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Rede im Landtag: Ein starkes EU-Lieferkettengesetz

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, liebe Gäste,

der vorliegende Antrag der AfD-Fraktion ist wieder einmal ein Ergebnis Ihres europapolitischen Weltbildes und das gepaart mit mangelnder wirtschaftlicher Kompetenz.

Wenn ich mir die Überschrift Ihres Antrags anschaue: „Unternehmenstätigkeit vor der EU schützen: Berichterstattungs-pflichten für mittelständische Unternehmen nicht umsetzen!“ Dann muss ich mich fragen, wovon reden Sie überhaupt?

Der Vorschlag der EU-Kommission zu einer „Richtlinie von Parlament und Rat über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit“ bezieht sich ausschließlich auf Unternehmen mit mindestens 500 Mitarbeitenden und gleichzeitig einem Jahresumsatz von mindestens 150 Millionen Euro weltweit. Also gerade keine mittel¬ständi¬schen Unternehmen! Wie viele Unternehmen dieser Größen¬ordnung haben wir überhaupt in Brandenburg?

Zwei Jahre später sollen dann auch Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden und 40 Mio Jahresumsatz erfasst werden. Also auch keine Mittelständler!

An dieser Stelle könnte ich eigentlich meine Rede beenden. Entweder wissen Sie nicht, was mittlere Unternehmen sind oder sie haben den Vorschlag der Kommission nicht gelesen oder auch einfach nicht verstanden.

Inhaltlich muss ich aber sagen: So eine Richtlinie auf EU-Ebene hat absolut Sinn. So war ja gerade die Kritik am deutschen Lieferkettengesetz – wir hatten vergangenen September darüber diskutiert – dass es mit Deutschland als Anwen-dungs¬bereich räumlich zu eingeschränkt ist, daher begrüße ich ausdrücklich, dass es jetzt eine europäische Regelung geben soll.

Nicht nur der Bundesverband der Deutschen Industrie, sondern auch mehr als 100 Unternehmen, Investoren, Wirtschaftsverbände und –initiativen haben im Februar 2022 eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, in der sie ein wirksames EU-Sorgfaltspflichtengesetz inkl. Haftungsregelung forderten.

Für verantwortlich handelnde Großunternehmen sind Anforderungen an die Nachhaltig¬keit gar nicht mehr ungewöhnlich. Manche Unter-nehmen haben freiwillig Nachhaltigkeitsmanagementsysteme ein-geführt, weil sie wissen, dass sie mittel- und langfristig davon profitieren. Versuchen Sie mal, Lieferant der Deutschen Bank zu werden! Sie werden sich einem umfassenden Nachhaltigkeits-reporting stellen müssen, ehe die Bank eine Geschäftsbeziehung zu Ihnen aufnimmt.

Von der AfD wird Verantwortung allerdings anders definiert. So hat uns Herr John im vergangenen September erklärt, er würde Entwick-lungs¬ländern, die von uns, den Industrieländern ausgebeutet werden und dadurch Standards nicht einhalten, einfach die Entwicklungshilfe streichen. Also statt „fairem Handel“ den ärmeren Ländern einfach noch das wenige wegnehmen, was sie haben. So einfach kann ein Weltbild sein!

Dass uns hier als angeblich positives Beispiel die RCEP-Freihandels-zone in Ostasien präsentiert wird, zeigt, wo die AfD wirtschaftlich und politisch hinwill.

Die „Regional Comprehensive Economic Partnership“ dient der Ausweitung des Einflusses Chinas, bestenfalls noch der freien Markwirtschaft, sicherlich aber nicht der sozialen! Demokratie, Menschenrechte, Standards in Umwelt- oder Arbeitnehmer¬schutz sind weder Bestandteil von RCEP noch der Politik der AfD.

Meine Damen und Herren, Brandenburg, Deutschland und die Europäische Union haben die Aufgabe, die Rahmenbedingungen für Unternehmen so zu setzen, dass sie einen Beitrag zu einem wohlhabenden, sozialen, umwelt- und klimagerechten Europa leisten können. Die EU-Richtlinie wird dieses als Bemühenspflicht festschreiben.

Das ist genauso gut und richtig, wie die vorgesehene Verpflichtung multinationaler Konzerne, aktiv am Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und an der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5°C im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen mitzuwirken.

Schon hört man, dass Lobbyorganisationen den Vorschlag der Kommission bereits wieder verwässert haben. Es wird die Aufgabe des Europäischen Parlaments sein, die Wirksamkeit der beschrie-benen Maßnahmen sicherzustellen.

Die Stärke des Vorschlags der Kommission ist aber aus meiner Sicht, dass nicht nur isoliert Lieferketten betrachtet werden, sondern ein übergreifender Begriff von Nachhaltigkeit verwendet wird.

Die Nachhaltigkeitsrichtlinie der EU bietet die große Chance, nicht nur die EU-Unternehmen durch einheitliche Wettbewerbs¬bedingungen auf ihrem Nachhaltigkeitskurs zu unterstützen, sondern auch mit der Größe unseres Wirtschaftsblocks in die Weltmärkte auszustrahlen.

Den Antrag der AfD lehnen wir ab. Vielen Dank

Weiterführende Informationen

Rede zu: Antrag "Unternehmenstätigkeit vor der EU schützen: Berichterstattungspflichten für mittelständische Unternehmen nicht umsetzen!" (TOP 14 der 69. Plenarsitzung)