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Michael Jungclaus spricht zum Antrag der BVB / FREIE WÄHLER Gruppe „Aufweichung des Bundesnaturschutzgesetzes im Bundesrat verhindern!“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Gäste!

Ein klein wenig hatte ich beim ersten Lesen des Antrags den Eindruck, dass unsere KollegInnen von BVB/Freie Wähler eine Kreativwerkstätte zum fantasievollen Verpacken politischer Forderungen besuchen.

Neben das Anliegen - die Verhinderung neuer Windkraftanlagen - konkret zu benennen, werden auch verschiedenste Materialien genutzt, das Ziel zu verpacken.

Ob nun vermeintliche Gesundheitsgefahren durch Infra-Schall oder die Rettung von Kiefern-Plantagen, sind viele Mittel Recht, um den Ausbau der Windenergie zu stoppen. In diesem Fall nun muss der Entwurf zur Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes als Verpackungsmaterial herhalten.

Wir finden es trotzdem gut, heute eine Debatte zum Naturschutz zu führen, denn hier liegt bedauernswerterweise ja tatsächlich einiges im Argen.

Die Bundesregierung hat erst kürzlich in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage unserer grünen Bundestagsfraktion beispielsweise bestätigt, dass durch die intensive Landwirtschaft der Bestand der Brutvögel in der Agrarlandschaft innerhalb von dreißig Jahren um mehr als die Hälfte geschrumpft ist.

Ob Rebhuhn, Feldlerche oder Braunkehlchen, die Rückgänge der Brutvogelpopulationen sind dramatisch. Wenn wir so weiter machen, könnte das schöne Erlebnis, bei einem Spaziergang durch die Felder fröhlich zwitschernde Feldlerchen in den Himmel aufsteigen zu sehen, bald der Vergangenheit angehören.

Und auch bei den Insekten wird es in Feld und Flur durch den hohen Pestizideinsatz zunehmend bedenklich.

Und trotz dieser alarmierenden Situation – es läuft ja auch noch ein Vertragsverletzungsverfahren der EU wegen unzureichender Umsetzung der FFH-Richtlinie - lässt die Bundesregierung die Chance verstreichen, endlich einmal die gute fachliche Praxis für die Land- und Forstwirtschaft zu konkretisieren und verbindlich festzuschreiben.

Ja, der Entwurf der Novelle zum Bundesnaturschutzgesetz ist in der Tat kein großer Wurf für den Naturschutz – allerdings hatten wir im Bundestag ja jetzt gerade erst einmal die erste Lesung.

Und da die wenigsten Gesetze so aus dem Bundestag rauskommen wie sie reingekommen sind, halten wir die Forderung, jetzt schon über eine Ablehnung im Bundesrat abzustimmen, für zu verfrüht.

Kommen wir zu Ihrem maßgeblichen Kritikpunkt am Gesetzesentwurf, dem Paragraphen 44 zum besonderen Artenschutz.

Die Verwendung des Signifikanz-Kriteriums beim Tötungs- und Verletzungsrisiko geschützter Arten ist seit vielen Jahren gängige Praxis in Deutschland und Ergebnis zahlreicher Urteile des Bundesverwaltungsgerichts. Vollständigkeitshalber soll dieser Passus nun in das Bundesnaturschutzgesetz aufgenommen werden.

Das ist nachvollziehbar, wenn aber das Bundesnaturschutzgesetz so bleibt wie es ist, was die Konsequenz Ihres Antrags wäre, würde sich auch an der aktuellen Praxis nichts ändern. Ohne Alternativvorschlag zur Gesetzesänderung geht Ihre Forderung bezüglich des Artenschutzes ins Leere.

Vielleicht können Sie in ihrer verbleibenden Redezeit ja darauf eingehen, wie dieses Problem ihrer Auffassung nach gelöst werden sollte.

Da der Vorwurf des NABU jedoch noch im Raum steht, die geplante Neuregelung sei nicht EU-rechtskonform, würden wir uns an dieser Stelle durchaus eine Bewertung durch die EU-Kommission oder den Europäischen Gerichtshof wünschen.

Die Begleitung dieses Prozesses sehen wir aber in erster Linie als eine Aufgabe des Bundestages und unsere KollegInnen in der bündnisgrünen Bundestagsfraktion sind - wie vermutlich einige andere auch - bei dem Thema ja bereits entsprechend aktiv.

Für den Landtag sehen wir daher zurzeit keinen Handlungsbedarf, wir werden ihren Antrag daher ablehnen. Vielen Dank!