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Michael Jungclaus spricht zum Antrag der CDU-Fraktion „Rahmenbedingungen für Existenzgründungen und Unternehmensnachfolgen in Brandenburg verbessern“

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Liebe Kolleginnen und Kollegen, Liebe Gäste,

für ein rohstoffarmes Land wie Brandenburg sind eine gesunde Industrie und ein starker Mittelstand unverzichtbare Bestandteile wirtschaftlichen Erfolgs.

Die wirtschaftliche Entwicklung der Hauptstadtregion ist derzeit zwar durchaus vielversprechend. Allerdings leidet Brandenburg - ganz im Gegensatz zu Berlin übrigens - immer noch an einer im bundesvergleich sehr niedrigen Gründungsquote. Einer Analyse der KfW vom November 2015 kann man entnehmen, dass Brandenburg bundesweit zusammen mit Sachsen-Anhalt, Thüringen und Meckenburg-Vorpommern die wenigsten Gründer pro 1.000 Einwohner hat.

Auch Unternehmen wie Daimler Benz oder SAP, die heute zur industriellen Basis gehören, haben mal klein angefangen. Sinn und Zweck einer effektiven Gründungsförderung wird daher heute von niemandem mehr bestritten. Auch Brandenburg sollten daher mehr zur Förderung des hiesigen Unternehmertums tun, wenn wir unseren Lebensstandard halten wollen.

Das weiß auch der Wirtschaftsminister, der die entsprechende Passage im Koalitionsvertrag sicher gut kennt: „Wir werden eine ressortübergreifende Gründungs- und Unternehmensnachfolgestrategie erarbeiten.“ steht da. Noch liegt dazu aber nichts vor. Die Präsentation dieser Strategie wird wieder und wieder verschoben. Das entsprechende Terminband heißt jetzt: Spätherbst 2016. Wenn man dann noch man bedenkt, dass eine Strategie noch nicht Umsetzung bedeutet, ist das reichlich spät. Denn die Situation ist alles andere als rosig.

Nicht nur, dass Brandenburg am Ende des bundesweiten KfW-Gründer-Rankings steht. Die KfW weit auch darauf hin, dass vor allem in Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt ein sehr hoher Anteil von Gründern in gewerblichen Tätigkeitsfeldern unterwegs sind und eine eher Not-dominierte Motivlage die Ursache ist. Vielversprechende Gründungen sind aber eher im Dienstleistungsbereich zu finden und geschehen nicht aus einer Notlage heraus, sondern weil sich, zum Beispiel durch eine Innovation, eine Marktchance ergibt.

Dabei sind die Voraussetzungen Brandenburgs eigentlich so gut, wie fast nirgendwo anders in Deutschland. Die deutsche Gründermetropole Nr. 1, Berlin, liegt mitten in Brandenburg. Für Kreativität, Forschung und Entwicklung ist die Region weltbekannt. Warum also kommt Brandenburg in Sachen Existenzgründung nicht wirklich in Schwung?

Untersuchungen dazu gibt es genug. Gerade wurde zum Beispiel in einer vergleichenden Analyse des Wissenschaftsstandortes Golm mit skandinavischen Innovationszentren festgestellt, dass die Gestaltungsspielräume des Standortmanagements dadurch eingeschränkt werden, dass ein Großteil des Budgets aus Förderprogrammen finanziert werden muss.

Die Organisationsmodelle an den skandinavischen Innovationsstandorten seien außerdem klarer und effizienter strukturiert – insbesondere bei der Verteilung der Rollen und Zuständigkeiten. Ähnlich sieht es an den Innovationsstandorten Luckenwalde, Wildau oder Cottbus aus. Wir haben allerorten überkomplexe Strukturen, die zudem fast ausschließlich über Fördermittel, also immer befristet finanziert werden.

Benötigt werde, so die Gutachter für den Standort Golm, eine unter den beteiligten Akteuren abgestimmte Vision und Strategie für die Entwicklung und Integration des Innovationsstandorts sowie ein angemessen hoher Stellenwert auf allen politischen Ebenen.

Als wichtigstes Gründungshemmnis wird oft die Finanzierung genannt. Dazu hat die Landesregierung jetzt mit dem Mikrokredit Brandenburg ein attraktives Förderprogramm für kleine Existenzgründer vorgelegt.

Auch die Meistergründungsprämie (lange als unnötig bezeichnet) ist seit Ende letzten Jahres in Brandenburg Wirklichkeit. Es tut sich also schon mal was. Was aber bis heute fehlt, ist die im Koalitionsvertrag angekündigte, übergreifende Strategie.

Eine Strategie, in der die Ministerien für Bildung, für Wissenschaft, Forschung und Kultur, für Arbeit und Soziales und für Wirtschaft gemeinsam agieren und zusammen effiziente und leistungsfähige Organisationen bilden.

Diese Strategie muss vor allem Vorschläge für eine leistungsfähige Gründungsförderstruktur beschreiben.

Wir sehen es allerdings auch so, dass die im vorliegenden Antrag angeführten einzelnen Punkte so oder ähnlich in Brandenburg allerdings bereits heute weitgehend schon Realität sind. Wir werden uns daher zu dem Antrag enthalten.

Was eigentlich fehlt, ist Qualität und Effizienz im Innovations- und Gründungsprozess. Die Organisationsmodelle zur Gründungsförderung müssen zukünftig klarer und effizienter strukturiert werden, vor allem bei der Verteilung von Zuständigkeiten. Und: Die entsprechenden Budgets sollten langfristig planbar sowie verlässlich zur Verfügung stehen.

Zum Schluss möchte ich noch anmerken, dass mir selbst bei meiner langjährigen Erfahrung als Unternehmer immer eher das Zuviel an Bürokratie als der Mangel an Förderung ein Dorn im Auge war. Aber Bürokratieabbau ist ja hier auch so eine Dauerbaustelle und wenn - wie Herr Loehr es gerade beschrieben hat - nun eine Arbeitsgruppe aus sechs Ministerien hiermit befasst, kann ich mir ungefähr ausmalen was dabei rauskommt. Vielen Dank.