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Rede im Landtag: Frauen sind Gestalterinnen des Strukturwandels

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren,

Kennen Sie Lena Schmeling? Sie ist 17, lebt in der Lausitz und wird diese bald verlassen. Dabei möchte sie eigentlich gern bleiben. Im „Neue Lausitz Briefing“ schreibt sie, dass sie durch die aktuell angestoßenen Strukturwandelprojekte nicht das Gefühl hat, gebraucht zu werden.

Gehen oder Bleiben: Das ist das Motto der Brandenburger Frauenwoche. Diese Frage stellt sich auch für Lena. So wie für viele Frauen in der Lausitz und wie in vielen ländlichen Regionen.

Warum gehen Frauen, warum bleiben sie?

Die Antworten sind vielfältig. Für Lena Schmeling werde zu wenig über die Ansiedlungen von attraktiven Arbeitsplätzen für Wirtschafts- oder Geisteswissenschaftler*innen geredet. Wie bei ihr, spielt sicherlich der passende Beruf bei vielen Frauen eine Rolle. Wenn der Fokus nur auf Technologie und Naturwissenschaften liegt, werden viele ausgeschlossen.

Es stellt sich aber auch die Frage: Fahren Bus oder Straßenbahn überhaupt dahin, wo ich arbeite? Und gibt es am Wohnort auch kulturelle und Freizeitangebote – für alle Altersgruppen?

Stellen Sie sich vor jemand wie Lena Schmeling hätte in der sogenannten Kohlekommission gesessen! Oder würde in den Werkstätten der WRL über Projekte entscheiden. Im Begleitausschuss die Umsetzung des Lausitzprogramms begleiten? Würden wir dann die Gelder der Strukturmittel genauso ausgeben, wie es heute ist? Frauen wurde im bisherigen Strukturwandelprozess zu wenig gehört, sie sind in den entscheidenden Gremien unterrepräsentiert! Frauen sind die Hälfte unserer Gesellschaft und müssen demzufolge auch die Hälfte der Macht bei der Gestaltung des Strukturwandels haben.

Deswegen haben wir uns im Sonderausschuss Lausitz mit dem Thema vertieft beschäftigt. Uns haben neben unserer Frauenministerin Ursula Nonnemacher, auch Lausitzerinnen wie eine kommunale Gleichstellungsbeauftrage, eine Sprecherin der Jugendvertretung der LEAG und eine Wissenschaftlerin eindrücklich dargestellt: Wir sind noch nicht da, wo wir sein müssten!

Wir brauchen Frauen als Arbeitskräfte, aber vor allem als Gestalterinnen des Strukturwandels! Dieser Prozess ist die Chance, Frauen Gründe zum Zurückkehren, Bleiben oder Kommen zu geben.

Mit diesem Antrag wollen wir die Voraussetzungen dafür schaffen:

1. Frauen und Männer müssen gleichermaßen von Strukturwandelgeldern profitieren! Dafür brauchen wir eine solide Datengrundlage. Deswegen wollen wir das wissenschaftliche Monitoring des Brandenburger Strukturwandelprozesses um eine Erfassung von geschlechterspezifischen Daten ergänzen. Das heißt ganz praktisch: Wir können dann wissenschaftlich fundiert sagen, ob und wie stark Frauen und Männer unterschiedlich von den vielen Geldern, die in die Lausitz kommen, profitieren.

2. Frauennetzwerke leisten einen entscheidenden Beitrag! Das Netzwerk F wie Kraft zum Beispiel bringt Frauen aus der gesamten Lausitz zusammen. Frauen brauchen den Austausch. Um über gemeinsame Probleme zu sprechen, um sich in der Lösung zu unterstützen. Um gemeinsam Initiative zu ergreifen. Um Themen, die Frauen bewegen, in die Öffentlichkeit zu tragen. So können sie etwas bewegen und die Wahrscheinlichkeit, dass sie bleiben, steigt.

3. Belange von Frauen müssen auch in der übergeordneten Zielstellung stärker berücksichtigt werden! Für den Wandel in der Lausitz legt unter anderem das „Lausitzprogramm 2038“ die inhaltliche und organisatorische Grundlage fest. Das Wort „Frau“ findet sich in dem Programm lediglich im Wort „Fraunhofer“ wieder. Wie können wir die Belange von Frauen stärker in den Blick nehmen, wenn sich diese in den grundlegenden Strategien zur Entwicklung der Lausitz nicht wiederfinden? Das wird sich in der Fortschreibung des Lausitzprogramms ändern!

4. Frauen gehören in die Parlamente, genauso wie in die Strukturwandelwerkstätten! In den Gremien, in denen der Strukturwandel gestaltet wird, sitzen nirgendwo gleich viele Frauen wie Männer am Tisch. Wenn wir die weibliche Perspektive ernsthaft stärken wollen, muss sich auch genau hier was ändern. Die Menschen, die dort oft ehrenamtlich arbeiten, leisten einen wichtigen Beitrag. Aber leider sind es viel zu wenig Frauen. Die WRL muss bei allen Nachbesetzungen darauf hinwirken, dass die Organisationen vorrangig weibliche Vertreterinnen schicken, so lange, bis in allen Bereichen die Hälfte der Entscheider*innen Frauen sind.

5. Wir wollen Frauen ermutigen, sich stärker einzubringen! .. und dafür müssen wir Angebote schaffen. Zum Beispiel Mentoring Programme oder Unterstützung für Gründerinnen. Das unterstützt sie auf ihrem Weg zu Gestalterinnen der Lausitz.

Fazit: Mit diesem Antrag wollen wir dafür sorgen, dass Frauen wie Lena Schmeling nicht mehr das Gefühl haben, sie wären in der Lausitz nicht gebraucht. Denn wir brauchen sie, um uns auf das hinzuweisen, was wir nicht im Blick haben. Wir brauchen mehr Frauen für eine gerechtere Gestaltung der Lausitz!

Auf den Entschließungsantrag der Linken gehe ich in meiner Redezeit am Ende ein.

Ich freue mich auf die Debatte!

Weiterführende Informationen

Rede zu: Antrag "Ohne Frauen kein Strukturwandel. Weibliche Perspektiven stärken!" (TOP 4 der 65. Plenarsitzung)