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Petra Budke spricht zum Infektionsschutzbeteiligungsgesetz

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Parlamentspräsidentin, liebe Abgeordneten, liebe Zuschauende,

die Corona-Pandemie fordert uns heraus, verlangt uns sehr, sehr viel ab und: Sie rüttelt an den Grundfesten unserer freien, demokratischen Gesellschaft. Denn die Eingriffe in die Grundrechte sind schwerwiegend. Sie betreffen zum Beispiel das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das Recht auf Versammlungsfreiheit, die Freizügigkeit oder die Berufsfreiheit.

Wir befinden uns in einer komplett neuen, nie dagewesenen Situation. Das Virus ist noch nicht ausreichend erforscht und niemand kann wirklich mit Gewissheit sagen, welche Maßnahmen die richtigen sind und welche nicht. Wir lernen stetig dazu und entwickeln unsere Strategien zum Umgang mit dem Virus weiter. Mit dem Impfstoff gibt es nun immerhin Licht am Horizont und Hoffnung, dass die Pandemie im nächsten Jahr ein Ende haben wird.

Bislang wurden nach dem geltenden Infektionsschutzgesetz die jeweiligen Maßnahmen von der Regierung in Verordnungen festgelegt und der Landtag informiert. Denn schnelles, kurzfristiges Handeln war - und bleibt - geboten. Das zeigen die aktuelle Situation und das dramatische Anwachsen der Infektionszahlen.

Nun leben wir bereits seit einem Dreivierteljahr mit der Pandemie. Wir haben uns im parlamentarischen Betrieb auf die Krise eingestellt und es ermöglicht, dass z.B. Ausschusssitzungen digital stattfinden können. Der Gesundheitsausschuss tagt regelmäßig und der Punkt Corona steht immer auf der Tagesordnung. Auch der Landtag hat in mehreren Sitzungen, darunter zwei Sondersitzungen, über die Maßnahmen debattiert.

Je länger die Pandemie dauert, umso klarer wird aber auch, dass das Parlament bei so weitreichenden Entscheidungen stärker einbezogen sein muss. Es hat bereits im April einen Gesetzentwurf der Linken zur Beteiligung des Landtags und in der Folge eine Anhörung dazu im Hauptausschuss gegeben.

Im Ergebnis der Beratung im Hauptausschuss entstand der nun vorliegende Entwurf für ein Infektionsschutzbeteiligungsgesetz. Dieses Gesetz sieht über die Informationspflicht hinaus eine Widerspruchsmöglichkeit des Parlaments gegen eine Verordnung innerhalb von sieben Tagen vor. Die Regierung muss dann innerhalb von sieben Tagen die Verordnung aufheben.

Eine vergleichbare Widerspruchsregelung enthält auch der Änderungsantrag der Linken. Sie möchte darüber hinaus im Gesetz noch die Beratung und eine Stellungnahme des für Verfassungsfragen zuständigen Ausschusses (federführend) und des Gesundheitsausschusses (beratend) vorschalten. Nach dem vorliegenden Antrag der Koalitionsfraktionen und BVB/Freie Wähler soll die Ausschussbeteiligung über die Geschäftsordnung geregelt werden.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen: Wir betreten hier in vielerlei Hinsicht juristisches Neuland. Das Gesetz muss hohen Anforderungen genügen und auch vor dem Landesverfassungsgericht Bestand haben. Die Verordnungen werden immer unter hohem Zeitdruck erstellt und sind dann nach dem Bundesgesetz maximal vier Wochen gültig, können aber verlängert werden.

Zusätzlich sollen die Verordnungen möglichst bundesweit einheitlich sein, damit nicht ein Flickenteppich an unterschiedlichen Regelungen entsteht, und man eine „Was ist erlaubt? App“ braucht, um zu wissen, wie die Regelungen in Brandenburg oder in unseren Nachbarbundesländern Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen sind.

Ich bin froh, dass wir in Zukunft eine Beteiligung des Parlaments an den Verordnungen haben werden! Wir werden im Landtag über die Maßnahmen debattieren. Und wenn wir sie nicht für geeignet halten, sagen wir nein. Oder ja!

Deshalb bitte ich um Zustimmung zur Beschlussempfehlung des Hauptausschusses und zur Änderung der Geschäftsordnung!

Vielen Dank!