(Nr. 30) Wie aus einer der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Christoph Schulze hervorgeht, wird ein großer Teil der Wohnhäuser im Umfeld des Flughafens BER nicht mit passiven Schallschutzmaßnahmen ausgestattet (pdf-Datei). Stattdessen leistet die Flughafengesellschaft (FBB) Entschädigungszahlungen an die Hauseigentümer. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN befürchtet, dass es dadurch zu mehr lärmbedingten Gesundheitsschäden kommen wird, zumal Hauseigentümer nicht verpflichtet sind, das ausgezahlte Geld für Schallschutz auszugeben. Leidtragende sind Mieter bzw. Käufer der nicht schallgeschützen Immobilien.
Aus der Antwort der Landesregierung geht hervor, dass die FBB bis Ende 2018 bereits 254 Millionen Euro für Entschädigungszahlungen ausgegeben hat. Für die bauliche Umsetzung von Schallschutzmaßnahmen wurden jedoch nur 30,8 Millionen Euro gezahlt. Das liegt an einer Regelung im Planfeststellungsbeschluss von 2004: Liegen die Baukosten für den Schallschutz über der Kappungsgrenze von 30 Prozent des Verkehrswertes der Gebäude, zahlt die Flughafengesellschaft nur diesen Betrag ohne Verpflichtung für den Eigentümer zur Umsetzung von baulichen Maßnahmen.
„War die finanzielle Entschädigung 2004 ursprünglich als Ausnahme vorgesehen, ist sie inzwischen eher die Regel“, sagte der Fraktionsvorsitzende Axel Vogel. „Sie muss aber wie geplant die Ausnahme bleiben. Der Einbau von Schallschutzfenstern und -wänden muss der Regelfall sein, auch wenn dessen Kosten die Kappungsgrenze von 30 Prozent überschreitet. Ich fordere hier entsprechende Vollzugshinweise des Infrastrukturministeriums.“
Grundlage der 30 % Kappungsregelung im Planfeststellungsbeschluss war die Annahme, dass es sich hierbei um Einzelfälle handelt. Nur wenn die schlechte Bausubstanz der Gebäude dazu führt, dass der Einbau von Schallschutzfenstern nicht zu einer wesentlichen Verbesserung der Lärmsituation in Innenräumen führt, sollte finanziell entschädigt werden. Mehrere Gerichtsurteile haben aber inzwischen bestätigt, dass das geforderte Schutzniveau am BER allein durch den Einbau entsprechender Fenster nur in den seltensten Fällen erreicht wird. Die Kosten baulicher Maßnahmen stiegen dadurch deutlich an und überschreiten nun regelmäßig die 30-Prozent-Grenze. Der Anteil der Entschädigungen dürfte durch die jüngsten Gerichtsurteile zum Schallschutz in Wintergärten und Wohnküchen weiter steigen.
Axel Vogel: „Die Umsetzung des Schallschutzprogramms widerspricht damit der ursprünglichen Intention, den Anrainern eines Großflughafens inmitten dichten Siedlungsgebiets einen möglicht guten Schallschutz zu ermöglichen. Die Grundlagen der Entscheidung von 2004 haben sich gravierend verändert. Der von Matthias Platzeck und der FBB vielfach apostrophierte weltbeste Schallschutz hat sich damit als hohle Phrase erwiesen. Die Umsetzung des Schallschutzprogramms in dieser Form kann nicht aufrecht erhalten werden, denn damit werden Gesundheitsschäden billigend in Kauf genommen. Die Landesregierung muss hier dringend handeln.“