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OVG-Urteil zum Schallschutz. Bündnisgrüne fordern nachträgliche Überprüfung aller Kostenerstattungsvereinbarungen

(Nr. 124) Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat gestern im Streit um passive Schallschutzmaßnahmen zwischen Anrainern des künftigen Flughafens BER und der Flughafengesellschaft FBB, die für das Schallschutzprogramm verantwortlich ist, geurteilt. Dazu sagt der Vorsitzende der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Axel Vogel:

„Der Versuch der Flughafengesellschaft, die Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses zum Lärmschutz zu Lasten der Betroffenen auszuhebeln, ist einmal mehr am Rechtsstaat gescheitert. Brandenburgs Landesregierungen hätte dieser Vorgehensweise der staatseigenen Flughafengesellschaft längst Einhalt gebieten müssen.

Die klagenden BER-Anrainer haben sich in wesentlichen Punkten durchgesetzt und erreicht, dass nun endlich auch Wohnküchen und Wintergärten zwingend als Wohnräume anerkannt werden müssen. Bedauerlich ist allerdings, dass das Gericht die Forderung nach einer generellen Außendämmung von Gebäuden nicht übernahm.

In Reaktion auf das Urteil fordere ich die Flughafengesellschaft auf, jetzt rückwirkend alle bereits ergangenen Kostenerstattungsvereinbarungen zum Einbau passiver Schallschutzmaßnahmen auf die neuen Anforderungen hin überprüfen und entsprechend zu ändern.“

Herauszuheben sei, dass das allerdings in der Mehrheit der Fäll wirkungslos bleiben wird, weil hier Gebäude nicht baulich geschützt, sondern die Eigentümer finanziell entschädigt werden. In diesen Fällen liegen die Baukosten für den Schallschutz schon ohne die jetzt gerichtlich festgestellten Anforderungen über der Kappungsgrenze von 30 Prozent des Verkehrswertes der Gebäude.

„War die finanzielle Entschädigung ursprünglich als Ausnahme vorgesehen, wird sie durch die Präzisierung der Ansprüche durch das OVG nun noch eher zur Regel“, sagte Axel Vogel. „Die Anwendung dieser Regelung muss aber wie geplant die Ausnahme bleiben. Das heißt, es müssen im Regelfall bauliche Maßnahmen durchgeführt werden, auch wenn damit die Kappungsgrenze von 30 Prozent überschritten wird. Ich erwarte hier entsprechende Vollzugshinweise des Infrastrukturministeriums.

Darüber hinaus gibt es in der Einflugschneise des Flughafens Gebäude, wo selbst durch hohen baulichen Aufwand kein befriedigender Lärmschutz hergestellt werden kann. Diese ganz besonders schwer betroffenen Gebäude müssen in deutlich größerem Umfang von der Flughafengesellschaft zum Verkehrswert übernommen und abgerissen werden. Das gilt umso mehr, je größer der geplante Flughafen werden soll. Auch hier muss die Landesregierung endlich tätig werden.“

Hintergrund

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes besagt, dass das FBB-Schallschutzprogramm auf weitere Wohnräume ausgeweitet werden muss, womit auf die FBB erneut Mehrkosten in zweistelliger Millionenhöhe zukommen könnten.

Die restriktive Genehmigungspraxis der FBB wurde im BER-Sonderausschuss des Landtages in einem – auf unsere Initiative hin öffentlichen - Fachgespräch mit der Anhörung Betroffener Anfang 2017 offengelegt.

Im Ergebnis dieses Fachgespräches wurden von der Oberen Luftfahrtbehörde Vollzugshinweise erlassen, die das Agieren der FBB mäßigen sollten. Diese enthielten jedoch nicht die Aufforderung, Wohnküchen und genehmigte Wintergärten generell zu schützen. Ein entsprechender Änderungsantrag unserer Fraktion wurde von der Koalition abgelehnt. Bei der Frage der Anerkennung niedrigerer Raumhöhen weigerte sich die FBB bislang, diesen Vollzugshinweis anzuerkennen.

Chronologie der parlamentarischen Initiativen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Verbesserung des passiven Schallschutzes der BER-Anrainer

17. März 2015:

Änderungsantrag zum Antrag des Abgeordneten Christoph Schulze „Keine Inbetriebnahme Südbahn BER ohne vollständigen Schallschutz“ (Drs. 6/502): Lärmrente für Anlieger der Südbahn für temporäre Inbetriebnahme.

5. Oktober 2016:

Antrag im SBER auf Anhörung der Auftraggeber des Gutachtens vom Fraunhofer Institut für Bauphysik zu Fragen der Schalldämmung

9. März 2017:

Antrag Schlichtungsstelle Schallschutz BER

9. Mai 2017:

Änderungsantrag zu: Antrag des Sonderausschusses BER -Umsetzung des Schallschutzprogramms verbessern als Ergebnis der Anhörungen (Drucksache 6/6562).