- Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Abgeordnete, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer
In der Corona-Krise merken wir, wie sehr wir auf seriöse Berichterstattung angewiesen sind. Stellen Sie sich vor, sie könnten sich nur bei Facebook, Twitter und Co über das Virus und die Folgen informieren. Vom Informationsbedürfnis profitieren nicht nur klassische Nachrichtensendungen. Auch die gute alte Tageszeitung ist plötzlich wieder "en vogue".
Doch paradoxerweise geht das nicht mit einem wirtschaftlichen Aufschwung der Medien einher. Sowohl die privaten Rado- und TV-Sender als auch die Tageszeitungen kämpfen mit massiven Einnahmeverlusten. Die Anzeigen brechen weg, Beilagen verkaufen sich nicht mehr, es gibt bereits jetzt Einnahmeverluste in Millionenhöhe. In den Verlagshäusern sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kurzarbeit, teilweise betrifft das sogar die Redaktionen selbst. Im schlimmsten Fall führt das dazu, dass Zeitungen in der Krise ihren täglichen Umfang reduzieren müssen. Das ist ein Riesenverlust für die Meinungsvielfalt!
Deshalb bin ich froh, dass die Debatte über die Förderung des Lokaljournalismus heute hier im Landtag auf der Tagesordnung steht.
Auch die Medien sind ein wichtiger Baustein unserer Demokratie. Die freie, unabhängige und kritische Berichterstattung ist Voraussetzung dafür, dass Menschen sich eine Meinung bilden und am demokratischen Prozess teilhaben können. Die Pressefreiheit ist ein unschätzbar hohes Gut. Wenn Journalistinnen und Journalistinnen an ihrer Arbeit gehindert werden, wenn sie bedroht werden oder sogar tätlich angegriffen, wie jüngst die "heuteShow" Leute, dann ist das ein Angriff auf unsere Demokratie!
Wer in der Kommunalpolitik aktiv ist, weiß, wie wichtig es ist, dass es vor Ort noch eine Lokalzeitung gibt, die über die Sitzungen und Aktivitäten berichtet. Mancherorts gibt es sogar einen lokalen Radio- oder Fernsehsender. Denn - aber das muss ich hier ja nicht sagen - es ist ein großer Unterschied, ob die Informationen nur noch von den Akteurinnen und Akteuren selbst über ihre Social Media Kanäle verbreitet werden, oder ob es eine kritische Draufsicht und Einordnung seitens der freien Presse gibt.
Anlass zur Sorge gibt auch die Konzentration der verbleibenden Tageszeitungen in Brandenburg auf wenige Verlage. Im Kern sind nur noch zwei große Medienhäuser aktiv. In der Lausitz gehören seit 2018 die wesentlichen Zeitungen und weitere kleine Blätter nur noch einem Verlagshaus an. In den Ballungsräumen rund um Berlin werden auch Berliner Zeitungen mit Brandenburg-Ausgabe gelesen und in Nordbrandenburg erscheinen kleinere Tageszeitungen in weiteren Verlagen
Deshalb stellt sich die Frage, wie Medienvielfalt und Lokaljournalismus gefördert werden kann, ohne die Freiheit und Unabhängigkeit der Berichterstattung zu gefährden.
Die Koalition hat sich in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen, flächendeckend "Lokaljournalismus auf hohem Niveau" zu unterstützen. Das ist eigentlich noch ein Anliegen aus der letzten Legislaturperiode und wurde 2017 auch von uns Grünen mitbeschlossen.
Was die privaten Radio- und Fernsehsender betrifft, so gibt es mit der mabb bereits eine Institution, die eine Satzung zur Vergabe der Mittel in Arbeit hat. Ich füge, wie schon gestern hinzu: Das Einfachste wäre, der mabb die ihr eigentlich zustehenden Mittel aus den Rundfunkbeiträgen in voller Höhe zu geben.
Um aber den privaten Radio- und TV-Sendern in der akuten Krise zu helfen, wollen wir heute eine Unterstützung in Höhe von 750.000 Euro beschließen, die in den Vertrieb, also in die technische Infrastruktur fließen soll.
Nicht vergessen dürfen wir aber in der Debatte die Print- und Onlinemedien. Gerade in ländlichen Regionen sind sie die Einzigen, die qualitativ hochwertigen Journalismus betreiben und überhaupt ein Netz an lokal berichtenden Profis haben.
Auch hier gilt es, die Grundsätze von Staatsferne und Unabhängigkeit unbedingt zu beachten. Deshalb steht auch nicht in Frage, ob auch die Print- und Onlinemedien gefördert werden, sondern lediglich das wie.
Seitens der Bundesregierung ist bereits ein Programm in Höhe von 40 Millionen Euro vorgesehen, mit dem insbesondere die Zeitungszustellung unterstützt werden soll. Solange noch viele Leute ihre Zeitung nicht als e-paper lesen wollen, sondern - so wie ich selbst, ganz altmodisch ein gedrucktes Exemplar mit dem Geruch von Druckerschwärze am Frühstücktisch bevorzugen, solange ist der Vertrieb gerade in ländlichen Regionen mit weiten Wegen eine große Herausforderung. Denn den Bahnhofskiosk oder Tante-Emma-Laden gibt es vielerorts ja gar nicht mehr. Wir müssen unbedingt darauf drängen, dass diese Mittel vom Bund nun endlich freigeben werden.
Darüber hinaus sehe ich viele weitere gute Möglichkeiten, wie das Land die Print- und Onlinemedien unterstützen kann, ohne die Grundsätze der Unabhängigkeit zu verletzen. Es gibt bereits tolle Projekte, wie "Medien an der Schule", in denen Schülerinnen und Schüler sich mit Zeitungen auseinandersetzen und bestenfalls sogar selbst eine Schülerzeitung produzieren. Denn wer mal gelernt hat, worin sich eine Nachricht, ein Bericht oder ein Kommentar unterscheiden, der wird auch "fake news" leichter erkennen und nicht so schnell den rechten Rattenfängern der "Lügenpresse" hinterherlaufen.
Viele weitere gute Ideen stehen im Raum: Seien es Fördermittel für Forschungsprojekte z.B. zu neuen medialen Produkten, Märkten oder Kanälen, die Förderung journalistischer Ausbildung oder perspektivisch auch die Gründung einer Stiftung.
Abschließend möchte ich noch eine schnell umsetzbare Idee zur Unterstützung der lokalen Presse in der Krise hervorheben: Auf Bundesebene haben wir Grünen "KaufvorOrt" Gutscheine zur Belebung des Einzelhandels und der Innenstädte vorgeschlagen. Solche Gutscheine könnten auch den Zeitungsmarkt beleben. Das ist garantiert unabhängig und staatsfern, denn jeder kann damit die Zeitung kaufen, die er oder sie lesen möchte.
Denn ich möchte auch in Zukunft auf kritische Berichterstattung nicht verzichten!