(Nr. 147) Der Besuch von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zusammen mit Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Freitag im Kraftwerk Jänschwalde wird ein parlamentarisches Nachspiel haben, kündigte die wirtschaftspolitische Sprecherin der bündnisgrünen Landtagfraktion Heide Schinowsky an. Die Brandenburger Staatskanzlei hatte im Vorfeld Teile der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit an den privaten Bergbaubetreiber und Braunkohleverstromer LEAG ausgelagert. So sollten sich Teilnehmer der Veranstaltung nicht wie üblich bei der Staatskanzlei anmelden, sondern unter „presse@leag.de“. Scholz und Woidke wollten sich ein Bild über die Ausbildungssituation im dem Braunkohleunternehmen machen.
„Es ist höchst problematisch, dass sich die Landesregierung mit dem Kohleunternehmen die Aufgaben teilt. Die Staatskanzlei muss nun erklären, warum sie die Aufgaben abgegeben hat und vor allem, wie sichergestellt worden ist, dass Kritiker der LEAG nicht im Vorfeld abgeblockt wurden“, sagte Heide Schinowsky. Da die Staatskanzlei über das Treffen auf ihrer Website und per E-Mail informiert und eingeladen hatte, sei davon auszugehen, dass es sich um eine Veranstaltung des Landes Brandenburg handelt. Dafür spräche auch, dass das tschechische Braunkohleunternehmen LEAG zu dem Termin nicht öffentlich eingeladen habe, so Schinowsky.
„Unbestritten ist, dass es in der Braunkohlewirtschaft bzw. bei der LEAG eine für junge Menschen attraktive Bandbreite von Ausbildungsberufen gibt, vom Industriemechaniker bis zu Kaufleuten für Bürokommunikation“, hielt die Jänschwalder Abgeordnete fest. Für die Bündnisgrünen hat der Besuch aber ein grundsätzliches „Geschmäckle“: Im Juli 2018 waren laut Informationen der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit 6147 Ausbildungsstellen in Brandenburg unbesetzt. Insbesondere beim Handwerk gibt es demnach große Probleme, Azubis zu finden. Und erst vor wenigen Tagen warnte der Verband der Maschinenbauer, dass vier von zehn Betrieben ihre gewerblichen Ausbildungsplätze nicht wie geplant besetzen können, weil Lehrlinge fehlten.
„Mir ist aktuell kein Besuch eines Bundesministers in Brandenburg bekannt, mit dem dieses zum Teil existenzbedrohende Problem thematisiert und angegangen werden soll. Es drängt sich der Eindruck auf, dass der Besuch von Scholz und Woidke eine reine PR-Aktion gewesen ist – und das nicht für eine gute Ausbildung, sondern zur Unterstützung der ohnehin auslaufenden Braunkohlewirtschaft“, kritisierte die wirtschaftspolitische Sprecherin. „Unverständlich ist auch, warum sich der Bundesfinanzminister und nicht der Bundesarbeitsminister um Ausbildungsplätze kümmert“, so Schinowsky.