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Axel Vogel spricht zum Bericht der Landesregierung zur Stärkung der regionalen Wachstumskerne

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mehrere Redner haben heute die Überzeugung geäußert, dass die Neuausrichtung der Förderpolitik der Landesregierung unter dem Motto „Stärken stärken" in den letzten Jahren positive Wirkung gezeigt hätte. Der nun vorgelegte Achte Bericht der IMAG Aufbau Ost, über den wir heute debattieren, stützt diesen Standpunkt allerdings überhaupt nicht. Wie nicht anders zu erwarten, begrüßen natürlich die Gewinner der neuen Förderpolitik der Landesregierung, die RWK, die Neuausrichtung. Alles andere wäre auch unverständlich. Die Frage bleibt allerdings unbeantwortet, was die Verlierer der Neuausrichtung, also die überwiegende Zahl der Brandenburger Städte und Gemeinden, zu dem RWK-Konzept sagen. Nach dem vorliegenden Bericht können fundierte Aussagen zu einer verbesserten wirtschaftlichen Entwicklung der RWK jedenfalls nicht getroffen werden. Die Berichterstatter beklagen - Herr Homeyer, Sie haben es sogar zitiert -, dass die Darstellungen vieler RWK zur wirtschaftlichen Entwicklung zu allgemein gehalten waren. Immerhin wird konstatiert: „Auch die Arbeitsmarktsituation hat sich in den RWK - wie in Brandenburg insgesamt - nicht signifikant verschlechtert."

Welch Erfolg! Gleichzeitig wird ausgeführt, dass monostrukturierte RWK mit Krisenbranchen unter der Wirtschaftskrise leiden, während kleinere RWK mit einer breiter diversifizierten Wirtschaftsstruktur die Auswirkungen nur wenig spüren.

Vizepräsidentin Große:
Herr Abgeordneter Vogel, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Homeyer zu? - Bitte, Herr Homeyer.

Homeyer (CDU):
Herr Kollege Vogel, Sie haben die RWK soeben als Gewinner bezeichnet, und die Gemeinden, die es nicht sind, als Verlierer. Herr Vogel, wie kommt es denn, dass sich die Kommunen in Brandenburg, die nach Ihrer Auffassung Verlierer sind, seit Jahren darauf vorbereiten und sich vor Ort darum bemühen, auch RWK zu werden, wenn sie das nicht als eine Geschichte ansehen würden, die ihnen auch Erfolg bringt?

Nun, Herr Kosanke hat es deutlich gesagt: Wer bleibt gerne in der zweiten Liga? Natürlich möchte man in die erste Liga aufsteigen. Insofern ist das nicht weiter verwunderlich. Aber man beachte doch: Kleiner und breiter diversifiziert funktioniert besser - wer hätte das gedacht? Allerdings steht das natürlich im Gegensatz zu dem Anspruch und der Förderpolitik der Landesregierung, die Mittel auf wenige Branchen, auf wenige Zentren und ursprünglich sogar auf einen Flickenteppich von Branchenschwerpunktorten zu konzentrieren. Ich finde es ausgesprochen erfreulich, dass nach der Koalitionsvereinbarung nun zumindest das Konzept der Branchenschwerpunktorte abgeschafft werden soll. Aber dies sollte nur der erste Schritt sein. Eine grundlegende Änderung der Förderstrategie des Landes ist, denke ich, überfällig.

Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Homeyer, sind wir auch davon überzeugt, dass allen Regionen, und nicht nur den RWK, bei der Identifizierung ihrer Stärken und Schwächen eine aktive Rolle zugeteilt werden muss und dass es der falsche Weg ist, weite Teile des Landes von der Wirtschaftsentwicklung abzuschneiden. Auch aus dem Bericht ist nicht erkennbar, wie die von der Förderung abgeschnittenen Regionen von der Entwicklung der RWK in den letzten Jahren profitiert haben sollen. Die Verteilung der knappen öffentlichen Mittel nach dem vorgelegten Konzept zu den gegebenen Rahmenbedingungen lehnen wir ab.

Die Schlussfolgerung zum Bericht besteht für uns darin, die Wirtschafts- und Infrastrukturförderung zukünftig auf kleine, diversifizierte Wirtschaftsstrukturen auszurichten und diese zu unterstützen. Eine Förderung von einzelnen Branchen führt hingegen zu homogenen und künstlichen Wirtschaftsstrukturen, die die Abhängigkeit der Regionen von einzelnen Branchen sinnlos verstärken. Ich erinnere nur an das Beispiel der Stahlindustrie in Eisenhüttenstadt. Die Stahlindustrie stand letztes Jahr auf der Kippe. Wäre sie wirklich gekippt, wäre der ganze Ort Eisenhüttenstadt abzuschreiben gewesen.

Das kann nicht unser Ansatz sein. Wir brauchen diversifizierte Wirtschaftsstrukturen in allen Regionen des Landes. Diese sind viel krisenresistenter und besitzen auch langfristig die Möglichkeit, an technologischen Fortschritten in den unterschiedlichsten Branchen teilzuhaben und damit Wachstumsvorteile zu generieren. Ich denke, die Erfahrungen in anderen Bundesländern mit einem modernen Regional- und Clustermanagement, das sich von Kernen löst und zu bundeslandweiten Konzepten steht - wie in Bayern -, sollten wir in Zukunft berücksichtigen.

Wir wollen eine ergebnisoffene Evaluation. Das bedeutet eine Evaluation, die auch das Ergebnis haben kann, dass man sich von dem Konzept der regionalen Wachstumskerne verabschiedet. In diesem Sinne sind wir gespannt auf den Fortgang der Diskussion. - Danke.

(Beifall GRÜNE/B90)