- Es gilt das gesprochene Wort!
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,
mit dem Entwurf der Bauordnung hat die Landesregierung uns in zweierlei Hinsicht ein äußerst bedeutsames Regelwerk vorgelegt.
Zum einem bedeutsam bei Auswirkung auf unser größtes und peinlichstes Bauvorhaben:
Wird die Bauordnung nicht bis zum Sommer verabschiedet, läuft beim BER im August die Baugenehmigung für den Südpier sowie im November für das Hauptterminal aus. Unserer Ansicht nach ist das Auslaufen der Baugenehmigung nicht geeignet, die Probleme rund um den BER zu lösen. Bei aller Kritik zum Standort: Der Flughafen muss fertiggestellt und betrieben werden. Und zwar als dass, als was er genehmigt wurde: ein regionaler Hauptstadtflughafen. Ohne Ausbauphantasien in Richtung internationales Drehkreuz und vor allem ohne Möglichkeit einer 3. Start- und Landebahn.
Doch auch wenn der vorliegende Gesetzentwurf aufgrund dieses Zusammenhangs schon den Titel „Lex BER“ verpasst bekam - die Bauordnung ist auch aus einem anderen Grund bedeutsam: Nämlich wegen des außerordentlichen Umfangs der Bereiche auf die sie Auswirkungen hat.
Auf weit über 200 Seiten finden sich Regelungen, inklusive Begründungen - vom Brandschutz über Solaranlagen, diversen Sonderbauten bis hin zur Barrierefreiheit. Und da reden wir noch nicht einmal darüber, was gegebenenfalls zusätzlich noch aufgenommen werden könnte, wie beispielsweise Abstandregelungen von Windkraftanlagen.
Der vorgegebene Zeitrahmen der Landesregierung ist daher mehr als sportlich.
Unnötigerweise, da der Entwurf ja schon seit Jahren im Ministerium rumliegt und sie bereits jenseits von Inhalten endlos Zeit für formelle Aspekte aufgewendet haben.
Wir Bündnisgrünen hatten daher im Infrastruktur-Ausschuss bereits letzte Woche eine erste Diskussion zur Bauordnung auf die Tagesordnung gesetzt.
Und ich bin dem Ausschussvorsitzenden Eichelbaum ausdrücklich dafür dankbar, dass wir nicht erst die heutige Überweisung abgewartet haben, sondern - quasi vorauseilend – uns bereits gestern auf eine nun schon im März stattfindende Anhörung verständigen konnten.
Damit es nachher nicht, wie jüngst beim Bauingenieurgesetz heißt: Landesregierung trödelt, Rot-Rot schläft aber die Opposition ist Schuld wenn`s dann am Ende eng wird.
Ich halte den Zeitdruck neben der Themenfülle aber auch wegen der immensen Auswirkungen auf die Betroffenen für bedenklich.
Fehlplanungen wie am BER könnten bald vermehrt auch beim kleinen Häuslebauer zum Problem werden. Denn die Landesregierung plant, mehr Verantwortung auf Bauherren abzuwälzen.
Es soll zukünftig keine konkreten Regelungen zur Qualifikation derjenigen geben, die zum Überwachen von Bauvorhaben eingesetzt werden. Die Bauherren werden von der Pflicht befreit, den sogenannten Objektplaner einzusetzen, der gegenüber Behörden für die rechtskonforme Umsetzung des Bauvorhabens einsteht.
So soll ein Entwurfsverfasser plusBauleiter ausreichen. Andere Bundesländer beneiden uns um die Pflichtregelung für einen qualifizierten Objektplaner, der Vorhaben von Anfang bis Ende begleitet. Und es gibt keinen sachlichen Grund, von der bisherigen Regelung abzuweichen. Auch wenn Sie jetzt die Musterbauordnung anführen: Wie in Ihrer Einleitung zum Gesetzesentwurf zu lesen ist, handelt es sich hierbei um einen Orientierungsrahmen, nicht weniger – aber auch nicht mehr!
Und auch den geplanten Umfang der behördlichen Bauüberwachung müssen wir im Rahmen der Anhörung diskutieren. Die reguläre bauaufsichtliche Prüfpflicht für Standsicherheits- und Brandschutznachweise soll zukünftig insbesondere für die Gebäudeklassen 1 und 2 entfallen. Das gilt laut Ingenieurkammer immerhin für 80 Prozent aller Bauvorhaben in Brandenburg.
Was passiert, wenn man behördliche Prüfpflichten zu weit herunterfährt, kann man sich bundesweit anschauen.
Haftungsfälle haben sich teilweise verdreifacht, das Schadvolumen versechsfacht.
Der durchschnittliche Schaden liegt laut Bauherren-Schutzbund und Versicherer bei einem Mindestwert von 67.000 Euro.
Viele Bauherren bleiben auf den Kosten sitzen. Soviel also zum Thema Kostenverringerung für Bauherren.
Brandenburg hat selbst zwischen 1997 und 2003 schon negative Erfahrungen mit Prüffreistellungen gesammelt.
Aufgrund der vielen Schadensfälle wurde 2003 der Objektplaner im Gesetz aufgenommen. Was ist heute nun anders als vor 13 Jahren?
Ich appelliere an Sie, dass wir bei all diesen Punkten im Rahmen der Ausschussbefassung zu einer vernünftigen Lösung – vor allem im Sinne der Sicherheit von Häuslebauern - kommen werden.
Der Überweisung stimmen wir selbstverständlich zu. Wir sollten uns dabei aber bitte nicht vom BER treiben lassen. Man kann das beides zur Not auch trennen.