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Ursula Nonnemacher spricht zum Haushaltsplan des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie für 2013/2014

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- Es gilt das gesprochene Wort !

Anrede!

Der Einzelplan 07 hat 2013 und 2014 jeweils einen Gesamtumfang von fast 688 Mio. Euro. Der Aufwuchs um über 16 Mio. € gegenüber 2012 ist hauptsächlich durch die weiter steigenden Zuweisungen an die Kommunen für die Eingliederungshilfen und die Hilfe zur Pflege bedingt. Die steigenden Sozialausgaben, über die die Kommunen klagen, bilden sich somit auch im Landeshaushalt ab. Insgesamt sinkt allerdings der Zuschussbedarf des Gesamtplanes von 2013 auf 2014 um knapp 30 Mio. EUR. Grund sind die 32 Mio. Mehreinnahmen im Bereich Arbeitsmarkt und zwar bei den ESF-Zuweisungen von der EU für die laufende Förderperiode.

Wie es in der nächsten Förderperiode von 2014 bis 2020 weitergehen wird, ist gerade Gegenstand intensiver Beratungen. Dabei geht es einerseits um die inhaltliche Ausgestaltung der Hauptziele des neuen operationellen Programms, andererseits aber um die Frage, wie viel Mittel Brandenburg überhaupt noch zugewiesen werden. In der Förderperiode 2007 bis 2013 hat Brandenburg aus allen Strukturfonds zusammen 3,5 Milliarden Euro aus Brüssel erhalten. Die Landesregierung geht immer noch davon aus, dass mindestens zwei Drittel der bisherigen Mittel auch nach 2014 fließen werden. Dies wird auch in der Prognose der Einnahmeentwicklung bis 2020 im Finanzplan des Landes Brandenburg unterstellt, könnte sich aber leicht als Wunschdenken erweisen.

Da der ursprüngliche Haushaltsansatz der EU auf Druck von Großbritanien, aber auch aus Schweden, den Niederlanden und Deutschlands nach unten korrigiert werden musste und noch kein Haushaltskompromiss auf EU Ebene in Sicht ist, muss sich die Landesregierung von ihrer Vorstellung, ihr stünden in diesem Zeitraum 2,3 Milliarden € zur Verfügung, verabschieden. Nach Ansicht unserer grünen Europaabgeordneten Elisabeth Schrödter muss sich Brandenburg auf weit größere Einschnitte als gedacht einrichten.
Sie hält maximal 57% der bisherigen Förderung für realistisch.

Dass nach jahrelangen Abrechnungspannen bei der LASA jetzt nach dem „n plus 2“ Modell Gelder aus der noch laufenden Fördererperiode wieder fließen, erfreut, auch wenn es sich um Selbstverständlichkeiten handeln sollte. Der Übergang des Fördermittel-managements von der LASA auf die ILB konkretisiert sich, der Übergang des Beratungs- und Fachkräftemanagements auf die ZAB ist in Arbeit. Soweit – so schön! Dass dies statt erwarteter Effizienz- und Wirtschaftlichkeitsgewinnen erst einmal kräftig teurer wird, trübt die Freude aber deutlich. Auch die Ansage, dass bis zum Abschluss der Abrechnung der aktuellen Förderperiode bis 2017 zwei IT-Systeme parallel vorgehalten werden müssen, lässt Befürchtungen wachwerden. Ob es dann ab 2018 preiswerter und besser wird? Wir werden sehen.

Das LASA Debakel ist weitgehend abgeräumt, „Arbeit für Brandenburg“ ruft eigentlich nur noch ein müdes Schulterzucken hervor, die Arbeitslosenquote hat mit 9,3% einen historischen Tiefstand erreicht, Arbeits- und Ausbildungsmarkt haben sich trotz leicht abgeschwächter Konjunktur positiv entwickelt. Das Ministerium arbeitet ruhig und solide, der Minister und Staatssekretär sind viel in allen Regionen des Landes unterwegs. Vom Brandenburger Familienpreis bis zum Seniorenheim, von der Betriebsrätekonferenz bis zum Berufsstartertag wird das breite Aufgabenspektrum bedient. Der Pflegepolitik wird inzwischen endlichmehr Aufmerksamkeit gewidmet. Ausdrücklich loben möchten wir das Förderprogramm zur Ausbildung von Arbeitslosen oder Menschen ohne Berufsabschluss zu AltenpflegehelferInnen.

Auf die große Pflegestudie im Auftrag des MASF warten wir mit großer Spannung.

Auch das jetzt landesweit gestartete Programm „Integrationsbegleitung“ zur individuellen Unterstützung von Langzeitarbeitslosen über die Aufnahme einer sozialversicherungs-pflichtigen Beschäftigung hinaus, finde ich begrüßenswert. Das sind richtige Schritte einer nachhaltig angelegten Arbeitsmarkpolitik statt Parken von Menschen im ÖBS.

Was sich zur Dauerbaustelle im Sozialbereich entwickelt ist das Landesbehinderten-gleichstellungsgesetz. Letztes Jahr zum 3.Dezember 2011, dem Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung, sollte es als Teil des behindertenpolitischen Maßnahme-pakets in den Landtag eingebracht werden. Auch da waren schon etliche Jahre der Novellierungsabsichten ins Land gegangen und die Ratifizierung der UN-Behindertenkonvention durch die Bundesrepublik Deutschland am 26.3.2009 schon nicht mehr ganz frisch. Das sich anschließende Gezerre hinter den Kulissen kreiste immer um die Ankündigung im Koalitionsvertrag, die Vorgaben der UN-Konvention konkret im Alltag umzusetzen und bei Sanierung und Neubau von öffentlichen Gebäuden Barrierefreiheit durchzusetzen. Von beiden Forderungen sind wir natürlich meilenweit entfernt, aber immerhin hat das im August 2012 endlich vorgelegte Gesetz doch einige Fortschritte auf der noch langen vor uns liegenden Wegstrecke gebracht. Nach der erfreulich barrierearm durchgeführten Anhörung am 7. November sollte dann tüchtig auf die Tube gedrückt werden und Änderungsanträge Anfang Dezember abgestimmt werden, so dass das Gesetz endlich in diesem Jahr hätte verabschiedet werden können. Aber da war wieder die Koalition vor!

Meine Damen und Herren, wir müssen uns die Dimensionen vor Augen halten. Die konkrete Umsetzung von Behindertenrechten im Alltag ist aus Angst vor konnexitätsrelevanten Kosten im Wesentlichen auf das Recht hörbehinderter Eltern beschränkt, bei bestimmten Verwaltungsakten in der Schule Gebärdendolmetscher oder andere Kommunikationshilfen in Anspruch zu nehmen. Abzurechnen über einen nicht unumstrittenen privaten Verein. Für diesen sehr eng umschriebenen Bereich werden im Jahr 100.000 Euro veranschlagt. Dabei wissen wir alle, dass selbst kleine Verbesserungen an der kommunalen Infrastruktur in Richtung Barrierefreiheit Millionen kosten würden. Diese Millionen haben wir nicht? Diese Millionen haben wir auf jeden Fall nicht für die Sozialpolitik. Wenn das Land Brandenburg in den nächsten drei Jahren seinen Anteil von 444 Millionen Euro für die Versäumnisse einer völlig unfähigen Flughafengesellschaft durchreichen muss, dann ist dieses Geld natürlich da.

Da wird jeder Euro Rücklage zusammengekratzt. Auch für die zu erwartenden weiteren Kosten in den Folgejahren durch Regressforderungen und defizitären Betrieb des Flughafens steht der Landeshaushalt in Geiselhaft. Sozialpolitik in Zeiten strauchelnder Großinfrastruktur-projekte ist bitter. Wieviele Erzieherinnen kann man für wie viele Jahre von 444 Millionen Euro finanzieren? Wie viele Bahn- und Busstrecken im ländlichen Raum erhalten? Wie vergleichweise lächerlich sind die Summen, die wir für die Ausfinanzierung eines Landeskinderschutzgesetzes und für unsere Frauenhäuser aufbringen müssten!

Im Bereich des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie finden im Moment nicht die großen Auseinandersetzungen statt. Die Arbeit läuft im Großen und Ganzen in ruhigen Bahnen. Die zahlreichen Programme und Maßnahmenpakete im Bereich Familie, Kinder, Gleichstellung, Senioren und Menschen mit Behinderungen enthalten viele positive Ansätze, sind aber meist auch mit sehr bescheidenen Summen untersetzt. Trotzdem hat man den Eindruck, dass sich die anderen Ressorts um die als Querschnittsaufgaben angelegten Aktivitäten kaum scheren. Und andere positive Aufschläge prallen an der Phalanx der kommunalen Hauptverwaltungsbeamten ab. Da sind dann leider die Hinweise des Ministeriums „nicht hilfreich“ oder Eingriffe in die kommunale Selbstverwaltung. Da kann man schon Verständnis haben, wenn sich Herr Minister Baaske mit seiner Eloquenz und seinem Feuer gerne mal auf die Bühne des Bundesrates begibt. Dumm nur, wenn Brandenburg verdienstvollerweise eine Initiative auf Abschaffung des Asylbewerber-leistungsgesetzes einbringt und die SPD-Bundestagsfraktion einem gleichlautenden Antrag in namentlicher Abstimmung ablehnt.

Sollte Sozialpolitik auch unter rot-rot Gedöns sein?