- Es gilt das gesprochene Wort ! -
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Gäste,
das Entflechtungsgesetz ist für die Landesregierung ja eigentlich eine tolle Sache. Ursprünglich waren die finanziellen Prognosen für die Länder durch die Förderalismusreform eingetrübt. Das Ergebnis war zwar politisch schön griffig: Bundes- bzw. Landes- anstatt Gemeinschaftsaufgaben Reduzierung von Mischfinanzierungen zwischen Bund und Ländern
Jedoch wäre der damit einhergehende Verzicht auf investive Bundeszuweisungen aus Landessicht schmerzhaft.
Die Lösung: Das Gesetz zur Entflechtung von Gemeinschaftsaufgabe und Finanzhilfen. Der Bund verzichtet auf die politische Kompetenz, sichert aber zugleich die finanzielle Ausstattung. Wunderbar!
Und dann noch das: §6 Absatz 2 Entflechtungsgesetz: „Für die ab dem 1. Januar 2014 weiterhin erforderlichen Beträge entfällt die Zweckbindung." Übersetzt für alle Landes-Finanzminister: Freie Hand beim Ausgeben!
Leider ein Traum mit kurzer Haltbarkeit. Denn der Bund begrenzt solche Zahlungen zeitlich. Ein erste Überprüfung der Zahlungen erfolgt 2013. Im Entflechtungsgesetz wurde verankert, dass für den Zeitraum 2014 bis 2019 zwischen Bund und Ländern Einvernehmen darüber erzielt werden soll, in welcher Höhe die Finanzmittel weiter erforderlich sind.
Dabei ist der finanzielle Bedarf ist eigentlich offensichtlich. So wächst der Erhaltungsrückstand in der kommunalen Infrastruktur jedes Jahr stetig an. Allein für den Substanzerhalt wären bundesweit ca. 550 Millionen Euro pro Jahr notwendig; den Verkehrsunternehmen fehlen stattdessen aber 300 Millionen Euro. Der Gesamt-Investitionsrückstand wird mittlerweile auf 2,5 Milliarden Euro beziffert.
Daher ist es dringend notwendig, gegenüber dem Bund diese Notwendigkeit darzustellen und die Übernahme der bundesgesetzlichen Zweckbindung in Landesrecht ist dabei der zenrale Punkt und wird deshalb von uns ja auch bereits seit letzten Jahr gefordert. Wir haben allerdings erhebliche Zweifel, ob das von der Landesregierung geplante Gesetz diesem Anspruch gerecht wird. Der vorliegende Entwurf ist zwar etwas besser, als der zugrundeliegende Antrag der Koalitionsfraktionen. Dies entspringt aber vermutlich nicht dem Altruismus von Minister Vogelsänger, sondern ist der Tatsache geschuldet, dass er der Fachminister mit dem potentiell höchsten Ausfallrisiko ist.
In den Koalitionsfraktionen besteht offensichtlich ein Konflikt zwischen Haushalts- und Fachpolitikern. Während die Haushälter die Bundesmittel gerne dem Gesamthaushalt zur Verfügung stellen würden, versuchen die Fachpolitiker die bisherige Aufgabenerfüllung abzusichern. Und diese Konfliktlinie zieht sich nun durch ihren gesamten Gesetzesentwurf. Der Antrag gaukelte eine Zweckbindung vor, um diese gleichzeitig auszuhöhlen.
Zitat: „Die im Entflechtungsgesetz festgesetzten Anteile sowie die von den Ministerkonferenzen formulierten Erwartungen an die Mittelbereitstellung durch den Bund sollen zur Orientierung dienen". Was immer das heißen mag. Und dann beinhaltet der vorliegende Gesetzentwurf auch noch eine Anzahl von Aufweichungen. Allein der §2 ist eine einzige Ausnahmeregelung. Auch der Landkreistag stellt dazu fest, dass im Gegensatz zum ersten Referentenentwurf der §2 Absatz1 voller Öffnungsklauseln ist.
Auch wenn Sie durch Festschreibung auf Zehntel-Prozentpunkte Genauigkeit und Verlässlichkeit suggerieren möchten: Wörter wie „grundsätzlich" oder „vorrangig" im Entwurf sind Einfallstore, um Ausnahmen von der Regel zu erlauben. Damit konterkarieren sie die eigentliche Intention des Gesetzes und schaffen mit den Ausnahmen die Möglichkeit ohne weitere Beteiligung des Landtages die Änderungen nur vom Finanzausschuss abnicken zu lassen.
Dabei ist die Gemengelage doch denkbar einfach: Wollen wir nun die Zweckbindung fortschreiben oder nicht? Wir haben uns entschieden. Unsere Fraktion unterstützt zu 100% den Ansatz, die Zweckbindung der Bundesmittel in Landesgesetz festzuschreiben. Wir erwarten ein Gesetz, das den derzeitigen § 5 Entflechtungsgesetz eins zu eins in Landesgesetz übernimmt.
Und falls sich Anpassungen später landespolitisch als sinnvoll erweisen, sollten diese nur im Rahmen des ganz normalen Gesetzgebungsverfahren unter Beteiligung des Parlaments möglich sein. Unseren Korrekturbedarf haben wir gemeinsam mit der CDU in dem vorliegenden Änderungsantrag formuliert und bitte hierfür um ihre Zustimmung. Vielen Dank!