In einem öffentlichen Fachgespräch hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Brandenburger Landtag in dieser Woche mit Expert*innen diskutiert, welche möglichen Änderungen es braucht, damit die Verwaltungsdigitalisierung in Brandenburg endlich vorankommt. Als Grundlage dienten die Ergebnisse eines Impulspapiers (siehe Hintergrund), welches im Auftrag der Fraktion durch das Fraunhofer FOKUS Institut erstellt wurde.
Benjamin Raschke, Vorsitzender der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sagt dazu:
„Mit dem Stand der Digitalisierung im Land können und dürfen wir nicht zufrieden sein. Digitalisierung ist mehr als Netzausbau. Digitalisierung heißt Dinge neu denken, gestalten und anpacken. Hierfür braucht es einen frischen Impuls. Ein kompetentes und durchsetzungsstarkes Digitalministerium verkörpert dies. Wir wollen hier mit Initiative und Entschlossenheit voran gehen.“
In der Diskussion wurden verschiedene Aspekte, an denen die Digitalisierung in Bund, Ländern und Kommunen krankt, angesprochen. Ein Hauptaugenmerk wurde auf die organisatorischen Voraussetzungen auf Seiten des Landes Brandenburg gelegt. Diese zeichnen sich durch eine enorme Komplexität und Zersplitterung von Verantwortlichkeiten aus. Ob und wie diese zielführender gestaltet werden können, wurde aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Insbesondere die Frage, ob es eines eigenständigen, mit Ressourcen und Durchgriffsrechten ausgestatteten Digitalministeriums bedarf, wurde diskutiert.
Bianca Kastl, Autorin bei netzpolitik.org, unterstützt Gesundheitsämter bei der Digitalisierung. Zur Idee eines Digitalministeriums sagt sie Folgendes:
„Ein erfolgreiches Digitalministerium schafft sich perspektivisch selbst wieder ab. Damit endet dann aber nicht die Digitalisierung. Und es ist erst recht kein Grund, gar nicht erst anzufangen. Wer vom Elend der Unterdigitalisierung weg will, muss halt auch mal loslegen!“
Auf breite Zustimmung stieß der Vorschlag, staatliches Handeln, wie Gesetzgebung oder Genehmigungsverfahren, auf Digitaltauglichkeit zu trimmen. Ein solcher „Digitalcheck“ und das damit verbundene Prinzip „digital by default“ sorgt dafür, dass Digitalisierung bei allen Gesetzesvorhaben gleich mitgedacht und so Umsetzungshemmnissen vorgebeugt wird. Dies führt zu bedeutenden Vorteilen für den Staat, die Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger und spart auch noch Kosten.
Annika Huhn von der IHK Potsdam machte noch einmal deutlich, welche enorme Bedeutung Digitalisierung für den Wirtschaftsstandort Brandenburg hat:
„Zeitnahe, vor allem praxistaugliche Digitalisierung ist ein Standortvorteil für Brandenburg. Ein ‚Digitalcheck‘ bei Gesetzen und Verordnungen kann hier ein Katalysator sein, der Unternehmen und der Verwaltung eine ganz neue Form der Zusammenarbeit erlaubt.“
Hintergrund:
Im Auftrag der bündnisgrünen Landtagsfraktion hat das Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS das Impulspapier „Für die digitale Zukunft Brandenburgs: Verwaltungsstrukturen im Wandel“ erstellt. Es legt dar, wie die Digitalpolitik der Brandenburger Landesregierung effektiver und effizienter werden kann. Das Institut empfiehlt im Kern die folgenden drei Maßnahmen:
- Die Bündelung und Stärkung von Zuständigkeiten in einem Digitalministerium, um Verantwortlichkeiten zentral zu vereinen und die Koordination und Umsetzung digitaler Initiativen zu vereinfachen,
- einen Digitalcheck auf Landesebene, bei dem alle Gesetze während des Gesetzgebungsprozesses auf Digitaltauglichkeit geprüft werden. Damit gilt der Grundsatz „digital by default“ bei der Gesetzgebung im Land Brandenburg, und
- die Bereitstellung von IT-Komponenten und -Verfahren durch das Land an die Kommunen, da diese die Hauptlast der Digitalisierung tragen.
Nach einer kürzlich veröffentlichten Studie von acatech belegt Brandenburg zum Stand März 2024 bei der Verfügbarkeit von Verwaltungsleistungen im Sinne des Onlinezugangsgesetzes den drittletzten Platz im Vergleich aller Bundesländer.