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Michael Jungclaus spricht zum Gesetzentwurf der Landesregierung „Brandenburgisches Gesetz über Mindestanforderungen für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen“

>> Unser Änderungsantrag (pdf-Datei)

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste,

auch wenn bei diesem Tagesordnungspunkt immer von einem „Vergabegesetz“ gesprochen wird – eigentlich reden wir hier doch ausschließlich von einem Mindestlohngesetz.

Und da sind wir auch schon beim Hauptpunkt unserer Kritik. Man kann ja durchaus unterschiedlicher Auffassung darüber sein, ob es sinnvoll ist, einen nicht unerheblichen Bürokratieaufwand dafür aufzuwenden landesspezifische Regelungen zu überwachen wenn es im Endergebnis nur um 16 Cent geht.

Zumal überhaupt nicht klar ist, wie die Vergabekommission auf die „zufällig“ runde Summe von 9 Euro gekommen ist - die Kommission tagte ja bekanntlich hinter verschlossenen Türen.

Aber 16 Cent hin oder her: Die Probleme mit dem Mindestlohn liegen doch weniger in der Höhe als vielmehr in der Um- und Durchsetzung der Regelungen. Und da bietet auch die vorgelegte Neufassung des Gesetzes leider wenig Besserung.

Entscheidend ist unserer Ansicht allerdings ein ganz anderer Punkt. Nämlich, dass Sie hier eine Chance verstreichen lassen, ein Vergabegesetz zu verabschieden, das seinem Namen auch gerecht wird.

Die Regeln für öffentliche Auftragsvergaben entscheiden wesentlich darüber mit, ob sich Unternehmen Wettbewerbsvorteile durch Niedriglöhne, Verletzung elementarer Arbeitsnormen oder unverhältnismäßiger Belastung der Umwelt verschaffen können.

„Natürlich, Nachhaltig, Brandenburg“ ist unsere Landesnachhaltigkeitsstrategie überschrieben. „Eine tragfähige Zukunft für unser Land zu gestalten gehöre zu den ersten Zielen der Landesregierung“, schreibt der Ministerpräsident in seinem Vorwort.

Mit der Nachhaltigkeitsstrategie reagiere man ZITAT „auf globale Herausforderungen wie den Klimawandel, den demografischen Prozess, die schwieriger werdende finanziellen Rahmenbedingungen sowie die Notwendigkeit, natürliche Ressourcen zu schützen“, so Woidke weiter.

Die Vergabe öffentlicher Aufträge ist ein Beispiel wo das Land zeigen könnte, ob es dem gerecht wird. Dazu bräuchten wir aber ein Vergabegesetz, in welchem dieser Anspruch auch umgesetzt wird.

Aufträge gehen dann nur noch an Unternehmen, die im Sinne der Nachhaltigkeit, des Ressourcenschutzes und sozialer Gerechtigkeit handeln. Das zumindest erwartet man, wenn man das Vorwort unseres Ministerpräsidenten zur Nachhaltigkeitsstrategie liest.

Denn da sagt er auch ganz richtig, das Land müsse mit gutem Beispiel voran gehen, denn die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie sei nicht alleine eine politische, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Mit dem „guten Beispiel“ und dem „Vorangehen“ war es dann allerdings wohl doch nicht so gemeint. Denn das von der Landesregierung eingebrachte Vergabegesetz beschränkt sich mehr oder weniger auf die Anhebung des geltenden Mindestlohns sowie auf eine Pauschalisierung der Kostenerstattung für den Aufwand der Kommunen.

Aus Woidkes „mit gutem Beispiel vorangehen“ in Sachen Nachhaltigkeit folgen keine Konsequenzen. Es werden keine Vorgaben hinsichtlich ökologischer oder sozialer Kriterien gemacht.

Wenn aber noch nicht einmal die Landesregierung bereit oder in der Lage ist, vorausschauend zu handeln, wer sollte es denn dann?

Daher bringen wir unsere wichtigsten Änderungsanträge zur Gesetzesvorlage hier noch einmal ein.

Das mindeste ist es, in § 1 den Zweck des Gesetzes um den Begriff der Nachhaltigkeit zu erweitern da dies für die entsprechende Auslegung des Gesetzes bedeutsam ist. Und bei § 3 geht es um die Betrachtung der Lebenszykluskosten, was nichts anderes heißt, als dass man sich beispielsweise beim Kauf von IT-Technik oder beim Bau einer Schule Gedanken darüber macht, welche Folgekosten beim Betrieb und der Entsorgung entstehen können. Leider ist das ist in vielen Verwaltungen aber immer noch keine gängige Praxis.

Von der Ausschreibung von Rechnern, wo zwar umfangreiche Vorgaben zur Qualität gemacht werden aber niemand auf den Stromverbrauch achtet. Bis zum Verlegen eines Teppichbodens bei welchem nicht bedacht wird, welche Kosten bei dessen Entsorgung später entstehen.

Ein Gebäude kostet im Betrieb über die ganze Nutzungszeit gesehen ein Mehrfaches des Anschaffungspreises. Werden hier beim Bau die richtigen Entscheidungen getroffen indem diese Lebenszykluskosten berücksichtigt werden, können gewaltige Summen eingespart werden. Mit den von uns eingebrachten Änderungsanträgen sparen wir unterm Strich also bares Geld.

Das ist ja schließlich auch der Sinn nachhaltigen Handelns: Auszuschließen, dass Kosten und Probleme auf nachkommende Generationen verlagert werden.

Und genau das sollte auch unser Anspruch an ein Vergabegesetz sein, das sein Namen verdient hat.

Ein auf den Mindestlohn reduziertes Vergabegesetz werden wir ablehnen.

Vielen Dank!

>> Unser Änderungsantrag (pdf-Datei)

Unser Änderungsantrag wurde abgelehnt.