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Rede im Landtag: Keine Aushöhlung der kommunalen Selbstverwaltung bei Erschließungsmaßnahmen

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, liebe Gäste,

wir sollten uns über den Inhalt des Antrags nicht verwirren lassen. Im vorliegenden Antrag geht es nämlich nur scheinbar um Mitbestimmung. Tatsächlich geht es um ein Aushöhlen der kommunalen Selbstverwaltung, indem der Landtag den Kommunen verbindliche Vorgaben bei der Einwohnerbeteiligung machen soll.

Die geforderte Mitbestimmung kann ja tatsächlich mit der bestehen-den Gesetzeslage durchgeführt werden und eine Reihe von Städten und Gemeinden tut das auch und fährt gut damit. Wir können die Beteiligung der Betroffenen von Erschließungsmaßnahmen also unbedingt empfehlen und Bündnis 90/Die Grünen wird sich auf kommunaler Ebene immer für eine Erweiterung der Beteiligung einsetzen.

Aber wie gesagt, eine Gesetzesänderung ist dafür nicht erforderlich. Es ist also keine Debatte über Mitbestimmung, die wir hier führen, sondern es stellt sich die Frage, auf welcher Ebene Regularien zur Mitbestimmung festgelegt werden. Da ist es natürlich verlockender, nach landesweiten Regelungen zu rufen, als sie in jeder Kommune einzeln durchzukämpfen.

Diese den Ruf nach landesweiten Regelungen könnte man aber fort-setzen und sich fragen, ob das nicht dann auch bundesweit gelten sollte. Und doch eigentlich in ganz Europa! Aber gleichzeitig beschweren wir uns über Regelungen, die in Europa getroffen werden und die vielleicht auf unsere Situation in Branden-burg gar nicht passen.

Auch erschließt sich mir nicht – und ich habe es bereits in meiner Rede zur 1. Lesung gesagt – warum ausgerechnet bei der Straßenerschließung ein besonderes Mitbestimmungsrecht gelten soll und bei anderen Dingen nicht. Warum keine Abstimmung der Eltern über den Kitabedarfsplan? Warum nicht über den Schulentwicklungsplan? Warum keine Abstimmung über das Abwasserbeseitigungskonzept einer Gemeinde oder vielleicht über die Wärmeplanung? Alle diese Entscheidungen haben direkten Einfluss auf die Bürgerinnen und Bürger, manche auf den Geldbeutel, andere auf die Bildung der Kinder. Warum ist jetzt da die Straßenerschließung so heraus¬gehoben, dass der Landtag das landeseinheitlich regeln müsste? Diese Fragen hatte ich wie gesagt in der 1. Lesung schon gestellt, eine Antwort haben die Ausschussberatungen leider nicht gebracht.

Meine Damen und Herren, selbst wenn man dem Vorschlag von BVB/Freie Wähler nähertreten wollte, gäbe es viele offene Punkte, die ich auch in der ersten Lesung benannt habe, z.B. dass die Anlieger*innen aus der Antragsüberschrift ja nicht unbedingt die Beitragszahler*innen aus dem Beschlussvorschlag sind und dass Sie diesen vor Beginn der Planung schon die Kosten mitteilen wollen. Wie geht das denn vor der Planung? Da sind wir dafür ja in einer viel zu frühen Leistungsphase. Auch beantworten Sie weiterhin nicht die Frage, wie die Beteiligungs-stimme für Grundstücke ausgeübt werden soll, die von mehreren Personen bewohnt werden. Diese müssen sich ja nicht zwingend einig sein. Diese formalen Beteiligungsregeln, die Sie in einem Gesetz regeln wollen, haben einen hohen bürokratischen Aufwand zur Folge, für die möglichweise vor Ort einfachere Vorgehensweisen gefunden werden können, z.B. durch eine Anliegerversammlung. Auch hierzu gab es im Ausschuss keine Ausführungen von BVB/Freie Wähler. An der Stelle dann zu sagen, der Antrag ist ja nur ein Auftrag an die Landesregierung, eine Gesetzesänderung zu erarbeiten und die muss sich dann die Details ausdenken, ist dann doch zu billig.

Meine Damen und Herren, wir Bündnisgrüne sind für Bürgerbeteiligung aber gegen eine Bevormundung der Kommunen. Auch inhaltlich lässt der Antrag wesentliche Fragen offen, wir werden ihn daher ablehnen. Vielen Dank

Weiterführende Informationen

Rede zu: Antrag "Verbindliches Mitbestimmungsrecht für Anlieger bei Erschließungsmaßnahmen einführen!" (TOP 17 der 107. Plenarsitzung)