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Carla Kniestedt spricht zu: Umsetzung der Handlungsempfehlungen der Enquete zu Ländlichen Regionen

- Es gilt das gesprochene Wort!

Es ist erstaunlich, plötzlich reden alle über den ländlichen Raum. Naja, ganz so plötzlich ist es in Brandenburg nicht passiert. Zu Zeiten, als noch von schrumpfender Bevölkerung geredet wurde, vom Aufgeben bestimmter Regionen, weil sich da nichts mehr lohnen würde, hat Brandenburg die Enquetekommission ins Leben gerufen. Und die hat wiederum einen Abschlussbericht vorgelegt mit über 130 Maßnahmen, die es umzusetzen gilt. Wobei ich hinzufüge, dass nie ausgeschlossen werden darf, neuere Erkenntnisse in Sachen Ländlicher Raum in Entwicklungsstrategien einfließen zu lassen. Und nun also die Große Anfrage der LINKE. Ich bin sehr dankbar dafür, dass dieses Thema heute auf der Tagesordnung steht.

Es hat sich Erstaunliches getan. Der ländliche Raum ist sowas von en vogue geworden. Soll man sagen, Corona sei Dank, so hört man es hin und wieder. Ich würde nicht soweit gehen. Ich würde eher sagen: Endlich beginnt das Begreifen, dass der Ländliche Raum nicht einfach das landschaftlich reizvolle Umland für Großstädter ist, den er im Falle von Reizüberflutung aufsucht, Landlust eben. Schon das Wort löst übrigens beim Bewohner der unendlichen Weiten Brandenburgs Abwehr aus. Und es gibt Gründe dafür. Die, die die Sommerfrische genießen hatten oft nur wenig Berührung mit den massiven Problemen, die sich über Jahrzehnte aufgebaut hatten. An die wir rangehen.

Erstes und wie ich finde sehr wichtiges Thema: Den Dörfern wieder mehr Selbstbestimmung ermöglichen. Auch wenn sie Teil einer Gemeinde sind. Der Name Ortsteil wird im ungünstigsten Falle als Anhängsel von irgendetwas Großem interpretiert ist damit weit weg von der Möglichkeit, das Dorf betreffende Entscheidungen zu treffen. Was auch mit Geld zu tun hat. Deshalb ganz wichtig: Die Kommunalverfassung des Landes wird geändert, ab Juli werden Ortsteilbudgets verpflichtend.

Ganz grundsätzlich geht es bei allem was gemacht wird darum, zu erkennen: ExpertInnen in Sachen ländlicher Raum sind die BewohnerInnen. Sie sind die entscheidenden AkteurInnen. Das zu stärken gibt es mit LEADER ein Förderinstrument mit dem richtigen Ansatz. Die Region entscheidet, was der Region hilft und notwendig ist. Allerdings: die Beantragung der Mittel ist ein hochkomplexer, viel zu komplizierter Vorgang, der dringend vereinfacht werden muss für die kommende Förderperiode, was erarbeitet werden muss.

Was zu Selbstbestimmung unbedingt gehört: Netzwerke, die in den Dörfern selbst entstanden sind und entstehen. Eines, auch zu finden im Bericht der Enquetekommission: Das Parlament der Dörfer. Es wird stattfinden und damit eine wahrnehmbare Stimme sein. In Brandenburg, in Deutschland und, soweit geht es wirklich, in Europa. Denn die Probleme und Herausforderungen ähneln sich in den Grundzügen überall.

Daseinsvorsorge ist so ein Problem. Da haben wir einen wirklich hoffnungsvollen Schritt gemacht, gerade erst, der den Forderungen der Enquetekommission gerecht wird: Der Beschluss, ein Mobilitätsgesetz, ausgerichtet an den Bedürfnissen des ländlichen Raumes UND des Klimaschutzes. Das geht nämlich großartig zusammen! Okay, die Namen von Gesetzen klingen irgendwie immer ein bisschen theoretisch. Das ist der Inhalt aber ganz und gar nicht. Ein paar Stichworte: das überfällige Bekenntnis zur Reaktivierung von Strecken und der Sicherung von Strecken, die nicht überplant werden dürfen. So dass es grundsätzlich möglich bleibt, wieder Züge verkehren zu lassen. Und was mich besonders freut: ein landesweiter Radwegeplan soll entstehen, der eben nicht vorzugsweise den erholungsuchenden Lustradler in den Blick nimmt, sondern die Bedürfnisse der EinwohnerInnen ernst nimmt, die möglichst sicher und schnell von A nach B kommen wollen mit ihrem Rad. Und so weiter und so weiter.

Fakt ist: Dörfer brauchen Zuwanderung. Und die ist unterwegs. Corona tut da fatalerweise ein Übriges. Und nun gilt es dafür zu sorgen, dass die Neuen, die wirklich leben wollen im ländlichen Raum mit neuen, ungewohnten Konzepten, ihren Raum finden. Dass aber diese Variante nur eine unter vielen ist. Der Charme des Landes, seine Stärke, die gerade wieder entdeckt wird ist doch, das Co-Working existiert neben nachhaltiger Landwirtschaft, handwerklicher Veredlung von Produkten usw….

Es ist noch ein weiter Weg hin zu gleichwertigen Lebensverhältnissen. Zu guter Daseinsvorsorge. Zur Realisierung all dessen, was in den Forderungen der Enquetekommission fixiert wurde. Aber wir haben uns auf den Weg gemacht.