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Rede im Landtag: Solidarisch statt rechts im Herzen

Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Meine Damen und Herren!

Das Versammlungsrecht nach Artikel 8 Grundgesetz ist eines der wichtigsten Grundrechte, das wir in unserem demokratischen Staat haben. Das kann nicht oft genug betont werden, denn das Recht, sich friedlich und unbewaffnet zu versammeln, Ansichten auszutauschen und kundzutun und dadurch an der öffentlichen Meinungsbildung mitzuwirken, ist eine immens wichtige Errungenschaft.

Jede Versammlung hat das Recht, in ihrer Durchführung von der Polizei geschützt zu werden - auch wenn sie sich gegen Solidarität, gegen Gesundheitsschutz, gegen die Wissenschaft, gegen unsere Demokratie wendet. Aber die Versammlungsfreiheit ist - wie fast alle Grundrechte - nicht schrankenlos. Deshalb gibt es im Versammlungsgesetz eine gemeinsame gesetzliche Grundlage, die die Ausübung dieses Grundrechts regelt - und zwar für alle gleichermaßen.

Meine Damen und Herren, es ist absolut unerlässlich, dass Versammlungen auch während der Coronapandemie möglich sind. Meine Fraktion und ich haben immer dafür gestritten und uns dafür eingesetzt. Versammlungen sind auch möglich; man muss sich nur an die Regeln halten. Mit den Aufrufen zu sogenannten Spaziergängen versuchen Sie von der AfD und Ihre Brüder und Schwestern im Geiste jedoch, das Versammlungsrecht zu umgehen und den Staat gezielt vorzuführen. Sie wollen eben nicht die legalen Wege nutzen, um für Ihre Meinung zu demonstrieren, denn dann müsste man sich ja auch an Auflagen halten und Verantwortung für Verstöße dagegen übernehmen.

Stattdessen täuschen Sie gezielt die Öffentlichkeit und an Ihren Demonstrationen Teilnehmende. In Telegram-Gruppen und sozialen Netzwerken kann es jeder sehen. Selbst hier im Plenum behaupten Sie ganz dreist, die sogenannten Spaziergänge seien keine Demonstrationen nach dem Versammlungsgesetz. Ich glaube Ihnen nicht, Frau Kotré, dass Sie es nicht besser wissen. Sie wissen sehr genau, dass das nicht wahr ist und die Polizei diese sogenannten Spaziergänge selbstverständlich als Versammlungen behandeln muss. Die AfD-Abgeordneten und Ihre Parteifreunde rufen hier unverhohlen zum Rechtsbruch auf - und Sie stellen sich gleichzeitig hier im Landtag noch als die Partei von Recht und Ordnung hin, die Sie selbstverständlich in keiner Weise sind.

Schauen wir uns den Antrag weiter an: Sie sprechen von Kriminalisierung und Diffamierung der Demonstrierenden durch Medien, Politik und gesellschaftliche Organisationen. Und wie so oft wollen Sie doch nur Ihre eigene Meinung als die einzig richtige gelten lassen. Sie nehmen für sich das Recht auf Widerspruch in Anspruch, aber Widerspruch gegen Ihre Positionen und Handlungen sehen Sie als Angriff auf die Meinungsfreiheit und wollen Sie auf allen möglichen Wegen, unter anderem auch hier im Landtag, unter Druck setzen. Das ist perfide und ein bewusstes Spiel mit dem Feuer. Die demokratische Mehrheit hier im Landtag und auch im Land Brandenburg wird Sie mit diesem Spiel mit dem Feuer aber nicht durchkommen lassen. Wir werden uns immer vor Journalistinnen und Journalisten, vor zivilgesellschaftliche Akteure stellen, die von denjenigen, die Sie hier bewusst aufhetzen, bedroht und bedrängt werden.

Meine Damen und Herren, die Frage der Verhältnismäßigkeit der Coronaverordnung ist während einer dynamischen Pandemie oft eine schwierige. Über einige Fragen können nur Gerichte abschließend entscheiden. Zum Glück waren die Brandenburger Verordnungen bisher fast immer so ausgewogen, dass sie der gerichtlichen Überprüfung standgehalten haben, insbesondere auch, wenn es um das Demonstrationsrecht ging.

Der Landtag und seine Mitglieder unterstützen die Bürgerinnen und Bürger in ihrer Meinungsäußerung und demokratischen Teilhabe, auch in ihrem Recht auf Versammlungsfreiheit, aber es gilt wie überall: Man muss sich dabei an geltendes Recht halten. Und an alle, die sich für unabhängige Denker halten und dabei rechten Hetzern hinterherlaufen: Nein, Unzufriedenheit mit den Coronaregeln ist keine Rechtfertigung für Menschenfeindlichkeit und Hass! Zu einem demokratischen Gemeinwesen gehört auch, dass jeder Einzelne eine Verantwortung hat.

Verantwortung heißt eben auch, dass man, wenn man sich bewusst über geltende Gesetze hinwegsetzt, die Konsequenzen des eigenen Handelns tragen muss.

Und wenn die Polizei geltendes Recht durchsetzt, Frau Kotré, ist das keine Diktatur und nicht vergleichbar mit den Staaten, die Sie hier aufgezählt haben, sondern notwendig für ein funktionierendes Gemeinwesen. Denn Rechtsstaat heißt eben auch, dass Gesetze für alle gleichermaßen gelten.

Der Einsatz in Cottbus war nicht antidemokratisch, war nicht mit Einsätzen in den Diktaturen dieser Welt vergleichbar, sondern er war ganz im Gegenteil ein Einsatz, der in sehr maßvoller und verhältnismäßiger Weise geltendes Recht durchgesetzt hat. Ich danke ganz herzlich allen Beamten, die dort eingesetzt waren und den schwierigen Einsatz gemeistert haben.

Meine Damen und Herren, unsere Demokratie kann nur von uns allen gemeinsam gegen ihre Feinde verteidigt werden. Die übergroße Mehrheit der Menschen in unserem Land steht zum Glück zur freiheitlichen Grundordnung. Deswegen möchte ich meine Rede mit einem ausdrücklichen Dank an all diejenigen beenden, die sich an vielen Orten in Brandenburg rechten Demonstrationen friedlich entgegenstellen, die der Toten der Pandemie gedenken und die Gesicht zeigen - stellvertretend für die große Mehrheit derjenigen, die sich an Maßnahmen zum gegenseitigen Schutz halten, die solidarisch sind und sich nicht von rechten Hetzern vereinnahmen lassen.

- Vielen Dank.