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Rede im Landtag: AfD entlarven

- Es gilt das gesprochene Wort!

Remigrationsoffensive jetzt AfD, 7/9076

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren,

das wichtigste in meiner Rede zuerst: Meiner Kollegin Carla Kniestedt, die hier ein paar Sätze zu diesem Thema niederschrieb und an deren geistigen Eigentum ich mich hier in Teilen – verzeih mir, liebe Carla, nicht gänzlich – bediene, wünsche ich gute Besserung!

Von meinen Vorredner*innen und den Tausenden, die am Wochenende in Brandenburg auf der Straße waren, ist fast alles zu diesem Antrag gesagt.

Sie verfolgen mit diesem Antrag ihr übliches Prinzip: Sie wollen immer wieder destruktiv Angst verbreiten vor Menschen, die nach Deutschland kommen. Oder aber vor Menschen, die schon lange hier sind, sogar hier geboren und aufgewachsen sind, aber nach Meinung der Herrschaften hier rechts nicht hierhergehören.

Nur die Überschriften verändern sich und damit versuchen Sie seit Jahren Ihr Gedankengut, Ihre Pläne auf massenhafte Deportation von Menschen, Ihre Menschenverachtung mit beschönigenden Worten in die Mitte der Gesellschaft zu tragen. Diesmal, wen wundert es, läuft das Ganze unter „Remigrationsoffensive“. Dieses Wort ist eines von vielen Beispielen, wie Worte umgedeutet werden, mit veränderten Inhalten versehen werden und so das Denken von Menschen beeinflussen.

Der Romanist Victor Klemperer hat in Dresden akribisch Tagebuch geführt über die Jahre 1933 bis 1945, den sich schleichend verändernden Alltag beschrieben. Er hat vor allem in seinem Buch LTI, Lingua Tertii Imperii (die Sprache des Dritten Reiches) gesammelt, WIE Sprache das Denken verändert, welchen Einfluss Worte schlussendlich auf das Handeln haben.

Er schreibt sinngemäß, dass auch die als Lüge erkannte Propaganda wirkt, wenn man sie nur unbeirrt fortsetzt. Und weiter sagt er: Worthäufigkeiten, Wortwerte werden verändert, Sprache wird durchtränkt mit Gift, sie wird das stärkste öffentliche Werbemittel. Und genau das ist der Plan der AfD.

Ein paar Beispiele? Liebe Kolleginnen und Kollegen, was verbirgt sich Ihrer Meinung nach hinter dem Wort EUTHANASIE? Das meint ursprünglich „guter Tod“. Und dann änderte sich nach und nach, was dieser Begriff meint. Ende des 19. Jahrhunderts waren rassenhygienische und sozialdarwinistische Ideen auf dem Vormarsch. Sie bereiteten den Boden für das, was dann geschah: das massenhafte Morden von Menschen, deren Leben als unwert angesehen wurde. Schauen Sie sich mal an, wie sich in den Lexika des frühen 20. Jahrhunderts die Definition Von Euthanasie verändert.

Woran denken Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, bei dem Wort ENDLÖSUNG? Es ist ein im Grunde technischer Begriff, den es lange gab, in lauter unschuldigen Zusammenhängen. Bis zur Wannsee-Konferenz. Da wurde dieser Begriff zum ungeheuerlichsten Euphemismus der Weltgeschichte. Es ging um perfekte Planung des millionenfachen Mordes an den europäischen Juden.

Und woran dachten Sie noch bis vor ein paar Wochen bei dem Wort REMIGRATION? Dieses Wort beschrieb nichts anderes als die freiwillige Rückkehr oder auch vorübergehende Reise eines Migranten in seine Ursprungsheimat. Und es meint IMMER einzelne Menschen. Nie Gruppen. Wenn nun also die AfD eine „Remigrationsoffensive“ fordert ist das die inhaltliche Umdeutung eines Begriffes, um das eigentlich zutreffende Wort Massendeportation nicht benutzen zu müssen. Denn das würden wahrscheinlich doch nicht alle Wählerinnen und Wähler der AfD befürworten.

Deutschland 2024 ist zum Glück nicht Deutschland vor 100 Jahren. Die Zivilgesellschaft meldet sich eindrucksvoll zu Wort.

Aber, wie gesagt: wir müssen auf UNSERE Sprache achten. Darauf, wie wir sprechen. Darauf, was die AfD in ihren Anträgen mit Sprache tut. Denn aus Sprache wird Denken wird Handeln. Herzlichen Dank

Weiterführende Informationen

Rede zu: Antrag "Remigrationsoffensive jetzt! - Rücknahme rechtswidriger Einbürgerungen gemäß § 35 Staatsangehörigkeitsgesetz" (TOP 4 der 99. Plenarsitzung)