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Clemens Rostock spricht zu: Tarifbindung im Land Brandenburg stärken

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich habe den letzten Redebeitrag irgendwie als fatalistisch empfunden. Ich möchte dagegen doch noch einmal meinen Dank an die Linksfraktion aussprechen. Tarifverträge und Tarifbindung sind wichtige Themen, über die es sich immer zu sprechen lohnt. Dabei geht es schließlich um die Mehrheit der Menschen draußen im Land; das darf man ja wohl nicht vergessen.

Ich bin selbst IG Metaller und spreche gerade viel mit meinen Kolleginnen und Kollegen in der Gewerkschaft, und natürlich hat die Forderung nach einer Tarifangleichung Ost-West, gerade bei der Arbeitszeit, meine uneingeschränkte Unterstützung, und es ist eine richtige und wichtige Forderung, die endlich erfüllt werden muss. Aber ob es nun hier diesen Antrag gibt oder nicht, darüber schmunzeln wir nur. Dazu brauchen wir den Antrag von der AfD eher nicht.

Als ich den Antrag zum ersten Mal gesehen habe, habe ich zunächst an den 7. Oktober gedacht, nicht an den Tag der Republik, den vielleicht einige noch von früher kennen, sondern seit 2008 wird am 7. Oktober der Welttag der menschenwürdigen Arbeit begangen, in Englisch: World Day for Decent Work. Im letzten Jahr stand ich an diesem Tag auch frühmorgens um 5 Uhr am Bahnhof Hennigsdorf und habe mit anderen DGB-Kolleginnen und -Kollegen Flyer verteilt; es ging genau darum: um die sinkende Tarifbindung und die Vorteile von Tarifverträgen. Dies wurde dort thematisiert, und die Vorteile von Tarifverträgen wurden deutlich dargestellt.

Die Vorteile liegen auch auf der Hand, teilweise wurden sie auch schon genannt: höhere Löhne, mehr Urlaubstage, geringere Arbeitszeit und auch Regelungen zu Azubi-Übernahmen - diese sind ja durchaus Teil von Tarifverträgen -, vermögenswirksame Leistungen oder auch Äußerungen zum Urlaubsgeld. Um keinen falschen Eindruck zu vermitteln: Auch die Arbeitgeber haben etwas von Tarifverträgen.

(Zuruf)

Betriebsklima, klar, Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber eben auch der faire Wettbewerb, der bereits angesprochen wurde: dass nicht die Ehrlichen bzw. die gut Zahlenden die Dummen sind. Und auch der Staat profitiert: Höhere Einkommen führen zu höheren Steuereinnahmen und höheren Einnahmen bei der Sozialversicherung. Volkswirtschaftlich darauf geschaut hat auch Herr Walter bereits und Zahlen genannt. Der DGB hat ausgerechnet: Gäbe es im Land Brandenburg eine flächendeckende Tarifbindung, hätten die Brandenburger 2,3 Milliarden Euro im Jahr mehr im Portemonnaie. Wir können uns gut vorstellen, was das bedeuten würde und wie gut und schön das wäre.

Langer Rede kurzer Sinn: Das Ziel, die Tarifbindung zu stärken, ist absolut richtig und aus meiner Sicht auch notwendig. Aber was fordert der Antrag konkret? Aus meiner Sicht sind die wichtigsten Punkte die folgenden: Tariftreue im Vergabegesetz ist der erste Punkt, und die Koalition hat bereits bewiesen, dass sie das Vergabegesetz durchaus auf dem Schirm hat. Wir haben beschlossen, den Vergabemindestlohn auf 13 Euro anzuheben. Übermorgen ist es so weit. Damit ist Brandenburg Spitzenreiter und tut etwas gegen drohende Altersarmut.

Darüber hinaus haben wir auch die ökologischen Kriterien für die Landesebene verbindlich geregelt, und auch eine Tariftreueregelung steht im Koalitionsvertrag und ist in der Koalition noch auf der Tagesordnung. Vielleicht klang es bei Herrn Bommert nicht so heraus, aber ich denke, wir sind dabei auf einem ganz guten Weg. Lassen Sie uns noch ein wenig Zeit. Was Sie in zehn Jahren nicht geschafft haben, schaffen auch wir nicht in anderthalb Jahren, aber wir arbeiten daran.

Des Weiteren: Dialog mit den Gewerkschaften, und - ich weiß nicht, wer es gesagt hat, es wurde schon thematisiert -, die Gesprächskanäle gibt es natürlich. Ich glaube, wir brauchen nicht irgendwelche neuen Dinge zu erfinden. Die Vorschläge liegen auf dem Tisch. Es gibt eine ganz gute Broschüre vom DGB. Vielleicht schauen Sie einmal hinein, Herr Walter; sie ist sehr aufschlussreich.

Ein letzter Punkt, aus meiner Sicht der wichtigste: Sie wollen auf Bundesebene vereinfachen, dass Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt werden. - Richtig so! Das finden wir auch gut: auf Bundesebene. Aber dazu kann ich nur sagen, was ich an anderer Stelle zu ähnlichen Anträgen gesagt habe: Wenn Sie wollen, dass sich die Landesregierung wirklich dazu positionieren muss, dann bringen Sie es doch in den Bundesrat ein, und dann können wir darüber sprechen, wie sich Brandenburg dazu verhält.

So werden wir den Antrag ablehnen. Ich wünsche ebenfalls einen schönen 1. Mai. Ich bin übrigens in Hennigsdorf dabei, dort organisieren wir auch immer eine Demo. Das Familienfest muss in diesem Jahr leider ausfallen, aber die Demo findet statt. Vielleicht sieht man sich ja.

Vizepräsidentin Richstein: Vielen Dank. - Es wurde eine Kurzintervention angezeigt. Herr Abgeordneter Walter, bitte.

Herr Abg. Walter (DIE LINKE): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Lieber Kollege Rostock, ich kann es ja schon fast nicht mehr hören von Ihnen. Sie wussten doch ganz genau, als Sie mir sagten, ich solle einmal in die DGB-Broschüre hineinschauen, sie sei sehr interessant, dass ich natürlich darauf reagieren muss; denn ich lasse mir von Ihnen ganz sicher nicht erklären, dass der DGB gute Broschüren macht. Und wenn Sie jetzt den DGB ins Feld führen, dann sprechen Sie doch einmal mit dem DGB und den Kolleginnen und Kollegen vor Ort und erklären Sie ihnen mal, was Sie gerade erklärt haben!

Sie erklären uns immer - auch Kollege Rüter -, ja, Sie sind dafür, haben sogar meiner Rede applaudiert - vielen Dank dafür übrigens -, aber handeln können Sie anscheinend nicht. Deshalb frage ich Sie: Fehlt Ihnen am Ende tatsächlich der politische Wille? Haben Sie Angst vor Herrn Bommert und der CDU? Wenn es so sein sollte, kann ich nur sagen: Wir haben immer noch eineparlamentarische Mehrheit in diesem Landtag mit drei Fraktionen - Rot-Rot-Grün -, und wir könnten die Tariftreueregelung jetzt, hier und heute beschließen, wenn Sie Ihre Worte tatsächlich
ernst meinen würden.

Ich sage Ihnen auch, warum ich noch nicht einmal einen Gesetzentwurf eingebracht habe: Weil ich schon wusste, was kommt, haben wir in den Antrag geschrieben, dass Sie uns bitte bis zum
IV. Quartal dieses Jahres, also bis Ende dieses Jahres, einen Vorschlag vorlegen sollen. Wenn Sie das nicht hinbekommen, muss ich Ihnen sagen: Ich glaube Ihnen nicht, dass Sie es mit der Tarifbindung wirklich ernst meinen, denn dann würden Sieanders reden und handeln. Denn es reicht nicht aus, am 1. Mai mit roten oder grün-roten Fahnen oder mit roter Nelke herumzulaufen.
Wenn Sie es ernst meinen, dann stimmen Sie jetzt diesem Antrag zu, und dann, sage ich Ihnen, werde ich auch auf Facebook schreiben, dass Sie das hier gemacht haben,

(Zurufe)

und werde nie wieder über die Dinge herummeckern, die Sie hier nicht tun. - Vielen Dank.

Vizepräsidentin Richstein: Das ist ja schon mal ein großes Versprechen. - Herr Abgeordneter Rostock, möchten Sie erwidern?

Ja, vielen Dank. - Ich habe ja gesagt, wir sprechen in der Koalition darüber. Nun gibt es verschiedene Wege zur Tariftreueregelung, wie man die Klausel genau macht. Es gibt Bundesländer, die verschiedene Wege gehen, und wir schauen uns das ganz genau an und entscheiden, welchen Weg wir gehen wollen. Wir wollen das Ganze auch rechtssicher und in Absprache mit unseren Koalitionspartnern machen, deshalb dauert es noch ein wenig.

Ich kann Ihre Ungeduld verstehen und teile sie auch; aber so ist es nun einmal in der Politik: Manches braucht Zeit. Ich denke, wichtig ist, was hinten herauskommt; das habe ich an anderer Stelle schon einmal gesagt. Bei der Volksinitiative „Verkehrswende Brandenburg jetzt!“ wurde auch geschrieben, es sei schon alles vorbei und es würde kein Kompromiss kommen, und am Ende kam doch etwas.

Ich kann einfach nur um Geduld bitten und zum Ausdruck bringen, dass wir daran arbeiten; und ich weiß Sie dann sicher an unserer Seite, wenn wir die Lösung gefunden haben. Vielleicht sind wir sogar schneller als mit dem, was Sie in Ihrem Antrag vorgeschlagen haben - das ist ja durchaus auch noch möglich - und kommen zu einer guten Lösung. Da bin ich sehr optimistisch.

- Vielen Dank.