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Rede im Landtag: Nicht mit den Menschenrechten zu vereinen und ungeeignet, auch nur eine einzige Problemstellung zu lösen

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, liebe Gäste,

dieser Antrag ist so unterirdisch, dass es hier wirklich keine Differenzen innerhalb der Koalition gibt, ihn abzulehnen. Der Antrag ist so schlecht, den kann man nur ablehnen.

Aber es geht Ihnen ja auch nicht darum, hier etwas Praktikables vorzuschlagen, sondern es soll weiter Stimmung gemacht werden. Und so stolpert man bei der Lektüre Ihres Antrags eben weiter über die alten – ich sage mal in Anführungszeichen – Missverständnisse, die ja keine Missverständnisse sind, denn sie haben nicht etwas missverstanden, sondern Sie wollen die Leute an der Nase herumführen. Und das passiert Ihnen ja nicht einfach so, sondern Sie machen das ganz bewusst, man darf Ihnen sozusagen zur Professionalisierung im Bereich der Falschinformation gratulieren.

Sie sagen „illegale Einreisen“, weil sich das so schön kriminell anhört. Wohl wissend, dass Geflüchtete in den allermeisten Fällen gar nicht anders können, als illegal einzureisen und dass diese Verfahren regelmäßig nach Stellung eines Asylantrags eingestellt werden – müssen. Sie reden ständig davon, es gäbe so viele „vollziehbar ausreisepflichtige“ Personen, weil sich das so anhört, als sei der Innenminister nur zu blöd, um diese außer Landes zu bringen. Auch wenn Sie selbstverständlich - wie wir alle - wissen, dass individuelle Abschiebehindernisse vorliegen können, die eine Abschiebung unmöglich machen. Aber zum Stimmung machen eignet sich der Begriff der „vollziehbar Ausreisepflichtigen“ natürlich hervorragend und im Stimmung machen sind Sie führend.

Mir ist schon klar, am liebsten würden Sie die Menschen, die kein Asyl bekommen, einfach in ein Flugzeug laden und mit einem Fall¬schirm über ihrem – mutmaßlichen! – Heimatland rausschubsen. Aber selbst dabei würden Sie scheitern, weil dann bräuchten Sie ja zumindest Überflug¬rechte dort. Über menschenrechtliche Gründe braucht man ja mit Ihnen ohnehin nicht zu argumentieren, denn da zögern Sie nicht, diese mit den Füßen zu treten.

Sie wollen die Zweigstellen der Erstaufnahme schließen und alle Geflüchteten in Eisenhüttenstadt unterbringen und rechnen uns sogar noch vor, dass das rein zahlenmäßig gar nicht passen würde, selbst wenn man dort jeden Platz belegen wollte, was man gar nicht kann, wenn man zumindest Familien achten will, aber das wollen sie ja nicht, das sind ja Menschenrechte! Auch unser Grundgesetz stellt übrigens Familien unter besonderen Schutz!

Wir erinnern uns leider noch zu gut an Ihre Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch, die an der Grenze auf Frauen und Kinder schießen lassen wollte. Beziehungsweise, wie sie später klarstellte, nicht auf die Kinder, sondern nur auf ihre Väter und Mütter.

Heute früh sprach Ihr Kollege Nothing noch davon, Kinder und Familien stark zu machen. Aber Menschenrechte, Grundgesetz, Schutz von Familien, das ist halt nicht ihr Ding, nicht für Ausländer. Es heißt aber Menschenrechte, nicht Deutschenrechte!

Außerdem wollen Sie niemanden mehr auf die Kommunen verteilen und alle bis zu zwei Jahre in Eisenhüttenstadt quasi in einem Lager konzentrieren. Das wird jetzt aber ganz schön eng. Wahrscheinlich denken Sie, den Geflüchteten geht es sowieso zu gut in Eisenhütten-stadt, da kann man ja auch doppelt so viele in die Zimmer sperren. Das ist zwar nicht menschenwürdig, aber mit Menschenrechten haben Sie’s ja nicht so.

Aber Sie haben es schon schwer. Immer machen Sie ganz einfache Vorschläge und dann heißt es: geht leider nicht, nicht verfassungsgemäß. Oder: es ist gar nicht einfach, es ist kompliziert! Ist schon klar, dass man sich da dann irgendwann als Opfer fühlt! Dann macht man noch krassere Vorschläge, noch menschenverachtendere, noch unsinnigere, so wie diesen, über den wir gerade reden. Wie soll das weitergehen?

Werden wir hier demnächst Anträge erleben, diese Lager mit Elektrozäunen zu sichern? Oder könnte es Ihrer Auffassung nach notwendig werden, diese mit bewaffneten Posten zu sichern. Das müssten ja gar keine regulären Kräfte sein, schließlich haben Sie hier auch schon mehr als einmal die Aufstellung einer Art Hilfspolizei beantragt.

Sie haben uns ja auch jüngst einen Antrag präsentiert, die Landesregierung solle alle Einbürgerungen aus den letzten Jahren prüfen, ob man sie denn noch aus irgendeinem Grund rückgängig machen kann. Sollen diese Personen dann auch gleich in das Lager? Wer ist der oder die Nächste?

Meine Damen und Herren, vor uns liegt übrigens auch ein Antrag, der zwar formal drei Seiten Begründung hat, diese aber Ihren Antrag nicht wirklich begründet. So braucht es fast zwei Seiten bis der Satz kommt „Daher sind alle vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer auf dem Gelände einer zentralen Erstaufnahmeeinrichtung unterzubringen…“ ohne aber dass das Geschwurbel der zwei Seiten vorher irgendwas zu dem „daher“ beigetragen hätte.

Dann rechnen Sie selber vor, dass die Kapazität von Eisenhüttenstadt nicht ausreicht, um die heute untergebrachten Personen aufzunehmen. Trotzdem wollen Sie die Zweigstellen abschaffen. Die Antragsteller*innen mit sogenannter Bleibeperspektive wollen Sie mindestens zwei Jahre im Lager festhalten, wollen ihnen somit jegliche Integration verweigern und sie dem deutschen Arbeitsmarkt entziehen. Gleichzeitig fordern Sie eine Arbeitspflicht, wenn ich mich nicht täusche. Bitte?

Aber Schizophrenie ist ja ein Wesensmerkmal Ihrer Politik, das haben wir ja schon bei den Bauernprotesten gemerkt, wo Sie gleichzeitig die Aufrechterhaltung von Subventionen und ihre Abschaffung fordern konnten. Populisten sagen eben immer jedem was er hören will.

Zu der Abschiebungshaftanstalt: Diese fordern Sie „zur Unterbringung der vollziehbar ausreisepflichti-gen Ausländer mit Abschiebehaftbefehl“. Immerhin wollen Sie das nach wie vor von einer gerichtlichen Entscheidung abhängig machen. Das ist ja schön. Dann schauen wir mal, wie viele Fälle es davon so gab. Die Antwort auf die Kleine Anfrage Nr. 3278 der geschätzten Kollegin Johlige gibt uns netterweise Auskunft: Im zweiten Halbjahr 2023 gab es ganze neun Fälle. Also eher kein Kapazitätsproblem. Ich höre Sie schon sagen: Dann müssen die Gerichte eben mehr Abschiebehaft anordnen? Ja klar, ich dachte mir das schon so. Rechtsstaat und Gewaltenteilung ist halt auch nicht ihr Ding.

Meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag ist nicht umsetzbar, nicht sinnvoll, nicht mit Menschenrechten zu vereinen und ungeeignet, auch nur ein einziges Problem zu lösen. Er wurde nur geschrieben, damit die Fraktion, die sich selbst immer wieder zum Opfer macht, hier hasserfüllte Reden halten kann, um diese abzufilmen und geschickt geschnitten in den sogenannten Sozialen Medien zu verwerten.

Aber die Menschen in Brandenburg, das zeigen die Demonstrationen der letzten Wochen, gehen Ihnen nicht auf dem Leim. Und deshalb werden sie in diesem Landtag für derart krude Anträge keine Mehrheit bekommen, heute nicht, morgen nicht und auch in Zukunft nicht – niemals.

Vielen Dank

Weiterführende Informationen

Rede zu: Antrag "Zentrale Unterbringung von Asylantragstellern im Land Brandenburg und Schließung aller sonstigen Zweigstellen der Erstaufnahmeeinrichtungen" (TOP 21 der 104. Plenarsitzung)