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Sabine Niels spricht zum bündnisgrünen Antrag „Bundesratsinitiative zur Beweislastumkehr für Bergschadensregelung bei Tagebaubetroffenen im Bundesbergrecht“

Redemanuskript als PDF

- Es gilt das gesprochene Wort!

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,

Was vielen überhaupt nicht bekannt war und was ich heute deswegen hier im Parlament unbedingt noch einmal bekannt geben möchte: Im Bundesbergrecht gilt für untertägigen Bergbau, dass der Bergbaubetreiber an Schäden schuld ist, die in der Umgebung des Bergbaus auftreten. Bei Tagebauen ist das nicht so. Das ist seit Jahren nicht so, obwohl man auch beim Braunkohletagebau deutlich Ursache und Wirkung unterscheiden kann. Insbesondere, was die Sümpfung angeht - also die Grundwasserabsenkung -, sind deutliche Zusammenhänge erkennbar. Wenn sich ein Grundstück um 25 bis 50 Zentimeter senkt, sind Risse dadurch zu erklären.

Die Beweislastumkehr, die wir jetzt fordern, betrifft dann also besonders unsere Region, betrifft dann besonders die Lausitz. Deswegen finde ich es gut, dass die SPD und DIE LINKE immerhin im Entschließungsantrag in die Richtung gehen, die wir mit unserem Antrag eingeführt haben.

Was ich nicht ganz verstehen kann, ist, warum Sie nicht uneingeschränkt zustimmen, denn die Sozialdemokraten in Nordrhein-Westfalen haben diese Bundesratsinitiative zur Beweislastumkehr sogar in ihrem Koalitionsvertrag verankert. Ich erwarte doch immer wieder bei dem einen oder anderen Tagesordnungspunkt, dass sich sozialdemokratische Politik auch in Brandenburg erkennen lässt.

Hier vermisse ich das. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass der Koalitionspartner LINKE dort Bremsklotz war, denn die sind im Bundestag ganz auf unserer Seite und sind auch diejenigen, die, wenn es um Bekundungen geht, ganz auf der Seite der Geschädigten des Bergbaus stehen.

Noch einmal zur Verdeutlichung: Diejenigen, die vom Braunkohletagebau geschädigt sind, müssen ganz große Konflikte aushalten, wenn ihre Bergschäden vom Unternehmen Vattenfall nicht anerkannt wurden, und sind deswegen nicht so gern an die Öffentlichkeit gegangen. Dass sie es jetzt geschafft haben und dass sich auch die Initiative - die gibt es tatsächlich - Netzwerk Bergbaugeschädigter wegen vermuteter Bergbauschäden reanimiert hat, finde ich sehr gut. Seit 2007 bin ich in der Region unterwegs und erlebe sehr viel Resignation - übrigens auch die berühmte Politikverdrossenheit und das Nicht-glauben-Können an Aussagen von Politikerinnen und Politikern.

Deswegen mahne ich hier zur Vorsicht. Mit dem Entschließungsantrag, dass die Landesregierung also dazu berichten soll, wie sie sich eine Bundesratsinitiative dazu vorstellt, schüren Sie noch einmal Hoffnungen. Wenn die Lausitzer in dieser Legislatur enttäuscht werden ‑ wenn es nämlich keine Bundesratsinitiative von Brandenburger Seite gibt ‑, dann haben wir ganz schlechte Karten, was das Demokratieverständnis der Lausitzer angeht.

Ich sage ganz deutlich: Es gibt bei denjenigen, die Bergschäden an ihren Gebäuden zu verzeichnen haben und wegziehen müssen, weil man die Häuser nicht mehr verkaufen kann, weil sie im Wert sinken, sowohl Menschen, die daran festhalten, dass es weiter Braunkohletagebaue geben soll, als auch solche, denen es egal ist, oder solche, die sich gegen neue Tagebaue wenden. Die „Religion“, dass die Energiewende später kommen kann oder dass Braunkohletagebaue eine Brücke sind, spielt überhaupt keine Rolle. Die Menschen haben den Heimatbegriff verloren, weil sie Staub und Lärm ausgesetzt sind und Schäden zum großen Teil nicht reguliert bekommen.

Dass laut der Angaben von Vattenfall nur 40 % der Fälle überhaupt reguliert werden, hat damit zu tun, dass sich Vattenfall ganz sicher sein kann, dass die Gelder, um die Entschädigung einzuklagen, von den Betroffenen nicht aufgebracht werden können. Denn man muss ein Verfahren erst einmal finanzieren. Man muss seinen Anwalt erst einmal bezahlen. Und wenn man immense Schäden hat, die Schadenssumme also hoch ist, sind die Kosten für den Rechtsanwalt umso höher.

Deswegen ist es ganz wichtig, dass wir uns ‑ egal, wie wir über Energiepolitik denken ‑ im Bundesrat einsetzen, und zwar als eine Region, die massiv mit Braunkohletagebau zu tun hat. Dazu können wir uns nicht auf andere Bundesländer berufen ‑ übrigens auch ich nicht auf BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN in Nordrhein-Westfalen, die es trotz des Koalitionsvertrags noch nicht geschafft haben, eine Bundesratsinitiative zu starten. Insofern gibt es bei mir auch eine gewisse Empathie dafür, dass man sich in Parteien öfter mal streitet; ich bin vielleicht auch dafür bekannt, das hier und dort zu tun.

Allerdings muss ich auch sagen, dass wir in Nordrhein-Westfalen leider nicht die Mehrheit haben, und insofern danke ich noch einmal der Brandenburger SPD und der LINKEN, die Nordrhein-Westfalen ein wenig anschieben. Ich finde, die haben es jetzt, im Jahre 2013 einmal verdient, dass so ein richtiger Ostwind hinüber in den Westen bläst, und dann geht im Interesse der Geschädigten politisch das Feuer ab. – Danke schön.

Zweiter Redebeitrag von Sabine Niels:

Ich finde, das ist ein großartiger Entschließungsantrag, weil er weiter geht als unser Antrag, Frau Hackenschmidt. Ich hatte die Beweislastumkehr deswegen beantragt, weil wir andere Themen zum Bergrecht auch schon im Landtag behandelt haben und ich mir jetzt einfach Zustimmung bezüglich dieses einen Detailproblems erhofft habe.

Ich bin sehr froh darüber und finde es auch gut, Herr Christoffers, dass Sie sagen, Sie packen da einfach noch mehr hinein und warten die Bundestagswahl ab. Das kann ich alles unterstützen.

Was ich Ihnen, Kollege Domres, ans Herz legen möchte, ist ein sehr gutes Stück Literatur, und zwar meine heutige Rede zu diesem Tagesordnungspunkt.

Was die Stellungnahme zu Garzweiler angeht: Die SPD ist in der Mehrheit. Sie haben dort eine sozialdemokratische Ministerpräsidentin. Das zum Punkt 1, Nachholbedarf, Politik und Regieren in Deutschland.

Zum Punkt 2: Der Bundesrat hat eine andere politische Mehrheit als der Bundestag. Und deswegen erhoffe ich mir von einer Bundesratsinitiative noch einmal einen ganz anderen Schub, was das Bergrecht angeht.

Ich danke allen Vorrednerinnen und Vorrednern und freue mich, dass Herr Christoffers jetzt richtiggehend öffentlich dargelegt hat, dass man sich auf sein Wort verlassen kann. Insofern traue ich mich auch, diese Debatte erhobenen Hauptes in der Lausitz wiederzugeben, und mein Glaube daran, dass in Deutschland alles besser wird, ist hiermit gestärkt. - Danke.