- Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede!
Schon im September 2012 wurde in der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Monika Schulz-Höpfner und Beate Blechinger nach einem Brandenburger Konzept für den Einsatz von Familienhebammen im Kontext Früher Hilfen gefragt. Die Antwort lautete, dass für den flächendeckenden Ausbau des präventiven Kinderschutzes der Einsatz von Familienhebammen geplant sei und in regionale Fachkonzepte integriert werde.
Heute ich bin ganz erschrocken darüber, wie wenig passiert ist. Was wurde getan, um die präventiven Ansätze zum Kinderschutz durch die professionellen Angebote der Familienhebammen zu stärken? Wo bleibt die Zusammenarbeit der Schwangerschafts- und Konfliktberatungsstellen, Geburtskliniken, Krankenhäuser, Frauen- und KinderärztInnen sowie Einrichtungen der Frühförderung und Ehrenamtsstrukturen mit den Familienhebammen? Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit der regionalen Netzwerke Gesunde Kinder mit den Jugendämtern der Kreise und kreisfreien Städte in Bezug auf die Arbeit der Familienhebammen? Werden die Familienhebammen eingesetzt und bezahlt? Oder werden ihre Dienste gar nicht angefordert?
Mich ärgert das Fehlen einer Gesamtkonzeption für den landesweiten Einsatz der Familienhebammen gewaltig! Wir wissen, in Brandenburg fehlen nicht nur freiberuflich tätige Hebammen, die Geburtshilfe anbieten, sondern es fehlen uns auch Familienhebammen. Verschärft wird die Situation durch die berechtigte Sorge der Hebammen und Familienhebammen, ob sie aufgrund der gekündigten Haftpflichtversicherungsverträge überhaupt noch werden weiterarbeiten können. Der Bedarf für die Kommunen wurde auf 40-50 Familienhebammen geschätzt. In Kreisen und kreisfreien Städten wurden bisher lediglich zehn Hebammen eingesetzt und für ihre Arbeit bezahlt.
Obwohl Geld da ist – für den Zeitraum von 2012-2015 werden 5 Mio. aus den Mitteln des Bundeskinderschutzgesetzes für Frühe Hilfen und Familienhebammen bereitstehen – und das Geld auch vom Land an die Kommunen weitergereicht wird, müssen wir feststellen, dass die Familienhebammen von den Kommunen selten beschäftigt werden!
Das ist schlichtweg inakzeptabel – landesweite Handlungsempfehlungen und fachliche Standarts sind also dringend erforderlich!
Schon in der Handreichung des MBJS von Oktober 2012 zur „Umsetzung der Verwaltungsvereinbarung „Bundesinitiative Netzwerke Frühe Hilfen und Familienhebammen 2012-2015“ steht drin, dass von den vorhandenen 28 Familienhebammen in Brandenburg in der Praxis „soweit ihre Tätigkeit zeitlich und inhaltlich über die im Rahmen des SGB V (GKV) abrechenbare Leistungen hinausgeht, bislang nicht in allen Landkreisen bzw. kreisfreien Städten zum Einsatz“ kommen. Da „gesicherte Erkenntnisse über ihre Einsatzmöglichkeiten kaum vorhanden sind“, sollte darauf „hingewirkt“ werden, ihre „intendierte Einbindung“ in die regionalen Netzwerke Frühe Hilfen zu bewerkstelligen! Das klingt übervorsichtig!
Damit haben wir seit 2012 die Situation, dass die Kommunen die Arbeit der Familienhebammen selten anfordern und die Landesregierung ihrer Aufgabe nicht nachkommt und Vorgaben formuliert, wie die Kommunen die Aufgaben umsetzen können. Übrig bleiben viel zu viele Kinder und Eltern, die ihnen zustehende Hilfen nicht bekommen, weil ihr Anspruch keinen Adressaten findet!
Die Zuständigkeit für die Frühen Hilfen wurde im Rahmen des Kinder- und familienpolitischen Programms im Ausschuss und hier einige Male diskutiert. Das Sozialministerium muss die Koordinationsfunktion für die Verzahnung der bestehenden Hilfsangebote übernehmen und fachliche Standards für den landesweiten Einsatz von Familienhebammen erstellen, sonst können Netzwerkstrukturen schnell zum undurchdringlichen Gestrüpp werden, in dem sinnvolle Ansätze verwelken!
Wir brauchen die Familienhebammen im Kontext Früher Hilfen, weil wir Kinder vor Armut, Vernachlässigung oder Gewalt schützen wollen. Die Familienhebammen sind Schlüsselfiguren einer präventiven Familienfürsorge. Ihre Finanzierung muss auf gesicherten Füßen gestellt werden. Wir brauchen die Familienhebammen und wir wollen Hebammen stärken, denn so können wir auch Familien stärken. Wo Frühe Hilfen versagen bzw. nicht stattfinden, beklagen wir später die Folgen für Kinder und Eltern.