- Es gilt das gesprochene Wort !
Anrede!
Die demografische Entwicklung wird in Brandenburg nicht nur zu einem Rückgang der allgemeinen Bevölkerungszahl, sondern auch der Zahl der Erwerbspersonen führen. Bis 2030 nimmt die Gruppe der 25-44 jährigen um 27%, die der 45-64jährigen um 15% ab. Für berlinferne Regionen wird sogar eine Halbierung erwartet! Das Potential an Arbeitskräften wird laut OECD in Deutschland in den nächsten Jahren so stark schrumpfen wie in keinem anderen Industrieland. Auf diese Herausforderung müssen wir mit einer Steigerung der Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren, einer familien- und kinderfreundlichen Politik und lebenslanger Bildungsbeteiligung reagieren. Mit einem Mix aus Bildung, Qualifizierung und gezielter Unterstützung für alle Erwerbsfähigen müssen wir das einheimische Fachkräftepotential mobilisieren.
Allen Prognosen nach wird dies aber nicht ausreichen. Brandenburg braucht wie ganz Deutschland eine gezielte, einladende Einwanderungspolitik für ausländische Fachkräfte und zwar sowohl aus EU Ländern als auch aus Drittstaaten. Seit Jahren setzen wir GRÜNEN uns für eine moderne und transparente Einwanderungssteuerung durch ein Punktesystem ein – eine Einwanderungssteuerung wie sie auch in den klassischen Einwanderungsländern USA und Kanada praktiziert wird. Wir wollen allerdings im Unterschied zur FDP nicht den gesamten Bereich der Arbeitsmigration von der Hochqualifizierten bis zur Saisonarbeiterin steuern. Die FDP Fraktion hebt in Antragstext und Entschließungsantrag doch sehr auf die Zuwanderung billiger Arbeitskräfte ab.
Hier gilt es, sehr genau hinzuschauen! Hinter dem lautstarken Lamento der Wirtschaft über Fachkräftemangel steckt nicht immer ein realer Mangel, sondern oft mangelt es an dem Willen, diese vernünftig zu bezahlen. Wenn sich hochqualifizierte Kräfte mit exzellenten Zeugnissen und langjähriger Berufserfahrung jahrelang vergeblich um eine Stelle bewerben, dann liegt kein Fachkräftemangel, sondern ggf. Fälle von Alters-, Frauen- oder Familiendiskriminierung vor. Zuwanderung darf nicht als Instrument von Lohndumping verstanden werden. Wir wollen Zuwanderung, aber eine bessere Bezahlung von Pflegekräften würde das Fachkräfteproblem ebenso nachhaltig beeinflussen!
Bei Einwanderungssteuerung durch ein Punktesystem sollte nach grünen Vorstellungen zudem einfließen, welche Auswirkungen die Abwerbung von Fachkräften auf die Heimatländer hat. Denn auch da haben wir eine Verantwortung, gerade um die Risiken für Entwicklungsländer durch Verlust von Spezialisten zu minimieren.
Dass sich Brandenburg im Rahmen der leider zu engen bundesgesetzlichen Vorgaben aktiv bemüht, Fachkräfte anzuwerben und sich als weltoffenes und kulturell vielfältiges Land zu präsentieren versucht, wird von uns Grünen unterstützt. Wir sehen aber in Zuwanderung und Anwerbung von ausländischen Fachkräften nur ein Instrument in einer ganzen Palette von Maßnahmen, um die demografischen und wirtschaftlichen Probleme zu bewältigen. Vor allem wollen wir nicht, dass Einheimische gegen ZuwanderInnen, Junge gegen Ältere und Menschen in Beschäftigung gegen Arbeitslose ausgespielt werden! Wir wollen kein Nebeneinander von Fachkräftemangel einerseits und verfestigter hoher struktureller Arbeitslosigkeit andererseits! Auch wenn die Arbeitslosenquoten jetzt historische Tiefstände unter 10% feiern: im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe dürfen die Menschen hier im Land, die länger arbeitslos waren, nicht abgehängt werden!
Wir wollen, dass sich die Brandenburger Betriebe ihrer Verantwortung für Ausbildung und Weiterbildung stellen. Wir wollen, dass sich das Land um zügige Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen bemüht. Weiterbildung und Qualifizierung hätte es auch gestärkt, wenn Brandenburg für die nächste EU Förderperiode den ESF gegenüber dem EFRE gestärkt hätte. Wir wollen kein Entweder-oder, sondern wir wollen ein Sowohl-als auch! Zuwanderung ist eine notwendige und wünschenwerte Option, die Qualifikation und Integration der hiesigen Erwerbsfähigen in den Arbeitsmarkt ebenso.