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Rede im Landtag: Wer gelernt hat, dass man gemeinsam Probleme angehen und lösen kann, der ist weniger anfällig für antidemokratische Einflüsse.

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Liebe Kolleg*innen, liebe Gäste,

der 10. Bericht zur Umsetzung des Handlungskonzepts „Tolerantes Brandenburg“ zeigt uns nicht nur, wie schwierig die Arbeit für die Beratungs- und Netzwerkstrukturen in der Corona-Pandemie war und ist. Der Bericht zeigt uns vor allem auch, wie wichtig diese Arbeit gerade in dieser Zeit war.

Denn nicht nur musste die normale Präventionsarbeit unter schwierigen Bedingungen weitergeführt werden, hinzu kamen noch ganz neue Herausforderungen, die sich aus dem Einsickern von verschwörungstheoretischem und rechtsextremen Gedankengut ergab: im öffentlichen Diskurs, in Gemeinden, in Freundeskreisen und allzu oft auch im Familienkreis war die Gesellschaft plötzlich mit einem Infragestellen von Institutionen unserer Demokratie konfrontiert, das so lange undenkbar schien.

Die Koordinierungsstelle und die Akteure des Netzwerks haben sich dieser Aufgabe gestellt. Sie haben dabei unterstützt, schwierige Debatten um die Abwägung zwischen Gesundheitsschutz und Freiheitsrechten respektvoll und demokratisch zu führen, sie haben geholfen, rechtsextreme Aktivitäten aufzudecken, die versuchten legitimen Protest zu unterwandern. Und sie standen wie gehabt auch unter schwierigen Bedingungen Opfern rechter Gewalt bei. Dafür an dieser Stelle an alle Akteure des Toleranten Brandenburgs mein herzlicher Dank und Respekt!

Besonders herausstellen möchte ich an dieser Stelle das neu geschaffene Projekt „Mitmensch“ in Trägerschaft des Mobilen Beratungsteams, das Beratungsangebote für Betroffene von Verschwörungserzählungen im Freundes-, Arbeits- oder Bekanntenkreis anbietet.

Denn wenn ein Mensch in einem Strudel aus Verschwörungsideologien versinkt – seien es die Ergüsse eines Attila Hildmann, seien es Q-Anon-Mythen oder auch Erzählungen eines angeblichen großen Austauschs – dann sind Freunde und Angehörigen die Personen, die am ehesten helfen können, wieder den Bezug zur Realität zu finden.

Doch diese sind damit oft überfordert. Sind doch diese Erzählungen genau darauf optimiert, mit verschiedenen Techniken das kritische Denken und jede Widerlegung ihrer kruden Thesen von Anfang an auszuschließen. Ohne Unterstützung wird hier viel zu oft aus Überforderung und zum Selbstschutz einfach der Kontakt abgebrochen.

Hier wird ganz konkret Familien geholfen, die in Gefahr sind, auseinanderzubrechen, und gleichzeitig früh angesetzt, um Radikalisierung entgegenzutreten.

Als zweiten Punkt besonders hervorheben möchte ich das im Berichtszeitraum entwickelte Konzept zur Demokratieförderung. Gerade in Zeiten zunehmender Polarisierung und teilweiser Entfremdung vom demokratischen Prozess ist es absolut essentiell, dass Menschen bei sich direkt vor Ort erleben können, wie demokratische Aushandlungsprozesse funktionieren. Jede und Jeder sollte die Möglichkeit haben, das eigene Umfeld mitzugestalten. Und ich bin sehr froh, dass mit diesem Konzept die Grundlage geschaffen wurde, um in diesem Bereich noch systematischer zu unterstützen.

Denn wer die Erfahrung macht, dass es sich lohnt, sich einzumischen, wer gelernt hat, dass man gemeinsam Probleme angehen und Mehrheiten dafür organisieren kann, der ist weniger anfällig für antidemokratische Einflüsse, egal von welcher Seite sie kommen. Das ist ganz praktische Stärkung unserer Demokratie.

Auf zwei weitere Konzepte sei hingewiesen:

  • „Handlungskonzept der Landesregierung gegen Rassismus im Land Brandenburg“
  • „Präventionsstrategie der Landesregierung Brandenburg gegen islamischen Extremismus im Land Brandenburg. Radikalisierung erkennen, verhindern und bekämpfen – Demokratie, Werte und Normen verteidigen“

Meine Damen und Herren, die AfD hat im Laufe der letzten Jahre immer wieder versucht, die Akteure des Netzwerks zu diffamieren und stellt sich hier heute ganz offen gegen die Demokratieförderung im Land Brandenburg. Ich sage Ihnen, das wird Ihnen nicht gelingen.

Brandenburg ist und bleibt weltoffen und tolerant und in Brandenburg wurde ganz bewusst ein breites Bündnis aller demokratischen Kräfte von tief Konservativ bis ganz Links geschmiedet, in dem gemeinsam der Auftrag unserer Verfassung - sich für die Menschenwürde und gegen Gewalt und Diskriminierung einzusetzen – vorangetrieben wird. Und dieser breite Konsens, auf den Brandenburg zu Recht stolz ist, wird sich auch weiterhin menschenfeindlichen Umtrieben entschieden entgegenstellen.

Antidemokraten sind überall aktiv, wo Menschen zusammentreffen. Sei es in der Kirchengemeinde, bei der freiwilligen Feuerwehr oder in der lokalen Umweltinitiative. Deshalb ist es so wichtig, ein breites Bündnis von gesellschaftlichen Akteuren aus allen Bereichen zu schmieden. Und genau das leistet das Netzwerk Tolerantes Brandenburg.

Meine Damen und Herren, Staat und Zivilgesellschaft stehen vor enormen Herausforderung – sei es Corona, soziale Ungleichheit, Krieg in Europa oder auch der Klimawandel. Das Tolerante Brandenburg hat gezeigt, dass es in der Überwindung dieser Herausforderungen einen erheblichen und herausragenden Beitrag leistet und weiter leisten kann - Es ist wichtiger denn je, und deshalb werden wir es auch weiterhin unterstützen und gegen Angriffe verteidigen!

Vielen Dank!

Weiterführende Informationen

Rede zu: Bericht "Umsetzung des Handlungskonzepts „Tolerantes Brandenburg“ der Landesregierung - 10. Bericht der Landesregierung gemäß Beschluss des Landtages vom 27. August 2020" (TOP 8 der 70. Plenarsitzung)