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Heiner Klemp spricht zu: Nach der Ablehnung durch die Europäische Kommission: Minority SafePack-Initiative für mehr Minderheitenrechte muss weiter Gegenstand europäischer Politik sein

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, liebe Gäste,

die Bürgerinitiative „Minority SafePack — one million signatures for diversity in Europe“ (kurz: MSPI) ist die fünfte Initiative, die die Anforderungen der Verordnung über die Europäische Bürgerinitiative erfüllt hat. Ziel der Initiative ist es, den Schutz von Personen, die nationalen und sprachlichen Minderheiten angehören, zu verbessern und die kulturelle und sprachliche Vielfalt in der Union zu stärken.

Bündnis 90/Die Grünen identifizieren sich 100%ig mit der Zielstellung dieser Initiative. Auch der Landtag, so denke ich nach der Verabschiedung des Mehrsprachigkeitskonzepts gestern stellt sich mit ganz großer Mehrheit hinter den Schutz von Minderheiten, genauso wie der Bundestag und das Europäische Parlament.

Ich möchte an dieser Stelle meine große Hochachtung ausdrücken vor der Initiative, die über acht Jahre in vielen Staaten der EU über 1,1 Millionen Unterschriften für den Schutz von Minderheiten gesammelt hat, von B wie Belgien bis Z wie Zypern. Interessanterweise kommen die meisten Unterschriften aus Ungarn, auf Platz 2 liegt Rumänien. Aus Deutschland kamen lediglich 17.000 Unterschriften. Die Interpretation dieser Zahlen überlasse ich gerne Ihnen.

Auf jeden Fall war es eine gewaltige transnationale Anstrengung, diese Unterschriften zu sammeln und ich ziehe den Hut vor den Initiatorinnen und Initiatoren.

Anders als der Antrag der Linken und der Freien Wähler aber suggeriert, hat sich die Europäische Kommission sehr eingehend inhaltlich mit den Anliegen der Initiative befasst. Die Kommission hat auch klargestellt, dass ihr der Schutz nationaler und sprachlicher Minderheiten ein wichtiges Anliegen ist, wie es auch im EU-Vertrag und in der Charta der Grundrechte niedergeschrieben ist.

Europa bedeutet gelebte Vielfalt. Innerhalb der Europäischen Union leben über 50 Millionen Menschen, die Angehörige nationaler Minderheiten sind. Neben den 24 Amtssprachen werden noch ca. 60 weitere Regional- und Minderheitensprachen in der Europäischen Union gesprochen.

Jedoch sieht der EU-Vertrag keine allgemeine gesetzgeberische Kompetenz der EU-Kommission zum Schutz der nationalen Minderheiten vor. Daher hat die Kommission den von der MSPI geforderten Rechtsakten nicht zugestimmt.

Wenn der vorliegende Antrag nun fordert, die Ziele der MSPI im Rahmen der sog. Offenen Koordinierung umzusetzen, so steht das überhaupt nicht im Gegensatz zur Argumentation der Kommission, kommt doch die Offene Koordinierung gerade ohne verbindliche Rechtsakte aus. Allerdings ist der Antrag von Linken und BVB/Freie Wähler hier inkonsistent, da er einerseits den Rechtsrahmen der EU verändern will und gleichzeitig sagt, die Offene Koordinierung sei das Mittel der Wahl. Deshalb können wir diesem Antrag nicht zustimmen.

Meine Damen und Herren,

die EU-Kommission hat auf insgesamt 25 Seiten aufgelistet, welche Folgerungen sie aus der MSPI zieht und welche Maßnahmen sie ergreifen wird, um die kulturelle und sprachliche Vielfalt Europas weiter zu schützen. Sie hat sich auch in der Anhörung im Europäischen Parlament ausdrücklich zu den Zielen der Initiative bekannt und die politische und finanzielle Unterstützung zugesagt. Lediglich die von der MSPI geforderten legislativen Akte hält sie für nicht vom EU-Vertrag gedeckt bzw. sieht die Ziele der MSPI bereits durch Rahmenbeschlüsse des Rates und weiterer Rahmenkonzepte ausreichend abgedeckt.

Mit dem Rat für Angelegenheiten der Sorben und Wenden haben wir in Brandenburg ein Gremium, um die Rechte und Interessen der nationalen Minderheiten zu stärken. Es ist uns nicht nur ein gemeinsames Anliegen, den Minderheitenschutz in der ganzen EU durchzusetzen, sondern auch in Brandenburg voranzuschreiten und uns für die Rechte der kulturellen und sprachlichen Minderheiten einzusetzen.

Der EU-Vertrag und die Grundrechtecharta garantieren den Minderheitenschutz bereits umfassend. Vielleicht sollte die Kommission als Wächterin der Verträge lieber deutlicher gegen Vertragsverletzungen vorgehen.

Dafür jedenfalls hat sie das Mandat.

Vielen Dank.