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Heiner Klemp spricht zu: Volksinitiative zur Abschaffung der Erschließungsbeiträge für „Sandpisten“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, liebe Gäste,

in den vergangenen Wochen haben wir uns mit diversen Volks­initiativen beschäftigt. Alle sind vom Landtag formal abgelehnt worden.

Da waren die beiden Volksinitiativen zu Insektenschutz und Biodiversität. Hier folgte der Ablehnung ein durch den Landtag initiiertes Moderationsverfahren, das inzwischen seinen Abschluss gefunden hat und dessen einvernehmliche Ergebnisse nun im Parlament liegen und umgesetzt werden müssen.

Ich denke an die Volksinitiative zur Verkehrswende. Auch diese wurde formal abgelehnt, aber es wurden Vereinbarungen mit den Initiatorinnen und Initiatoren getroffen, Kernpunkte der Volks­initiative umzusetzen und in einem neu zu schaffenden Mobi­litäts­gesetz festzuschreiben.

Alle drei Volksinitiativen waren also zumindest teilweise erfolgreich, obwohl sie formal abgelehnt wurden.

Nun, was haben die drei Volksinitiativen gemeinsam? Sie sorgen sich um die Zukunft unseres Landes. Sie sorgen sich darum, ob der fort­schreitende Verlust von Biodiversität unsere Lebensgrundlagen gefährdet. Sie sorgen sich darum, ob der fortgesetzte CO2-Ausstoß des Straßenverkehrs das Klima zu stark anheizt, und fragen sich, ob der Blutzoll auf unseren Straßen noch zu rechtfertigen ist.

Sie befassen sich mit zentralen Herausforderungen der Zukunft.

Heute beraten wir die Volksinitiative zur Abschaffung von Erschlie­ßungs­beiträgen für Sandpisten. Merken Sie den Unterschied? Hier geht es nicht um Zukunft, sondern um Vergangenheit. Es geht nicht um Lebensgrundlagen, sondern um finanzielle Vor- oder Nachteile Einzelner. Meinen Sie nicht auch, dass das eine andere Qualität hat?

Auch diese Volksinitiative werden wir ablehnen. Auch bei dieser Volksinitiative werden wir versuchen, berechtigte von unberechtig­ten Interessen zu unterscheiden und Wege zu weisen. Natürlich ist es so, dass es auch bei der Erhebung der Erschließungsbeiträgen Härte­fälle gibt, um die wir uns kümmern sollten. Hier ist zu klären, ob das geltende Instrumentarium ausreicht oder beispielsweise ein Härte­fall­fonds gebraucht wird.

Ich habe Verständnis für jede und jeden, der diese Volksinitiative unterschrieben hat. Schließlich ging es ja darum, den Mitmenschen Zahlungen an den Staat zu ersparen. Und wer wäre dabei nicht gerne behilflich?

Anders sah es schon bei der Unterstützung durch die Gemeindever­tre­tungen im Land aus. BVB/Freie Wähler führt ja immer wieder an, 30 Gemeinden hätten eine Resolution beschlossen, die Beiträge abzuschaffen. Ich kenne aber diverse Gemeinden, die eben diese Resolution abgelehnt haben. Die Gemeindevertreter haben eben einen genaueren Blick auf die Finanzen und die Folgen einer der­artigen Volksinitiative.

Denn das Geld für die Abschaffung der Erschließungsbeiträge muss ja irgendwo herkommen. Das Land kann eigene Steuereinnahmen kaum erhöhen. Es müsste halt woanders eingespart werden. In der Anhö­rung sind Sie ja die Antwort schuldig geblieben, wo Sie Einsparungen vornehmen wollen. Sie haben nur darum gebeten, in der Diskussion nicht die Schulmilch oder die Kitabeiträge anzuführen.

Lieber Herr Vida, damals waren Sie ja Vertreter der VI und Sie sagten, es stünde der VI nicht zu, derartige Vorschläge zu machen. Heute sind Sie wieder der Berufspolitiker, heute dürfen Sie! Aber ich habe dazu noch nichts von Ihnen gehört.

Auch gibt es viele Gerechtigkeitsfragen, die sich bei einer Annahme der VI stellen würden. Da wären zunächst Fragen der zeitlichen Abgrenzung. Aber es gibt auch verschiedene Fallkonstellationen, die zu – aus meiner Sicht – unerwünschten Ergebnissen würden.

Nehmen wir nur mal diese:

Erna Müller besaß ein unbebautes Grundstück, zu DDR-Zeiten hatte sie schöne Stunden dort verbracht. Die Straße, an der das Grundstück liegt, ist eine typische Sandpiste. Einzelne Häuser gab es dort schon länger, seit der Wende werden immer mehr zuvor unbebaute Grund­stücke mit Wohnhäusern bebaut.

Nun ist Erna Müller gestorben, ihre Erben wollen das inzwischen sehr wertvolle Grundstück verkaufen. Heben Sie die Erschließungsbeiträge auf, so steigern Sie direkt den Verkaufspreis des Grundstücks und damit das Erbe, was an die Familie verteilt wird. Und das aus Steuer­geldern! Dafür kürzen Sie dann die Schulmilch, oh Entschuldigung, das soll ich ja nicht sagen. Ich könnte auch sagen, wir haben dann kein Geld mehr für eine Umgehungsstraße für Bernau!

Meine Damen und Herren,

ich hatte ja bereits eingangs ausgeführt, dass diese Volksinitiative sich nicht um die Zukunft unseres Landes dreht, sondern den finan­ziellen Interessen Einzelner dient. Wir streiten zwar über die Kosten, wissen aber unabhängig von deren Höhe, dass eine Gegenfinan­zie­rung nicht existiert. Und ich habe eben dargestellt, dass eine Annahme der VI zu neuen, nicht erklärbaren Ungerechtigkeiten führen würde.

Die Volksinitiative ist daher abzulehnen.

Vielen Dank