- Es gilt das gesprochene Wort !
Anrede!
Bereits am Jahresende 2011 titelte die Süddeutsche Zeitung „Arbeitslose rutschen direkt in Hartz IV!" Von den 2,8 Mio. Beschäftigten, die 2011 arbeitslos wurden, fielen 737.000 gleich in die Grundsicherung. Obwohl sie in die Arbeitslosenversicherung einzahlten, bekommen sie kein Arbeitslosengeld, sondern fallen vom ersten Arbeitsmarkt ohne Zwischenstopp in Hartz IV. Betroffen sind geringqualifizierte Personen, LeiharbeiterInnen, aber auch unstetig Beschäftigte, wie KünstlerInnen, Kulturschaffende oder WissenschaftlerInnen. Sie bekommen die Beschäftigungszeiten nicht zusammen, die notwendig sind um Arbeitslosengeld I zu beziehen. Entweder waren ihre Beschäftigungszeiten zu kurz, um Ansprüche zu erwerben, oder das vormals erzielte Lohneinkommen war zu niedrig, um mit dem daraus abgeleiteten Arbeitslosengeldanspruch den Lebensunterhalt zu decken. Deshalb mussten sie mit Arbeitslosengeld II aufgestockt werden.
Einer der Gründe für verweigerte Versicherungsleistungen bei Arbeitslosigkeit liegt in den seit Februar 2006 verschärften Zugangsvoraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Verantwortlich hierfür ist „Hartz III", das wir GRÜNE im Jahr 2003 in der Rot-Grünen Koalition mit verabschiedet haben. Damals hielten wir angesichts von nahezu 5 Millionen Erwerbslosen diesen Beschluss für richtig. Heute müssen wir aufgrund des veränderten Arbeitsmarktes einen anderen Weg suchen, um die zunehmend wegfallende Schutzfunktion der Arbeitslosenversicherung für Arbeitslose wiederherzustellen.
Auf den heutigen Arbeitsmarkt haben Projektarbeit, Minijobs, Leiharbeit, Teilzeitbeschäftigungen und Saisonarbeit stark zugenommen. Mittlerweile ist die Hälfte aller neuen Jobs befristet. Insbesondere KünstlerInnen, Kreativ- und Kulturschaffende, aber auch Gruppen von Nachwuchswissen-schaftlerInnen und Journalistinnnen arbeiten in kurzfristigen und flexiblen Beschäftigungsverhältnissen. Als kurzzeitig Beschäftigte zahlen sie Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, sie erhalten aber oft keine Lohnersatzleistung, wenn sie arbeitslos sind. Für alle Arbeitslosen sollte es eine Lösung geben, damit ihre Beitragszahlung auch den Bezug von Arbeitslosengeld ermöglicht. Deshalb haben die Bundestags-Fraktionen der SPD, der LINKEN und BÜNDNIS 90 /DIE GRÜNEN nun Vorschläge entwickelt, um mit jeweils eigenen Anträgen die Fehlentwicklungen des Arbeitslosengeldbezugs zu ändern.
Der SPD-ANTRAG will durch eine Verkürzung der Rahmenfrist von 36 Monaten auf 24 Monate den Zeitraum verlängern, in denen Beschäftigte Anspruchsvorsetzungen für Arbeitslosengeld erwerben können.
Die LINKEN wollen ebenfalls die Rahmenfrist von zwei auf drei Jahre verlängern und die Sonderregelung für den Erwerb von Ansprüchen zum ALG I Bezug für kurzzeitig Beschäftigte durch Streichung der restriktiven Zugangsbedingungen - Beschäftigungsdauer und Verdienstgrenze - verbessern. Der Bundestagsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN belässt die Rahmenfrist bei zwei Jahren. Eine viermonatige Anwartschaftszeit würde reichen, um einen ALG-I Anspruch für zwei Monate zu erwerben. Die Anspruchsdauer steigt mit der Dauer der Beitragszahlung an, das Verhältnis von Beitrags- zu Anspruchszeiten bleibt jedoch bei 2:1. Damit bekämen Versicherte denselben Zugang zu Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik, wie andere ArbeitslosengeldbezieherInnen. Für die Gruppe der Kulturschaffenden schlagen wir eine befristete Vermittlungspause vor, in der sie sich in ihrer erwerbslosen Zeit in Eigenregie um neue Engagements bemühen können.
Mit diesen Vorschlägen zur Neuregelung der Arbeitslosenversicherung wollen wir GRÜNE eine bessere soziale Absicherung von flexibel Beschäftigten erreichen und neue Ideen zur Eingliederung in Arbeit vorlegen.
Auch wenn sich die Ideen der drei Parteien im Detail unterscheiden: die Zielrichtung ist dieselbe. Deshalb unterstützen wir den vorliegenden Antrag der Koalitionsfraktionen.