Die Freundschaft mit Polen zu vertiefen ist für das Land Brandenburg ein Staatsziel mit Verfassungsrang – so hat es der Landtag auch dank des Engagements der bündnisgrünen Fraktion am 5. Juli dieses Jahres festgeschrieben. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Brandenburger Landtag hat diese Verfassungsänderung am Freitag auf die Tagesordnung ihrer Klausur in Frankfurt (Oder) gehoben und mit Vertreter*innen der grünen Partei Polens diskutiert, darunter der Sejm-Abgeordnete Tomasz Anisko aus Slubice und der Co-Parteivorsitzende Przemyslaw Slowik.
Es ist erst wenige Tage her, dass der polnische Sejm nahezu einstimmig eine Resolution verabschiedet hat, die Deutschland zur Zahlung von Reparationen für den Zweiten Weltkrieg auffordert. Von 460 Abgeordneten haben nur die drei Vertreter*innen der grünen Partei mit „Nein“ gestimmt, berichtete Tomasz Anisko am Freitag in Frankfurt (Oder) in einer aufwühlenden Rede, die für Standing Ovations sorgte. Nach der Abstimmung seien sie als „Verräter“ und „Volksdeutsche“ beschimpft worden. Denn Polens PIS-Regierung habe Deutschland für den bevorstehenden Wahlkampf zum Hauptfeind Polens erkoren: „Bei den Wahlen zuvor waren es LGBTQ-Menschen, und davor Geflüchtete. Jetzt verbreiten sie Lügen und antideutsche Ressentiments, um den Hass auf die Deutschen zu schüren.“ Deutschland wolle ein viertes Reich gründen und rüste auf, um Polen zu attackieren, werde etwa kolportiert.
Dennoch betont Heiner Klemp, europapolitischer Sprecher der bündnisgrünen Landtagsfraktion: „Die Freundschaft zu Polen ist für Brandenburg als Bundesland im Herzen Europas essentiell. Europapolitik in Brandenburg muss diese Freundschaft in den Fokus nehmen, sie festigen und ausbauen. Zivilgesellschaft stärken, Energieversorgung sichern, Migration koordinieren, Verkehrsverbindungen vernetzen: Gemeinsam mit unseren polnischen Partner*innen sind wir stärker und schaffen mehr zum Wohle der Menschen beiderseits der Oder. Der Grenzfluss steht dabei beispielhaft für Verbindendes ebenso wie für Hürden, die noch zu überwinden sind. Der einseitige Ausbau des Flusses auf polnischer Seite vernichtet Lebensräume und gefährdet mittelbar auch die Menschen in Brandenburg und Polen. Die Ausbaumaßnahmen müssen sofort gestoppt werden.“
Viele dieser Punkte sind in dem Positionspapier „Brandenburg und Polen: Partner in Europa“ festgehalten, das die Fraktion am Freitag verabschiedet hat und für das es viel Zustimmung gab – sowohl von den Vertreter*innen der grünen Partei aus Polen als auch von den Europaabgeordneten Sergey Lagodinsky und Ska Keller, die betonten, dass Brandenburg an der Schwelle zu Osteuropa eine wichtige Rolle einnimmt, was die europäische Integration angeht.
Das Papier komme zur genau rechten Zeit und sei ebenso wie die brandenburgische Verfassungsänderung ein wichtiges Signal für die liberalen Kräfte in Polen, sagte der Co-Parteivorsitzende der grünen Partei, Przemyslaw Slowik. „Die Menschen in Deutschland und Polen sind Nachbar*innen, Freund*innen und Kolleg*innen. Unsere Regierung will das zerstören, aber wir werden kämpfen und stehen ein für ein vereinigtes Europa und für die deutsch-polnische Freundschaft.“
Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag Brandenburg sicherte Heiner Klemp dafür die weitere Unterstützung zu: „Es ist mir wichtig, dass wir diese Diskussionen mit unseren polnischen Freund*innen führen und nicht über sie! Für ihren wertvollen Input zu unserem Positionspapier bin ich ebenso dankbar wie für den weiteren Austausch auf Augenhöhe, den wir heute vereinbart haben.“