- Es gilt das gesprochene Wort
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Gäste!
Zunächst einmal vielen Dank an die Landesregierung für die Beantwortung unserer Großen Anfrage. Auch wenn uns der Umfang der Antwort enttäuscht.
Besonders nachdem der Sprecher des Agrarministeriums sie in der Presse als ein Highlight des heutigen Plenums ankündigte und vom Umfang einer Doktorarbeit sprach. Ich kann nur hoffen, dass niemand hier so zu einem Doktortitel gekommen ist – man weiß ja wozu so etwas führen kann.
Keine Daten, keine Ziele, kein Interesse, so könnte das Resumé auf die Antwort der Landesregierung lauten. Einige wenige Antworten geben einen guten Überblick – wir wollen ja nicht alles schlecht reden, etliche Fragen wurden aber schlichtweg nicht ordentlich beantwortet. Und auch was die mangelnde abteilungs- und ministeriumsübergreifende Zusammenarbeit angeht, lässt die Antwort auf die Große Anfrage tief blicken.
Komme ich nun aber zu den Inhalten, es gibt schließlich genügend Gründe, sich intensiver mit dieser Thematik zu befassen.
Acht Fußballfelder pro Tag - so viel Fläche wird täglich in Brandenburg für Siedlungs- und Verkehrsflächen neu in Anspruch genommen, wenn man den Durchschnittswert der letzten fünf Jahre betrachtet. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal hervorheben, dass Flächeninanspruchnahme nicht mit dem Umfang der Versiegelung gleich zu setzen ist, es wird ja glücklicherweise nicht gleich alles unter Asphalt begraben. Dennoch geht die Flächeninanspruchnahme für Verkehrs- und Siedlungsprojekte zu Lasten anderer Nutzungen. Ich erinnere nur an die unseriöse Flächenfraß-Kampagne des Landes-Bauernverbandes vor zwei Jahren der meinte festzustellen, ausgerechnet Ausgleichsmaßnahmen wären Schuld am Flächenverbrauch.
Vor allem angesichts sinkender Bevölkerungszahlen sind acht Fußballfelder pro Tag zu viel und Anlass genug, sich über weitere Maßnahmen zur Reduzierung Gedanken zu machen.
Die Zahlen der letzten zwei, drei Jahren zeigen zwar einen sinkenden Trend.
Vom Ziel der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung, den Flächenverbrauch bundesweit bis zum Jahr 2020 von 80 auf 30 ha/Tag zu reduzieren und in Brandenburg den Zielwert von 1,3 ha/ Tag zu erreichen, sind wir jedoch noch ein erhebliches Stück entfernt.
Es ist daher schon beachtenswert, dass die Landesregierung keine landeseigenen Ziele definiert. Sie finden weder in der erst kürzlich verabschiedeten landeseigenen Nachhaltigkeitsstrategie ein konkretes Ziel – das Wort Flächenverbrauch kommt dort genau einmal vor - , noch wurde die Antwort auf unsere Große Anfrage dazu genutzt, dies nachzuholen.
Wenn die Landesregierung dann auch noch schreibt, die Begrenzung auf 85 Neubauprojekte im Bundesverkehrswegeplan sei ein Beitrag zum schonenden Umgang mit der Ressource Boden, dann ist anscheinend zumindest im Verkehrsministerium Hopfen und Malz verloren. Und über die Braunkohle als Flächenvernichter werden wir ja unter TOP 8 noch Gelegenheit haben zu diskutieren.
Mit unserem Entschließungsantrag fordern wir die Landesregierung auf, sich den Zielwert von 1,3 ha/Tag Flächenverbrauch für das Jahr 2020 zu Eigen zu machen. Langfristig sollte bei fortdauernden Bevölkerungsrückgang in Brandenburg auch ein Nettonullverbrauch möglich sein.
Böden sind ein wertvolles und begrenztes Gut, Bodenneubildung ist ein extrem langsamer Prozess. In der Funktion des Bodens als Lebensraum, als Nahrungs- und Wirtschaftsgrundlage sowie als Filter- und Pufferelement sollte es in unser aller Interesse sein, schonend mit dieser wichtigen Ressource umzugehen.
Uns ist dabei auch bewusst, dass die kommunalen Planungsträger ganz entscheidende Akteure bei der Reduzierung des Flächenverbrauchs sind. Deshalb fordern wir, das Landesziel von 1,3 ha/Tag gemeinsam mit den Kreisen und kreisfreien Städten auf die kommunale Ebene herunterzubrechen und gemeinsame Maßnahmen und Strategien zu entwickeln.
Andere Bundesländer haben sich hier schon weitaus intensivere Gedanken gemacht, in Nordrhein-Westfalen – sicherlich mit etwas anderes Ausgangsbedingungen – wurde bereits 2006 von der Landesregierung die sogenannte „Allianz für die Fläche“ gegründet. Hier wurde ein intensiver Dialog mit relevanten Akteuren über die Reduzierung des Flächenverbrauchs angestoßen. Städte und Gemeinden werden dort unterstützt, ein kommunales Flächenmanagementsystem auf die Beine zu stellen, es wurden Kosten-Nutzen-Modelle zur Verfügung gestellt und zahlreiche Workshops und Veranstaltungen angeboten.
Auch in Niedersachsen wurde von der Landesregierung ein Arbeitskreis Flächenverbrauch und Bodenschutz gegründet. Durch diesen wurden Daten und Fakten zusammengetragen und Handlungsempfehlungen ausgearbeitet. Ein 40-seitiger Abschlussbericht mit verschiedensten Maßnahmenvorschlägen liegt vor. Auf all diesen Erfahrungen kann und sollte Brandenburg aufbauen.
Und damit leite ich dann gleich zum Thema Daten und Fakten über.
Wie die Antwort auf unsere Große Anfrage zeigt, klaffen da noch etliche große Lücken. Brandenburg verfügt über keinerlei Statistiken, welche die Landnutzungsänderung erfassen. Durch welche Nutzungen beispielsweise landwirtschaftliche Flächen verloren gehen, ist nicht bekannt. Es lässt sich zwar vermuten, dass die Siedlungs- und Verkehrsflächen einen maßgeblichen Anteil daran haben, genaue Aussagen sind nach Angaben der Landesregierung jedoch nicht möglich. Genauso wenig ist der Landesregierung bekannt, in welchem Umfang Böden im Land versiegelt werden oder in welchem Umfang Entsiegelungspotenziale existieren.
Wir fordern Sie mit unserem Entschließungsantrag daher auf, diese Datenlücke zu schließen. Denn nur mit einer guten Datengrundlage lässt sich auch vernünftig planen. Eine Forderung die sich daran anschließt, ist die Erfassung der Baulücken und Brachflächen in einem entsprechenden Kataster durch die Kommunen. Das sollte flächendeckend stattfinden und dazu beitragen, der Innenentwicklung Schub zu verleihen und Baumaßnahmen auf der grünen Wiese zu minimieren.
Wenn es um konkrete Maßnahmen geht, dann lohnt auch ein Blick in die Veröffentlichungen des Umweltbundesamtes. In unserer Großen Anfrage haben wir daher mehrere Maßnahmenvorschläge aufgegriffen und die Landesregierung um ihre Bewertung gebeten. Doch auch hier – Fehlanzeige. An einer Stelle wird darauf verwiesen, dass die vorhandenen Instrumente ausreichen, an anderer Stelle werden keine Möglichkeiten gesehen, neue Instrumente einzuführen. Wie die Landesregierung zu diesem jeweiligen Urteil kommt, wird nicht begründet.
Da wir uns mit derartigen Pauschalantworten nicht zufrieden geben, fordern wir Sie in unserem Entschließungsantrag auf, uns die Vor- und Nachteile der Maßnahmenvorschläge detailiert mit der entsprechenden Begründung darzulegen.
Ich komme nun zum zweiten Teil unserer Großen Anfrage. Hier haben wir zunächst den Umfang der Bodenuntersuchungen im Land abgefragt. Dabei kam heraus, dass Brandenburg über 32 – an anderer Stelle wird die Zahl 33 genannt - (soviel zum Thema Dokrotarbeit) 32 Boden-Dauerbeobachtungsflächen auf landwirtschaftlich genutzten Bereichen verfügt, auf denen physikalisch-chemische und biologische Parameter regelmäßig untersucht werden.
Bezogen auf die Dichte des Flächennetzes anschaut, gibt es nur noch wenige Bundesländer, die noch schlechter ausgestattet sind als Brandenburg. Überhaupt nicht erwähnt wurden die Dauerbeobachtungsflächen der forstlichen Umweltkontrolle, die sogenannten Level II-Standorte. Ich gehe mal davon aus, dass die Landesforst die Untersuchungen nicht eingestellt hat und dies nur der lustlosen Beantwortung geschuldet ist. Anderenfalls wäre dies noch ein Grund mehr, den Umfang der Bodenbeobachtung im Land deutlich auszubauen, um den Zustand und die Entwicklung unserer Böden vernünftig beurteilen zu können.
Offensichtlich wurden unsere Fragen zur Entwicklung des Bodenzustands leider nur durch die Landwirtschaftsbrille betrachtet. So gibt es nach Auskunft der Landesregierung keine Hinweise auf eine Versauerung von Böden und auch beim Thema Nährstoffbelastung lautet die Antwort: „Auf Grund der nachstehenden Analysen geht die Landesregierung davon aus, dass es keine Nährstoffbelastung Brandenburger Böden gibt.“
Das ist nun wirklich der Knaller - Selbst den eigenen Waldzustandsbericht aus dem Jahr 2011 scheint das MIL nicht zu kennen. Denn dort finden Sie genau gegenteilige Aussagen: Die Stickstoffeinträge in den Brandenburger Wäldern liegen weiter über den kritischen Eintragsraten. Hiermit wird der Bodenversauerung weiter Vorschub geleistet, aber von Versauerung und Nährstoffbelastung von Böden, verursacht durch die industrielle Landwirtschaft will das Agrarministerium schlichtweg nichts wissen.
Zusammenfassen kann man also sagen: Ihre Antwort erfüllt am Ende damit aber wenigstens einen Zweck: Sie ist das beste Argument dafür unserem Entschließungsantrag zuzustimmen.
Vielen Dank!