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Heiner Klemp spricht zu: Regionalen Tourismus in Brandenburg stärken

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, liebe Gäste,

als ich mir Ihren Antrag das erste Mal durchgelesen habe, liebe Linke, hatte ich doch den Eindruck, dass dieser ziemlich dünn ist. Vielleicht lag es daran, dass der Bericht der Landesregierung zur Umsetzung der Landestourismuskonzeption genau einen Tag nach der Einbringung Ihres Antrags vorgelegt wurde. Dieser Bericht zeigt ja deutlich auf, wie die Landesregierung auch und gerade in der schwierigen Situation in der Pandemie diesen Wirtschaftssektor unterstützt hat und weiter unterstützt.

Keine Frage: Viele der touristischen Betriebe sind in den letzten anderthalb Jahren durch die Hölle gegangen. Reisebeschränkungen, Zwangs-Schließungen und die fortdauernden Hygienemaßnahmen belasten die Branche in nie dagewesenem Umfang. Staatliche Hilfsprogramme haben zwar einen flächendeckenden Zusammen­bruch verhindern können, dennoch wurde und wird der Branche viel abverlangt.

Wir haben aber auch gesehen, dass der Tourismus sofort wieder anspringt, die Auslastung von Null auf Hundert steigt, wenn es wieder geht. Das gibt große Hoffnung für die Zukunft. Auch das Wieder­entdecken Brandenburgs durch die Gäste aus Deutschland und unseren Nachbarländern lässt auf eine weitere nachhaltige Belebung des Sektors hoffen.

Und Nachhaltigkeit ist auch hier das Stichwort: Durch Urlaub im eigenen Land werden nicht nur die Wege verkürzt, der Urlaub wird auch allgemein mehr im Einklang mit der Natur verbracht. Und plötzlich werden aus dem „Verzicht auf die Fernreise“ ganz tolle Urlaubserlebnisse vor der Haustür.

Und Brandenburg kann als Tourismusdestination noch besser werden: Durch einen besser ausgebauten Personennahverkehr, der die touristischen Ziele auch ohne Auto erreichbar macht. Perspektivisch kann er über die Einführung einer BrandenburgCard von den Gästen pauschal finanziert und dann kostenlos genutzt werden. Dafür setzen wir uns ein.

Der Bau touristischer Radwege ist wirtschaftlich höchst erfolgreich: Radreisende lassen bis zum 11-fachen der Investitionskosten im Land. Investitionen in die touristische Radinfrastruktur suchen somit ihresgleichen und werden deshalb auch vom Land aus dem GRW-I-Programm gefördert.

Auch Mischformen aus Urlaub und Arbeit können einen Beitrag zur weiteren Entwicklung der Branche leisten. Neudeutsch „Workation“ genannt, also die Verknüpfung von „Work“ (Arbeit) und „Vacation“ (Urlaub). Das ist beispielsweise das Geschäftsmodell des „Coconat“, des wohl bekanntesten Co-Working-Spaces in Brandenburg. Nachahmung empfohlen!

Natürlich freue ich mich, dass Sie die Programme der Landes­regierung „Starke Destinationen“ und „Invest-Gast“ loben. Dass sie gut funktionieren, sieht man auch daran, dass das Geld dort knapp wird und ich stelle dem Ministerium anheim zu prüfen, ob eine Anpassung des Budgets zielführend ist.

Ihre Fokussierung auf die 12 Reiseregionen teile ich, denke aber nicht, dass wir hier unbedingt vom Land aus hineinregieren sollten. Die Reiseregionen organisieren sich selbst und das ist der beste Garant dafür, dass sie in ihrer Unterschiedlichkeit zur Geltung kommen.

Gleichzeitig sehen wir, dass tatsächlich auch von Landesseite verschiedenste Unterstützung geleistet wird, nicht nur aber auch ganz besonders im Bereich Digitalisierung. Über den Leitfaden zur Zukunft des Destinationsmanagements werden den Regionen konkrete Vorschläge gemacht, die diese auf Basis ihrer jeweiligen Schwerpunkte umsetzen können.

Außerdem wird der Tourismus auch durch bewährte Förder­instrumente vorangebracht; insbesondere das LEADER-Programm ist hier zu nennen. Wichtig ist auch hier, dass die Schwerpunkte in den Regionen selbst gesetzt werden.

Das Hauptproblem der Branche wird von Ihrem Antrag leider nicht erfasst, nämlich der Mangel an Fachkräften. Stärker noch als andere Branchen haben Gaststätten und Beherbergungs­unternehmen Schwierigkeiten, geeignetes Personal zu finden.

In den Monaten von Kurzarbeit in der Pandemie haben viele Beschäftigte Angebote aus anderen Branchen angenommen und sind so dem Hotel- und Gaststättengewerbe verloren gegangen. Hier gilt es, mittel- und langfristig Vertrauen in die positive Entwicklung der Branche wieder­herzustellen und für Arbeit im Tourismus zu werben. Auch Zuwanderung müssen wir diesbezüglich verstärkt in den Blick nehmen.

Schließlich helfen hohe Impfquoten dabei, möglichst bald die verbliebenen Beschränkungen im Tourismus wieder aufzuheben. Daher ist jede Impfung auch ein Stück weit Solidarität mit den Unternehmen und den Beschäftigten im Tourismus.

Den Antrag lehnen wir ab.

Vielen Dank