tun und lassen können, was sie möchten. Gerade ein öffentlich betriebener Flughafen sollte Vorbildcharakter haben. Alle drei Gesellschafter haben bisher leider vorwiegend das Gegenteil bewiesen.
Doch zurück zum Schallschutzkarren. Im Gegensatz zur Auffassung der Landesregierung sind wir nicht der Ansicht, dass dieser nun komplett aus dem Dreck gezogen wurde. Er steckt dort gewissermaßen mit 0,49 Rädern immer noch fest. Denn die Flughafengesellschaft setzt das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg nach wie vor nicht 1:1 um. Das ist erneut ein Beispiel der Uneinsichtigkeit der Verantwortlichen, dabei ist das Urteil eindeutig. Ich zitiere, auch Gefahr laufend, dass das hier schon wiederholt vorgetragen wurde:
„Der Antragsgegner wird verpflichtet, gegenüber der Beigeladenen im Wege geeigneter aufsichtsrechtlicher Maßnahme sicherzustellen, dass für den Tagzeitraum … in den Kinderzimmern und den kombiniert genutzten Wohnund Schlafräumen der Wohngebäude der Antragsteller ab Inbetriebnahme des Flughafens Berlin Brandenburg bei geschlossenen Fenstern keine höheren A-bewerteten Maximalpegel als 55 dB(A) auftreten.“
Aus keinem macht man nun 0,49 und bedient sich mal wieder der Trickkiste, um sich von übermäßigen Kosten zu befreien. Dieses Mal muss die DIN 1333, die deutsche Rundungsregel, herhalten, um die Vorgehensweise zu rechtfertigen, und das Ganze wird vom Ministerpräsidenten Platzeck als Hauptverantwortlichem von Brandenburger Seite gebetsmühlenartig als exzellenter, noch nie dagewesener Schallschutz verkauft.
Dabei kann man sich schon ungefähr vorstellen, wie dieses Kapitel endet. Sollte das Gericht im Hauptsacheverfahren bestätigen, dass 0 nicht gleich 0,49 ist, haben wir es schon wieder mit zusätzlichen Kosten zu tun, die auf der Unfähigkeit der Verantwortlichen fußen, die richtigen Handlungsanweisungen abzuleiten, die voraussichtlich dazu führen werden, dass der Steuerzahler erneut belastet werden muss.
(Beifall GRÜNE/B90 und CDU)
So wird es denn dazu kommen, dass bei manchen Antragstellern der Handwerker drei Mal klingelt. Das erste Mal, wie bisher geschehen, um Schallschutzmaßnahmen nach dem Schutzniveau NAT6 umzusetzen, das zweite Mal, um nun das Kriterium von 0,49 Überschreitungen zu erfüllen, und ein drittes Mal, um zukünftig dem Schutzniveau von 0,0 Überschreitungen nachzukommen. Aber bei den dreistelligen Millionenbeträgen, die hier in den märkischen Sand gesetzt worden sind und noch werden, kommt es darauf nun wahrscheinlich auch nicht mehr an. Nach der Theorie des Kollegen Holzschuher sind Mehrkosten ohnehin nur ein Beweis, dass der Flughafen nun noch erfolgreicher wird.
(Heiterkeit und Beifall bei GRÜNE/B90 und CDU)
Ich möchte jetzt nicht noch einmal jeden einzelnen Antrag durchgehen. Die meisten Inhalte haben wir schon des Öfteren debattiert, und wir hatten unsere Hauptforderung bereits zur Sondersitzung in der letzten Woche eingebracht. Wir sind aber der Auffassung, dass auch die heutige Debatte sinnvoll ist. Da kann ich auch nicht so richtig der Kollegin Gregor-Ness und dem Kollegen Beyer folgen, die meinten, dass hier ja alles schon gesagt wurde. Ich frage mich, wo wir stünden, wenn wir hier nicht permanent über dieses Thema reden würden, wenn die Bürgerinnen und Bürger nicht ständig auf die Straße gehen würden und wenn nicht permanent gegen Dinge, die offensichtlich rechtsgültig sind, Klage erhoben werden würde. Ich denke, dass der Druck wichtig ist; denn man gibt ja die Hoffnung nicht auf, dass sich bei den Verantwortlichen ein Sinneswandel einstellt, besonders nach der 180-Grad-Wende in Sachen Klarstellungsantrag. Ministerpräsident Platzeck hat uns ja erfreulicherweise gezeigt, dass er bei ausreichendem Druck von Öffentlichkeit und Parlament durchaus in der Lage ist, die anderen Gesellschafter etwas zu bewegen.
(Beifall GRÜNE/B90 und CDU)
Hoffen wir, dass dies nur der Anfang war. Der Dreh- und Angelpunkt bleibt für uns nach wie vor, dass das Land der Flughafengesellschaft mit Finanzzusagen keinen Freibrief gibt und sämtliche Zuwendungen an Bedingungen und die parlamentarische Kontrolle geknüpft sind. Dies ist neben dem konkreten Schallschutz das Mindeste, was man in dieser Situation gewährleisten sollte. Deshalb werden wir den Antrag von SPD und Linke auch ablehnen, weil er eben dieses nicht umsetzt.
Auch wenn ich die Anträge von der CDU-Fraktion und des Kollegen Christoph Schulze hier aufgrund der knappen Zeit nicht einzeln durchgehen kann: Wir werden diese Anträge von der Erweiterung der Arbeitsgruppe über den Schallschutz, das Nachtflugverbot sowie Bedingungen an zusätzliche Finanzmittel zu knüpfen, unterstützen. Sie decken sich auch weitgehend mit unseren Anträgen aus der Vergangenheit. Ich hoffe natürlich, dass die Regierungskoalition dies ebenfalls zumindest für einen Teil tun wird. - Vielen Dank.