- Es gilt das gesprochene Wort !
Anrede!
Der befürchtete Massenansturm osteuropäischer Arbeitskräfte auf den deutschen Arbeitsmarkt ist ausgeblieben. Das ist das Kurzresultat der seit Mai 2011 geltenden uneingeschränkten Arbeitnehmerfreizügigkeit! Nach Deutschland kamen ab Mai 2011 lediglich 24.000 Zuwanderer aus Osteuropa. Am liebsten gingen die gut qualifizierte ArbeitnehmerInnen nach Bayern oder Baden-Württemberg, auch nach Nordrhein-Westfalen. Laut Bundesagentur für Arbeit blieben in Brandenburg nur 1.200 ArbeitnehmerInnen. 800 Arbeitskräfte arbeiten in geringfügig bezahlten Stellen, zumeist handelt es sich um PendlerInnen, die grenznah wohnen. Lediglich 400 Arbeitskräfte traten eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Brandenburg an.
Mit einem Massenansturm war nach der vorausgehenden Abschottungspolitik – noch 2009 wurde bei uns die Übergangsfrist letztmalig um 2 Jahre verlängert – auch nicht zu rechnen. Seit 2004 zog es qualifizierte Fachkräfte eher nach Schweden, Irland und Großbritannien. Diese Länder hatten ihre Grenzen komplett geöffnet. Sie schützten von Anfang an ihre einheimischen und zugewanderten Beschäftigten vor Lohndumping und ihre Unternehmen vor unfairen Wettbewerbsbedingungen.
Die Übergangsfristausschöpfung bis zum letzten Tag zeigte zuwanderungswilligen Fachkräften das Stopp-Signal! Ihr seid hier nicht Willkommen! Brandenburg ist von einer Willkommens-Kultur meilenweit entfernt, und hat die Gestaltung dieser Willkommens-Kultur in den letzten Jahren einfach verschlafen!
Auch im Wettbewerb um die jungen Köpfe konnte Brandenburg nur wenig polnische Jugendliche für eine betriebliche Ausbildung gewinnen. Dabei hatten wir noch Glück, denn im Bereich der IHK Cottbus beteiligten sich immerhin 80 Jugendliche an einem Praktikantenprogramm, das von polnischen Schulen durchgeführt wurde. Für das kommende Lehrjahr registrierten sich bisher 19 Jugendliche aus Polen, um ihre Lehre in Brandenburg anzutreten!
Wir müssen mit viel Sensibilität und Behutsamkeit um die Jugendlichen aus Polen werben. Denn auf der polnischen Seite gibt es natürlich Sorge, dass Brandenburg sein Fachkräfteproblem auf Kosten der polnischen Seite lösen will. Hier müssen die Grenzen in den Köpfen sehr viel durchlässiger werden!
Dazu benötigen Brandenburgische Unternehmen MitarbeiterInnen mit Polnisch-Kenntnissen. An Sprachkompetenz fehlt es, die Sprachbarriere ist ein großes Problem. Deshalb setzt sich auch die „Frankfurter Erklärung" vom Januar 2011 für den Abbau von Sprachbarrieren in der Grenzregion und den Polnisch-Unterricht an Berufsschulen ein. Auch Projekte an Kitas und Hochschulen sollen gefördert werden. Papier ist ja geduldig, ich frage mich, ob in Brandenburger KITAs Polnisch-Unterricht angeboten wird. Ich meine, es reicht nicht aus, Polnisch nur in den Grenzregionen anzubieten.
Schon bei der VHS Potsdam kann man keinen Polnisch-Sprachkurs im Herbst dieses Jahres belegen, es wird gar kein Polnisch-Kurs angeboten! Auf Anfrage wird angeraten, sich doch besser in Berlin oder Frankfurt/Oder um ein Kursangebot zu bemühen! Auch bei der IHK Potsdam, genauer im Bildungszentrum der IHK Potsdam gibt es diesen Herbst keinen Polnisch Kurs! Etwas besser sieht es in den östlichen Landesteilen aus, aber die Kurse können auch bei der VHS Oder-Spree nicht gerade als über belegt gelten!
Im vorliegenden Antrag ist von der interkulturellen Kompetenz bis zum obligatorischen branchenübergreifenden Mindestlohn jetzt aber wirklich jeder Gedanke zur Förderung von Dienstleistungsfreiheit und Arbeitnehmerfreizügigkeit im westpolnisch-brandenburgischen Wirtschaftsraum enthalten. Jahrelang haben die SPD und große Teile der Gewerkschaften auf der Bremse gestanden und sind dem Zerrbild der uns überrollenden Lawine osteuropäischer Arbeitskräfte nicht entschieden entgegengetreten. Jetzt, wo die Karawane an Brandenburg vorbei gezogen ist und allenfalls ein kleines Rinnsal migrationswilliger Nachbarn nach Brandenburg rübertröpfelt, wird die Flucht nach vorne angetreten. Jetzt sind uns die Arbeitnehmerinnen aus Estland, Lettland, Litauen und Polen, der Slowakei, aus Tschechien, Slowenien und Ungarn willkommen und können von den Vorteilen eines zusammenwachsenden Europa profitieren, die ihnen 7 Jahre vorenthalten wurden.
Wir freuen uns über diesen Paradigmenwechsel und stimmen natürlich dem Antrag gerne zu.
Ganz dick grün anstreichen möchten wir den Satz, dass offene Grenzen zentraler Bestandteil der Europäischen Union sind – ohne Ausgrenzung und Diskriminierung. Vielleicht spricht sich dies auch bis nach Guben rum.